Marktübersicht: Thermografiekameras für Einsteiger

Thermografiekameras beziehungsweise Infrarotkameras (IR-Kameras) für Einsteiger ab 200 Euro sollen zugige Fenster, Wärmebrücken oder potenzielle Schimmelstellen orten. Ob sie tatsächlich das halten, was sie versprechen, zeigt die folgende Marktübersicht.

Thermogramme – so die korrekte Bezeichnung für Wärmebilder – sind zu einem Synonym für energiebewusstes Bauen und Modernisieren geworden. Wärmebrücken an der Hausfassade sind auf dem Display einer Thermografiekamera (IR-Kamera) sofort zu erkennen. Sehen Handwerker bei Außenaufnahmen „rot“ und bei Innenaufnahmen „blau“, können sie Bauherrn, Wohnungs- oder Hauseigentümern eindrucksvoll zeigen, wo Wärme verloren geht. Fallende Preise und eine immer einfacher bedienbare Technik machen IR-Kameras insbesondere für Holzbauer/Zimmerer, Fassadenbauer, Dachdecker, Trockenbauer oder Maler zunehmend interessanter. Doch bei der Auswahl gibt es Einiges zu beachten.

Immer kompakter, besser und billiger

Die Wärmebildtechnik wird immer leichter und portabler, besser und billiger: Inzwischen gibt es – neben der herkömmlichen Pistolen-Bauform – auch auf Smart­phones aufsteckbare IR-Kameraaufsätze, Smart­phones oder Tabletts mit integriertem Infrarot-Detektor oder Infrarot-Kompaktkameras, die so aussehen wie ein Smartphone oder Tablet. Dank kompakter Abmessungen hat man ein nützliches Analyse- oder Akquisewerkzeug in der Hemd-, Mantel- oder Hosentasche stets parat. Wärmebrücken lassen sich damit ebenso schnell aufdecken, wie potenzielle Schimmelstellen oder undichte Stellen an der Gebäudehülle. Technische Neuerungen ermöglichen, dass die ehemals hochsensible Messtechnik inzwischen sogar in eine Streichholzschachtel passt. Die Miniaturisierung wurde unter anderem durch die Entwicklung ultrakompakter Infrarot-Detektoren mit integrierter Optik und Abmessungen von nur wenigen Millimetern ermöglicht. Auch die Optik wurde kompakter: Während in hochwertigen Infrarotkameras große, teuere Germanium-Linsen mit fokussierbarer Optik verbaut sind, verfügen IR-Kameras der Einstiegsklasse über ein winziges Silizium-Objektiv mit fester Brennweite. Das erübrigt eine Fokussierung auf das Objekt, so dass man nur noch auf den Auslöseknopf drücken muss, mindert allerdings auch die Bildschärfe und Bildqualität. Einsteiger-Wärmebildkameras gibt es inzwischen schon unter 500 Euro. Zahlreiche Anbieter haben ultrakompakte Einsteiger-Modelle im Angebot: Thermografie-Spezialist Flir offeriert mit der „C2/C3“ eine Einsteiger-Kamera in der Größe eines Outdoor-Smartphones, die per Touch-Display bedient wird. Auch Thermografiekameras im Tabletgehäuse wie die „AC080V“ von Trotec oder die „Ulirvision T2“ von irPOD folgen den Fingergesten des Anwenders. Auch (Rugged-)Smartphones verfügen inzwischen über integrierte Wärmebilddetektoren. So kann das „CAT S60“ und das „CAT S61“ alles, was ein robustes Smartphone kann – und noch mehr: etwa Distanzen, Flächen, Feuchtigkeiten oder Luftschadstoffe messen. Zusätzlich kann das „digitale Schweizer Taschenmesser“ auch Wärmebilder aufnehmen. Ein anderes Konzept verfolgen IR-Kameraaufsätze. Das sind IR-Kameras ohne Display, die für die Wärmebildanzeige ein Smartphone oder Tablet nutzen. Diese Aufsätze von Flir, Opgal oder Seek werden einfach auf ein Android- oder iOS Smartphone aufgesteckt und verwandeln es zusammen mit einer App in eine Wärmebildkamera.

