Die Welt zu Füßen
Umbau der Wohnungen in den Häusern des Hamburger Weltquartiers

Im Rahmen der IBA baute die Hamburger Saga-GWG die Häuser ihrer Hafenarbeitersiedlung „Weltquartier“ um. Dabei wurden die hellhörigen Wohnungstrenndecken mit Trockenestrichen schallschutztechnisch ertüchtigt. Speziell hierfür hat Fermacell das Trockenestrichelement 2 E 35 entwickelt.

Mit der IBA, der Internationalen Bauausstellung, hat sich in Hamburgs Süden vieles verändert – insbesondere im südlichen Reihersteigviertel der Elbinsel Wilhelmsburg. Hier wohnen mehr als 1700 Bewohner aus über 30 Herkunftsländern, was dem Gebiet den Namen „Weltquartier“ einbrachte. Die klassische Hamburger Backsteinsiedlung mit ihren 740 Wohnungen wurde in den 1930er Jahren für die Arbeiter in den nahen Hafenbetrieben gebaut und erfreut sich trotz des hohen Alters der Gebäude bis heute großer Beliebtheit. Mittlerweile erforderten der bauliche Zustand der Häuser, unzeitgemäße Grundrisse und moderne energetische Anforderungen eine umfassende Modernisierung. Aus dem von der Saga-GWG hierfür ausgeschriebenen Architektenwettbewerb gingen die Lübecker Büros kfs Architekten mit Sven Andresen und Urte Schlie Landschaftsarchitekten als Sieger hervor.

Veränderungen an den Backsteinfassaden 

Straßenseitig erhielten alle Häuser eine Fassadendämmung. Flachverblender sorgen dafür, dass der Eindruck der quartierprägenden Ziegelfassaden erhalten bleibt. Eine neue Dachkonstruktion mit hochwertiger Dämmung, der Austausch sämtlicher Fenster und eine Kellerdeckendämmung runden die wärmedämmende Hülle ab. Zusammen mit der Energieversorgung aus Gas und Unterstützung durch die Ölmühle Hafen erreichen die sanierten Gebäude den Standard eines Energieeffizienzhauses 70. Gleichzeitig werden damit der CO2-Ausstoß auf 0 und der Primärenergiebedarf von 300 auf 9 kW/a gesenkt.

Auf der Gartenseite wurden die Gebäude durch eine etwa 2 m tiefe Zone als Wohnraumerweiterung ergänzt, die Loggien aufnimmt und die Grundflächen der Wohnungen vergrößert. Eine von der traditionellen Ziegelfassade abweichende Fassadengestaltung betont hier die Veränderung. Die Dachgeschosse werden durch vergrößerte Gauben, so genannte Dachboxen, aufgewertet.

Hellhörige Bodenkonstruktion 

Im Inneren der Häuser wurden Grundrisse verändert und zusammengelegt um bedarfsgerechte Einheiten zu schaffen. Neben diesen Veränderungen sorgt vor allem die Trittschallverbesserung der Bestandsböden für einen erhöhten Wohnkomfort. Die Decken hatte man damals als so genannte Pohlmanndecke (Stahlbetonrippendecken) mit etwa 7 cm Dicke hergestellt. Die Konstruktionen waren sehr hellhörig, Schallschutz durch Masse war praktisch nicht gegeben. „Wir mussten hier sehr stark mit Trittschalldämmung im Aufbau arbeiten“; sagt Architektin Myriam Spicka vom Büro kfs-architekten aus Lübeck. Da auch die Statik teilweise nicht den Anforderungen entsprach, mussten die Handwerker auch Teile der Deckenkonstruktion mit Stahlträgern ertüchtigen.

Ein zusätzliches Problem war die niedrige Raumhöhe der alten Häuser. Erschwerend kam hinzu, dass Bodenunebenheiten zwischen 3 und 15 cm ausgeglichen werden mussten. „Die Häuser sind flach gegründet und haben sich im Laufe der Jahre sehr unterschiedlich gesetzt. Der Boden ist wie eine leichte Amplitude,“ erzählt Architektin Spicka. Vor diesem Hintergrund galt es ein System zu finden, das so schlank im Aufbau ist, dass trotz des notwendigen Toleranzausgleichs die geforderte Deckenhöhe von 2,40 m nicht unterschritten wird und mit dem außerdem der geforderte Trittschallschutz gemäß DIN 4109 11/89 Tab. L’n,w = 53 dB eingehalten werden kann.

