Hochleistungsdämmputz mit Aerogel auf feuchte- und salzbelastetem Mauerwerk

Einen Hochleistungsdämmputz mit Aerogel auf feuchte- und salzbelastete Wände aufbringen? Noch dazu an einem ausgesprochenen Baudenkmal? Ob das tatsächlich funktioniert, wird seit September dieses Jahres auf Burg Trausnitz in Landshut über zwei Jahre lang untersucht.

Burg Trausnitz ist eine mittelalterliche Festung in Landshut. Teile davon gehen auf den Beginn des 13. Jahrhunderts zurück. Wie bei vielen historischen Bauten stecken auch in Teilen des Mauerwerks der Burg Salz und Feuchtigkeit. Daher stellt sich die Firma Hasit mit der Anwendung eines Hochleistungsdämmputzes mit Aerogel auf feuchte- und salzbelasteten Wänden einer spannenden Bauaufgabe. Seit September wird dort zwei Jahre lang die Wirksamkeit des auf Kalk basierenden, hochporösen Hochleistungsdämmputzes erforscht. Das bedeutet aber nicht, dass man auf Burg Trausnitz einfach mal „auf gut Glück“ ausprobiert, ob der Putz unter diesen Bedingungen als Innendämmung funktioniert. Es gibt diesbezüglich natürlich schon erste positive Erfahrungen an einer mit Feuchte und Salz belasteten Wand.

Hehre Ziele der Forschung

Seit sechs Jahren haftet ein solcher Putz in einem historischen Mühlengebäude in Sissach in der Schweiz an einer mit Salz und Feuchtigkeit belasteten Innenwand. „Und sieht noch aus, als hätte man den Putz gerade frisch aufgebracht“, meint Thomas Stahl, der den Aerogel-Dämmputz 2009 im Rahmen eines Forschungsprojektes bei der eidgenössischen Material- und Forschungsanstalt EMPA entwickelt hat. Ziel des Forschungsprojektes war es, einen Hochleistungsdämmputz zu entwickeln, der seinen Namen auch verdient.

Vom herkömmlichen Dämmmaterial zum Aerogel

Das Prinzip der Dämmung beruht darauf, dass Luftmoleküle in Poren eingeschlossen und dadurch in ihrer Beweglichkeit und damit auch an der Mitführung von Wärme gehindert werden. Bei Dämmputzen wird der im Putz enthaltene Sand gegen Dämmstoff ausgetauscht. Herkömmliche Dämmputze leiten mit 0,07 bis 0,1 W/mK Wärme aber eigentlich immer noch ziemlich gut. Entgegen ihres Namens dämmen sie daher letztlich trotzdem nur wenig. Das liegt an den in diesen Putzen verwendeten Dämmstoffen, deren Poren so groß sind, dass sich Luftmoleküle darin immer noch  gut bewegen können. Dies wollte Thomas Stahl durch den Austausch der Dämmmaterialien ändern. Aerogel bot sich hierfür an, denn es dämmt mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,019 W/mK ziemlich gut.

Aerogel ist kein bestimmter Werkstoff, sondern die Bezeichnung für eine nanoporöse Struktur. Man könnte also auch aus Gold oder Platin Aerogel machen, nimmt aber lieber Sand, da Aerogel vom Herstellungsprozess her ohnehin schon teuer genug ist. Ein 6 cm dicker Hochleistungsdämmputz mit Aerogel kostet beispielsweise 180 Euro pro Quadratmeter. Das ist nicht eben günstig.

Die winzig kleinen Poren (Nanoporen) sind dafür verantwortlich, dass sich die wenigen davon eingeschlossenen Luftmoleküle schlecht bis gar nicht im Material bewegen und damit auch keine Wärme transportieren können. Noch besser dämmt nur ein Vakuum.

Feuchte und Salz im Mauerwerk

Feuchtigkeit kommt über viele Wege ins Haus und damit auch in die Wand. Bei historischen Gebäuden unter anderem häufig durch eine fehlende Vertikal- und Horizontalabdichtung. Sulfate, Chloride und Nitrate kommen als Salze hinzu, die sich gern in der vorhandenen Feuchtigkeit lösen. Auf drei Wegen kommen sie in der Regel hinzu: erstens als Eigensalze durch das Material der Wand selbst (zum Beispiel in Abhängigkeit von der Brenntemperatur bei Ziegeln), zweitens durch Verschmutzungen wie Tausalze und drittens durch nutzungsbedingte Fremdsalze (zum Beispiel durch die einstige Nutzung als Viehstall). Als Faustformel lässt sich sagen: Je löslicher ein Salz ist, desto schädlicher ist es für das Gebäude. Während zum Beispiel Kochsalz sich erst bei 75 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit löst, geht das umgangssprachlich als Mauersalpeter bezeichnete Salz schon bei 50 Prozent in Lösung. Wenn es dann wieder trockener wird, kristallisiert das Salz aus. Dabei entsteht ein enormer Druck – der Kristallisationsdruck. „Das hält auf  Dauer kein Material aus“, meint Thomas Stahl.