Kompaktkameras im Vergleich

Damit man bei dieser Vielzahl an unterschiedlichen Bauformen und Modellen nicht die Übersicht verliert, ist es wichtig, vor der Auswahl grundlegende Kamera-Parameter miteinander zu vergleichen. Dazu zählt zunächst die Auflösung des Infrarot-Detektors. Ähnlich wie bei einer konventionellen Digitalkamera gibt sie an, in wie viele Pixel in X- und Y-Richtung der Detektor die von der Optik erfassten Daten auflösen kann. Bei Einsteigerkameras reicht die Auflösung von 80 x 60, über 160 x 120, bis zu 320 x 240 IR-Pixeln. Eine weitere wichtige Größe ist das „Sichtfeld“. Dieser Wert gibt in vertikaler und horizontaler Richtung den Erfassungsbereich der mitgelieferten Optik an. Auch die geometrische Auflösung (IFOV) entscheidet über die Bildqualität. Sie wird auch als geometrische Auflösung bezeichnet und ist abhängig vom aktuell eingesetzten Objektiv. Weitere wichtige Parameter sind der messbare Temperaturbereich, der am Bau mindestens zwischen -20° und +100° Celsius liegen sollte und der so genannte NETD-Wert. Er gibt als weiterer wichtiger Kameraparameter die thermische Auflösung und damit die kleinste Temperaturdifferenz an, die vom Infrarot-Detektor erfasst werden kann. Sie liegt bei Einsteigerkameras zwischen 0,1 und 0,07 Kelvin. Je niedriger dieser Wert ist, desto geringer ist die Gefahr des „Bildrauschens“, das die Bildqualität beeinträchtigt. Die Genauigkeit gibt die Messabweichung in Prozent bei einer bestimmten Temperatur (meist 30° C) an. Sie nimmt mit hohen oder niedrigen Temperaturen ab. Zu den Kameraeinstellmöglichkeiten sollten mindestens eine exakte Eingabe des materialabhängigen Wärmeabstrahl-Kennwerts (Emissionsgrad) und der reflektierten Temperatur, sowie optional des Messabstands und der Luftfeuchte gehören. Bei vielen Einsteigermodellen muss man auch hier Abstriche machen. Die Kameraoptik verfügt meist über eine feste Brennweite, eine Wechseloptik bieten nur wenige Modelle (wie „Opgal ThermApp HZ“). Beim Gehäuse sollte man auf kompakte Abmessungen, ein geringes Gewicht und „Baustellentauglichkeit“ (Schutzklasse ab IP 54 = staub- und spritzwassergeschützt) achten. Hinsichtlich der Betriebszeit sollte man bedenken, dass energiehungrige IR-Kameraaufsätze den Smartphone- oder Tablet-Akku schnell „leersaugen“ können. Zum Standard-Zubehör gehören in der Regel ein Netzteil, eine Ladestation, ein Netz- und USB-Kabel und ein stabiles Transportgehäuse. Achten sollte man auch darauf, ob auch eine Software für die Wärmebildauswertung und die Erstellung von Thermografie-Berichten mitgeliefert wird. Die Preise liegen zwischen 200 und 2000 Euro – und mehr.

Was spricht für, was gegen die Einstiegsklasse?

