Die perfekte Illusion
Sanierung am Opern- und Schauspielhaus Köln

Bei der Betonsanierung des um 1960 nach Plänen des Architekten Wilhelm Riphahn in Köln erbauten Ensembles aus Opern- und Schauspielhaus ging es darum, den ursprünglichen Charakter der Architektur ganz im Sinne des Architekten baustoffsichtig wieder herzustellen.

Das zwischen 1954 und 1962 in Köln nach Plänen des Architekten Wilhelm Riphahn erbaute, heute denkmalgeschützte Ensemble aus Opernhaus, Schauspielhaus und Opernterrassen musste dringend saniert werden. Ziel der rund 250 Mio. Euro teuren Bauarbeiten war es, bauphysikalische, akustische und konstruktive Schwachpunkte der Bausubstanz zu beheben, infrastrukturelle und sicherheitstechnische Defizite zu beseitigen – insbesondere betraf dies die barrierefreie Erschließung. Zudem sollten die Raumakustik in den Zuschauerräumen verbessert, die gesamte Bühnentechnik erneuert und das Ensemble um eine Kinderoper tief unter der Erde und ein „Kleines Haus“ erweitert werden.

Betonsanierung stellt original wieder her

Noch vor wenigen Jahren sollte das Schauspielhaus abgerissen werden. Dagegen formierte sich massiver Bürgerprotest in der Stadt, der letztendlich zu der vom Architekturbüro HPP aus Köln geplanten Generalsanierung führte, die im Sommer dieses Jahres abgeschlossen sein soll.

Ein wesentlicher Bestandteil der Instandsetzungsarbeiten betraf die Betonsanierung, die sich bewusst an der Originalsubstanz und den ursprünglichen Absichten des Architekten Wilhelm Riphahn orientierte. Auf dem Gerüst der neun-geschossigen Baustelle gerät Diplom-Restaurator Gereon Lindlar ins Schwärmen über die Qualität der ausgeführten Arbeiten: „Wenn am frühen Nachmittag, kurz nach 14 Uhr, die Sonne auf diesen sanierten  Fassadenteil scheint, sieht man die schöne, monochrome Fläche, die hier entsteht.“ Sowohl Lunker, Abplatzungen und Ausbrüche des alten Betons aus den 1950er Jahren als auch von einer Teilsanierung aus den 1980er Jahren mussten mit heutigen Reparaturmörteln wiederhergestellt und zusammengefügt werden – bei aller Unterschiedlichkeit von Optik und Konsistenz, für ein ganzheitlich wirkendes baustoffsichtiges Erscheinungsbild. Das zeigt sich im beschriebenen, bei Sonnenlicht besonders deutlichen „weichen“ Übergang.

Entsprechend bildeten Reprofilierungsarbeiten den besonderen Schwerpunkt für die Mitarbeiter der mit der Betoninstandsetzung beauftragten Firma Keilberg Gebäudesanierung aus Glauchau. Sie verwendeten hierfür Mörtelrezepturen der Betofix-Reihe von Remmers. Auswahl und Kontrolle der richtigen Applikation gehört wiederum zu Gereon Lindlars Aufgaben: „Nach dem vollständigen Scannen aller Flächen und Auswerten der angelegten Musterflächen habe ich entschieden, welcher Reparaturmörtel wo jeweils farblich am besten zur Originalsubstanz passt“.

Mit dem Mörtelsystem Betofix, KHB, R4 und KFM, verfügt die Firma Keilberg über Gestaltungsmöglichkeiten, die bei keinem „normalen“ Betoninstandsetzungssystem vorhanden wären. Betofix KFM wird in mehreren, abgestimmten Farbtönen geliefert, die bei Bedarf vor Ort noch untereinander gemischt werden können. Das hat sich als dringend nötig für die Anforderungen dieser Sanierung erwiesen.

