Massives WDVS für Wohnhäuser aus den 1950er Jahren in München

Die energetische Ertüchtigung von Häusern aus den 1950er Jahren ist schwierig. In München gelang dies mit einer Außendämmung mit Poroton-WDF und einem Vorbau mit Isolierglas-Wendefenster vor die alten Holzfenster. So enstand eine oberflächenbündige Fassade mit der Dämmung.

Die 20 Wohnungen in den vier Mehrfamilienhäusern an der Münchner Prinzenstraße wurden 1958 erstmals bezogen. Nach fast sechs Jahrzehnten zeigten die Häuser deutliche Schäden an der Fassade, den Fenstern und Balkonen. Technik und Ausstattung erwiesen sich als völlig veraltet. Zur Beheizung dienten Nachtspeicher- und Einzelöfen und in vielen Räumen nicht einmal das. Abriss und Neubau wurden deshalb ernsthaft abgewogen.

Problematische 50er-Jahre-Bauten

Viele Häuser aus den 1950er-Jahren sind kaum auf den heutigen technischen Stand zu bringen. Vor allem Energieeinsparauflagen verursachen hohe Kosten. Wenn diese strengen Auflagen der Bundesregierung zum Maßstab genommen werden, zeigt sich schnell, dass eine Sanierung vieler Häuser aus dieser Zeit nach den strikten Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) zu vertretbaren Kosten eigentlich nicht möglich ist. In vielen Fällen würden Eigentümer demnach günstiger fahren, wenn sie auf die energetische Sanierung verzichten und stattdessen das Gebäude abreißen und es durch einen Neubau ersetzen.

Zu dem viel zu hohen Energieverbrauch kommt hinzu, dass gerade Häuser aus den 1950er- und 1960er-Jahren von ihrem Zuschnitt her nicht mehr den heutigen Vorstellungen entsprechen. Ein solches Gebäude vollständig nach den EnEV-Vorgaben energetisch zu sanieren und es gleichzeitig so umzubauen, dass es den heutigen Bedürfnissen entspricht, kann also unter Umständen kostenintensiver sein, als es abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen.

Wirtschaftlichkeitsberechnung spricht für Sanierung

Doch eine intensive Prüfung und Wirtschaftlichkeitsberechnung in Zusammenarbeit mit dem beauftragten Architekturbüro Guggenbichler + Netzer Architekten ergaben für die Gebäude in der Münchner Prinzenstraße, dass sich bei der nach wie vor wertvollen Bausubstanz eine Verbesserung und Weiterentwicklung lohnt. „Der ökologisch wie auch wirtschaftlich sinnvollste Umgang mit dem Gebäuderiegel stellte letztendlich eine nachhaltige Sanierung dar“, so Architekt Josef Guggenbichler.

Eine zentrale Rolle bei der Entscheidungsfindung spielte das Fassadendämmsystem Poroton-WDF. Für Axel Wirner, nebenamtlicher Vorstand im Beamtenwohnungsverein und hauptamtlicher Baudirektor bei der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, Bau und Verkehr, begründet die Entscheidung folgendermaßen: „Innerhalb von 50 Jahren muss jedes verbaute WDVS mindestens einmal ausgewechselt werden. Unter Berücksichtigung der Wartungsintervalle ist bei einem Betrachtungszeitraum von 50 Jahren die Wärmedämmfassade damit die eindeutig wirtschaftlichere Wahl. Deshalb wurde sie bei diesem Objekt verbaut.“ Für die Architekten Guggenbichler + Netzer garantiert sie zudem eine besonders ökologische wie auch nachhaltige und effektive Variante des Dämmens.

Damit stand dem Um- und Ausbau nichts mehr im Wege: Das Gebäude Prinzenstraße 77-83 wurde von Grund auf überarbeitet und auf den heute gültigen technischen und energetischen Standard gebracht. Zudem entstanden durch ein weiteres Stockwerk mehr als 400 m2 zusätzlicher Wohnraum. Die Aufstockung war ein Novum für den Beamten-Wohnungsverein. Durch die Erweiterung des zweiten Obergeschosses wurden in Maisonettebauweise sechs Wohnungen mit gut 120 m2 und eine mit 160 m2 Fläche geschaffen. Das macht das Haus für kinderreiche Familien interessant.