Zu den wichtigsten Vorzügen im Vergleich zu Profimodellen zählen – neben dem etwa zehnfach geringeren Preis – die kompakten Abmessungen, das geringe Gewicht und die einfache Bedienung. IR-Einsteiger­kameras sind deshalb einfacher bedienbar, weil die Scharfeinstellung entfällt und Kamerafunktionen sich auf das Wesentliche beschränken. Da man die Kameras bequem um den Hals tragen, respektive schnell in die Tasche stecken kann, lassen sie sich praktisch immer und überallhin mitnehmen. Besonders interessant ist die Kombination von Thermografiekamera- mit Smartphone- oder Tablet-Funktionen, denn damit lassen sich die aufgenommenen Wärmebilder unmittelbar mit den entsprechenden Apps be- und verarbeiten oder per E-Mail sofort versenden. Die Detektorauflösung bleibt zwar meist auf 160 x 120 IR-Pixel oder weniger beschränkt. Einige Geräte weisen aber akzeptable, teilweise sogar gute Qualitäten mit Auflösungen bis zu 384 × 288 IR-Pixeln auf (wie „Opgal ThermApp TH“). Mit technischen Tricks und Zusatzfunktionen wie „Resolution Enhancement“ oder der Überlagerung von visuellem Bild und IR-Bild lassen sich bei einigen Modellen zusätzlich die IR-Auflösung, respektive der Bildkontrast verbessern. Trotz aller Fortschritte und Verbesserungen sollte man beachten, dass die Thermografie keine Digitalfotografie ist, die nur bunte Bilder produziert. Es ist vielmehr ein „bildgebendes Messverfahren“ für Fachleute. Der professionelle Einsatz von Thermografiekameras erfordert Know-how, das Schulungen voraussetzt, die verschiedene Hersteller anbieten (wie Flir, Fluke, InfraTec, irPod, Testo oder Trotec). Ohne eine fundierte, nachvollziehbare Analyse und Interpretation sind Thermogramme wertlos. Parameter wie Temperaturunterschiede, Sonneneinstrahlung, materialspezifische Emissionsfaktoren, Windgeschwindigkeit oder thermische Spiegelungen an glatten Fassadenoberflächen müssen berücksichtigt und richtig eingeschätzt werden. Zugleich sind Kenntnisse aus den Bereichen Optik, Wärmestrahlung, Wärmeleitung, Materialkunde und nicht zuletzt der Bautechnik erforderlich, sowie viel Erfahrung. Denn was auf den ersten Blick wie eine Wärmebrücke aussieht, muss nicht zwingend eine sein.

Fazit:

Thermografie setzt Fachwissen voraus

Thermografie-Kompaktkameras mit Auflösungen ab 160 x 120 IR-Pixeln erlauben einfache Anwendungen, beispielsweise die Lokalisierung von Wärmebrücken, Leckagen oder undichten Fenstern. Kameras, deren Auflösungen darunterliegen, eignen sich eher für eine Grob- oder Vorab-Überprüfung möglicher Wärme­brücken oder für die Akquisition, um Bauherren oder Hausbesitzern energetische Schwachstellen auf­zuzeigen. Erst mit Auflösungen ab 320 x 240 IR-Pixeln sind Wärmebildkameras auch für professionelle Anwendungen wie die Gebäude-Energieberatung ge­eignet. Auch wenn preiswerte Einsteigerkameras suggerieren, dass die Thermografie einfach sei, sollte man stets den Grundsatz beachten: Erst in Verbindung mit Fachwissen, das man sich am besten im Rahmen von Schulungen bei seriösen Schulungs­anbietern aneignet, werden Thermografiekameras zu professionell einsetzbaren Messwerkzeugen.

Autor

Dipl.-Ing. (Architektur) Marian Behaneck ist freiberuflicher Fachautor in Jockgrim und Werkzeug- und IT-Experte.

Thermografiekamereas werden immer
kompakter, besser und billiger

Im Internet finden Sie einen Film, in dem wir das Rugged Smartphone „CAT S60“ von Caterpillar mit integrierter Wärmebildkamera vorstellen und bewerten.

Im Internet finden Sie einen Film, in dem wir drei Thermografiekameras von Flir ausprobiert haben: Die Einsteigermodelle „E40bx“, „E6“ und die „FlirOne“.

Weitere Informationen zu den Unternehmen
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