Putz als Antwort auf Salz und Feuchtigkeit

Daher verwendet man in so einem Fall normalerweise einen Sanierputz, der wasserabweisend ist, jedoch ein großes Porenvolumen besitzt, worin die Salze auskristallisieren können. Dadurch kommt es weder zu durch Kristallisationsdruck bedingten Spannungen und damit Schäden im Putz, noch zu Salzausblühungen auf der Putzoberfläche, denn das Salz macht sich in den Poren breit. Bisherige Alternativen hierzu sind Kalk- und Entfeuchtungsputze. Bei Kalkputz wird die Oberfläche allerdings zerstört und es kommt zu Salzausblühungen darauf, weshalb es sich hierbei um einen Opferputz handelt. Thomas Stahl hat Kalkputz im Vergleich mit Entfeuchtungsputz am feuchten und versalzten Mauerwerk von Schloss Schönbrunn 2015 untersucht. Der Kalkputz zeigte sehr bald auf der Oberfläche die erwarteten Salzausblühungen. „Der Entfeuchtungsputz sah auf der Oberfläche super aus“, so Thomas Stahl. „Aber als wir Bohrkerne gezogen haben, zeigte sich, dass die Feuchtigkeit im Ziegel saß. Alles also nur Kosmetik“, meint Stahl.

Dämmputz auf feuchtem salzigen Mauerwerk

Neu ist die Anwendung eines Hochleistungsdämmputzes mit Aerogel auf Basis von Kalk auf feuchtem und versalztem Mauerwerk. Kalk als Bindemittel ist nicht nur dampfdiffusionsoffen, sondern auch kapillaraktiv, kann Wasser also auch in flüssiger Form leiten. Ein Grund dafür, warum Kalkputz nicht nur bei der Denkmalpflege auf historischem Mauerwerk so beliebt ist. Das als Kügelchen im Putz enthaltene Aerogel ist dagegen wasserabweisend (so wie bei Sanierputz). Mit dem Kalk (und ein wenig Weißzement) als Bindemittel, den bis zu 4 mm großen Aerogelkügelchen und einem Additiv als Luftporenbildner wird eine grobporige Struktur aufgebaut, in deren Verdunstungszone Salz im reichlich vorhandenen Porenvolumen auskristallisieren kann. Mit Spannungen kann der elastische Putz zudem aufgrund seines hohen
E-Moduls gut umgehen. Die Feuchtigkeit wandert als Dampf in Richtung der Putzoberfläche. Die Salze verbleiben im Putz. So wird auch dieser Putz – ebenso wie der Sanierputz – weder zerstört, noch zeigen sich Salz-
ausblühungen auf seiner Oberfläche. Gegenüber dem Sanierputz hat ein Hochleistungsdämmputz mit Aerogel jedoch einen ganz entscheidenden Vorteil: er dämmt auch noch ausgesprochen gut. Zudem lässt sich so ein Putz auch leicht wieder entfernen, ohne dass das Mauerwerk darunter Schaden nimmt, was insbesondere die Denkmalpflege freuen dürfte.

Verarbeitung von Hochleistungsdämmputz

Der unter „Fixit 222“ von Hasit vertriebene Hochleistungsdämmputz mit Aerogel lässt sich sowohl von Hand, als auch mit der Putzmaschine verarbeiten. Bei der Praxisvorführung Ende September auf Burg Trausnitz warfen die Mitarbeiter der Firmen Thalhammer Bau und Gisdol Verputz & Bausanierung den Hochleistungsdämmputz mit der Kelle an die Wand. Das geht vergleichsweise leicht von der Hand, da der Putz wegen des Aerogels fast so leicht wie Watte ist (ich übertreibe hier etwas, aber nur ein wenig). Daran muss man sich als Handwerker natürlich erst mal gewöhnen, wenn man sonst nur Kalk- oder Kalkzementputz auf der Kelle hat. Beim anschließenden Abziehen der Putzoberfläche kann und sollte man dann wieder Zeit sparen, denn ein häufiges hin- und herschieben der Putzoberfläche mit dem Richtscheit verschiebt bei extrem feuchten Untergründen die Aerogel-Kügelchen im Putz, was nicht gut ist, da die Putzoberfläche dadurch zu „flüssig“ wird. Ist der Untergrund nicht feucht, so tritt dieser Effekt nicht auf. Daher bedarf es beim Auftrag eines solchen Putzes auf feuchten, versalzten Wänden, so wie dies auf Burg Trausnitz der Fall ist, besonderer Umsicht.

Verarbeitung auf feuchtem versalzten Mauerwerk

Zunächst muss die Oberfläche von losem Altputz und Anstrich sowie Schimmelbefall und dergleichen befreit werden. Dann wird ein Vorspritzmörtel aus Kalk vorgelegt. Darauf kann direkt der Hochleistungsdämmputz mindestens 3 cm dick in einer Schicht angeworfen werden. Nach dem Abziehen mit dem Richtscheit erfolgt eine Gewebespachtelung mit Kalkspachtel. Hierzu zieht man den Kalkputz 1 cm dick mit der Zahntraufel auf und drückt darin das Glasfasergewebe als Armierung mit dem Flächenspachtel ein. Das Gewebe wird mit Kalkspachtel anschließend dünn so überputzt, dass es sich nicht an der Oberfläche abzeichnet. Ob der Putz schadenfrei und ohne sichtbare Salzausblühungen an der Wand bleibt, wird die Zukunft zeigen.

Autor

Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Chefredakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

Baubeteiligte (Auswahl)

 

Forschung Thomas Stahl, F&E Fixit Gruppe,

CH-Holderbank, www.fixit-gruppe.com

Dämmputzarbeiten Thalhammer Bau, Adlkofen,

www.thalhammer-bauunternehmen.de

Gisdol Verputz & Bausanierung, Ergolding,

www.gisdol-bausanierungen.de 

 

Herstellerindex (Auswahl)

 

Hochleistungsdämmputz Hasit Trockenmörtel,

Freising, www.hasit.de

Aerogel Cabot Industriepark Höchst Building,

Frankfurt, www.cabotcorp.com

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