Musterräume mit unterschiedlichen Trockenestrichen 

Um den geeigneten Bodenaufbau zu finden, wurden im Vorfeld mehrere Musterräume mit unterschiedlichen Trockenestrichsystemen ausgeführt und anschließend von einem externen Akustikbüro – Lärmkontor Hamburg – gemessen. Die Entscheidung fiel auf das speziell für den Einsatz im Weltquartier von Fermacell neu entwickelte Trockenestrichelement 2 E 35, das bei den Messungen deutlich besser als die geforderten Grenzwerte war. Es besteht aus zwei werkseitig verklebten 12,5 mm dicken Gipsfaserplatten, die auf der Rückseite mit 20 mm hochverdichteter Mineralwolle kaschiert sind. Das speziell zur Verbesserung des Trittschalls auf Massivdecken konzipierte Element bietet schon bei einer geringen Aufbauhöhe von 45 mm eine Trittschallverbesserung von 27 dB. In Verbindung mit einer mindestens 20 mm hohen Fermacell Ausgleichsschüttung, wie im vorliegenden Fall eingebaut, kann die Trittschallverbesserung sogar auf 31 dB gesteigert werden.

Die guten Schalldämmwerte des Estrichelement 2 E 35 werden ergänzt durch eine extrem hohe Wirtschaftlichkeit. Statt mehrerer verschiedener Einzelkomponenten, die in zwei Arbeitsgängen eingebracht werden, steht ein komplettes System in einem einzigen Element zur Verfügung. Auch die Sicherheit des Gesamtaufbaus gewinnt mit dem Element erheblich: Häufig auftretende Probleme bei einer direkten Begehung und damit die Zerstörung der Mineralwoll-Trittschalldämmplatte werden durch die Kaschierung praktisch ausgeschlossen.

Verarbeitung der Trockenestrichelemente 

Da die gängigen im Markt erhältlichen Nivelliermassen nur für kleinere Unebenheiten geeignet sind, entschieden die Planer bei der Modernisierung im Hamburger Weltquartier die Unebenheiten in der alten Fußbodenkonstruktion mit der Ausgleichsschüttung des Hersteller zu egalisieren. Damit können Unebenheiten von bis zu 100 mm ausgeglichen werden.

Die Ausgleichsschüttung von Fermacell ist ein speziell getrocknetes, mineralisches Porenbetongranulat, das durch sein moderates Gewicht (400 kg/m²) besonders für die Altbaumodernisierung geeignet ist. Eine raue Kernoberfläche bewirkt, dass sich das Material ineinander verkrallt. Die große Kornfestigkeit macht es darüber hinaus druckstabil und belastbar.

Nachdem die Mitarbeiter der Bohle Innenausbau GmbH aus Hamburg die Schüttung mit der Abziehlehre plan abgezogen hatten, wurden die Elemente direkt auf der Ausgleichsschüttung verlegt. Die Verarbeitung erfolgte vom Raumende zur Tür hin schwimmend im schleppenden Verband. Ein besonderer Schutz für die Mineralwollkaschierung war dabei nicht erforderlich. Entsprechend konnten die Arbeiten im Vergleich zur Verlegung von Einzelkomponenten (Schüttung, gegebenenfalls Lastverteilungsplatten, Trittschalldämmplatten, Estrichelemente) wesentlich schneller und wirtschaftlicher abgewickelt werden.

Bei Räumen mit besonders großen Toleranzen kam die gebundene Schüttung von Fermacell zum Einsatz, die für Schütthöhen bis 2000 mm eingesetzt werden kann. Diese  besteht aus recyceltem Polysterol in einer Korngröße von 2 bis 8 mm und einem zementären Bindemittel. Dabei sorgt der Schaumkunststoff neben guter Wärmedämmung für ein geringes Gewicht. Der Schnellzement bewirkt die große Stabilität und schnelle Aushärtung. So entsteht eine hoch belastbare Fläche, die nach nur 6 Stunden begehbar ist und bereits nach 24 Stunden belegt werden kann. Die Handwerker konnten anschließend das Trockenestrichelement 2 E 35 auf der gebundenen Schüttung genau so verlegen, wie bei der Ausgleichsschüttung. Die fertiggestellten Trockenestrichflächen waren nach vollständigem Aushärten des Estrichklebers nach etwa 24 Stunden vollständig belastbar. Die Flächen wurden abschließend in den Wohnräumen mit Linoleum und in den Küchen und Bädern mit Fliesen belegt.

Autorin

Rita Jacobs M.A. führt ein PR-Büro mit Schwerpunkt Bau und Architektur in Düsseldorf. Sie arbeitet als freie Journalistin unter anderem für die Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

Neben den Grundrissveränderungen sorgt vor allem die Trittschallverbesserung für einen erhöhten Wohnkomfort

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