Die Fassade erhielt eine Außendämmung mit Wärmedämmziegeln von Schlagmann und mit Isolierglas-Wendefenstern, die vor die bestehenden Holzfenster gesetzt wurden.

Keine Schießscharten durch pfiffige Fenster-Lösung

Besonders gut und optisch ansprechend gelöst ist der Umgang mit den bestehenden Fensteröffnungen. Die bauzeitlichen doppelverglasten Holzfenster sollten nicht ersetzt werden, denn sie waren noch gut erhalten. Hier reichte es aus, sie vom Schreiner überarbeiten und neu streichen zu lassen. Die notwendige Verbesserung von Isolierung und Schallschutz erreichte man durch den Vorbau zusätzlicher Isolierglas-Wende­fenster, die wie Schwingfenster nach außen hin aufklappbar sind. Diese Vorsatzfenster fügten die Handwerker plan in die Außendämmung ein, so dass ein optisch bündiger Abschluss der Fassade entsteht, was gestalterisch sehr gelungen ist. Denn einer der häufigsten Kritikpunkte bei einer nachträglichen Wärme­dämmung ist der so genannte Schießscharten-Effekt, bei dem die Fenster tief in der Dämmung versenkt sind.

Aufstockung und Umbau

Das Dach des Altbaus wurde abgerissen und durch eine eingeschossige Aufstockung ersetzt, die an zwei Seiten des Gebäudes zurückspringt und so Platz für großzügige Terrassen freigibt. Das oberste Geschoss ist ringsum mit bodentiefen Fenstern ausgestattet. Dadurch wirkt das neu gewonnene Geschoss licht und leicht. Diese Aufstockung wurde anteilig den darunter liegenden Wohnungen im zweiten Obergeschoss zugeschlagen, die damit zu Maisonette-Einheiten aufgewertet wurden, wodurch sechs Wohnungen mit gut 120 und eine mit 160 m2 Fläche entstand.

Die weiteren Einheiten im ersten und zweiten Geschoss bestehen aus 13 Wohnungen. Statt zwei Gewerbeflächen gibt es jetzt nur noch eine, dafür eine sehr großzügig geschnittene Ladeneinheit, in der nun ein Fahrradladen untergebracht ist.

Senkung der Energiekosten

Die gesamte Haustechnik wurde erneuert. Dies beinhaltete auch die Installation einer 50 m2 großen Solarthermieanlage auf dem Dach, die, unterstützt von einem Gasbrennwertkessel, die neue Heizzentrale darstellt.

Auf der Südseite ersetzte man die Bestandsbalkone durch vom Gebäude energetisch getrennte Elemente aus Beton-Fertigteilen. Die neuen Balkone wurden auf komfortable und effiziente Weise mit verglasten Schiebeelementen versehen, die als Klimapuffer dienen. Sie schützen ebenso wie die neue Fassadendämmung aber nicht nur vor (Un-)Wetter, extremen Temperaturen sondern auch vor Lärm, ähnlich wie die schalldichten und energieeffizienten Schwingfenster.

Rundum konnten die Energiekosten so deutlich gesenkt werden, dass das für 4,5 Millionen Euro sanierte Gebäude nach Abschluss der Sanierungs- und Umbau­arbeiten Mitte 2015 den Standard eines KfW-Effizienzhauses 100 erreicht.

Autorin

Sabine Heinrich-Renz ist Inhaberin der Agentur Heinrich-Renz PR und Kommunikation in München und unterstützt die Firma Schlagmann Poroton bei der Pressearbeit.

Zusätzlich vorgebaute Wendefenster verbessern den Schall- und Wärmeschutz

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