Fehlstellen durch unterschiedliche Verdichtung

Das grundsätzliche Problem der bestehenden Betonkonstruktion bestand darin, dass der Ortbeton aus den 1950er verglichen mit heutigen Betonqualitäten zwangsläufig anders und zudem schlecht verdichtet worden war. „Besonders in den Durchdringungspunkten der Stützen durch die Bodenplatten mussten bis zu fußballgroße Fehlstellen vergossen und verpresst werden“, erinnert sich Gereon Lindlar. Trotz der mäßigen Betonqualität stand die Tragfähigkeit des Kölner Baukomplexes zu keiner Zeit infrage. Die Betonoberflächen zeigten jedoch deutliche Bewitterungsschäden nicht zuletzt an Stellen, an denen neben der geringen Betonqualität eine zu geringe Überdeckung der Bewehrung vorhanden war.

Restauratorische Bauüberwachung als Bedingung

Die Wiederherstellung der originalen Optik als wesentliche Prämisse bei der Instandsetzung war für alle Beteiligten eine Herausforderung. Die Betoninstandsetzung musste dabei mehr im Sinne einer Restaurierung umgesetzt werden und daher sehr behutsam erfolgen. Zur Sicherstellung dieser außergewöhnlichen Bedingung wurde daher bereits in der Ausschreibung formuliert: Fachrestauratorische Bauüberwachung von Sanierungsbeginn durch Diplom-Restaurator Lindlar.

Seine Untersuchungen haben gezeigt, dass die Carbonatisierungstiefe des Fassadenbetons durchschnittlich nur bei 15 mm lag, an den hoch belasteten Schrägstützen erstaunlicherweise sogar nur bei 5 bis 10 mm. Der Bewehrungsstahl war also in weiten Bereichen noch recht gut erhalten, trotz der für unser heutiges Verständnis teilweise viel zu geringen Überdeckung.

Betofix KFM hat im PCC-System die Funktion einer Haftschlämme, die auch als Korrosionsschutz verwendet werden kann. Frisch in frisch wurde in dieses Material Betofix R4, ein geprüfter und für statisch relevante Bereiche zugelassener Betonersatzmörtel, als Grundiermörtel eingearbeitet. Für die Deckschicht kam dann Betofix KFM zum Einsatz. Dieser Mörtel wurde auf der Rezepturbasis von Betofix R4 ursprünglich als Kunstfelsenmörtel konzipiert. Er bietet daher die Möglichkeit, ihn in Textur und Farbigkeit auf den Originalbestand anzupassen. Der Mörtel kann anmodelliert werden, so dass die Übergänge zum Altbeton kaum mehr sichtbar sind. Abschließend wurde eine Brettschalung, in ihrer Struktur ähnlich der originalen, bauzeitlichen Schalung, in den noch frischen Mörtel gedrückt, so dass die neue Oberfläche der alten zum verwechseln ähnelt. Der große Vorteil: Der Mörtel verbindet so die spezifischen Anforderungen der Kölner Oper mit den herausragenden technischen Eigenschaften eines für höchste Belastungen zugelassenen Betoninstandsetzungsmörtels.

Betonsanierung im Sinne des Architekten Riphahn

Mit der beschriebenen Betonsanierung bietet sich am Kölner Riphahn-Ensemble die einmalige Gelegenheit, einen doppelten denkmalpflegerischen Nutzen zu erzielen: Zum einen die Erhaltung der Originalsubstanz mit ihrem Zeugniswert, zum anderen die „Wiederherstellung der ursprünglichen Idee des Architekten Wilhelm Riphahn.“

Die Reparaturmörtel wurden gezielt, händisch zur lokalen Instandsetzung eingesetzt und dienen dazu, die historische Betonsubstanz zu erhalten, zu verstärken und zu reprofilieren. Damit wurde bewusst punktgenau restauriert, nicht einfach nur großflächig überarbeitet und ausgewechselt. Das führte dazu, dass der bislang vorhandene Farbanstrich, der entgegen der ursprünglichen Architekten-Absicht – in den 1960er Jahren in Form einer weißen Endbeschichtung hinzugefügt worden war, nicht mehr nötig sein wird. Vielmehr verbleibt der graue, raue mit den Schalungsabdrücken versehene Beton als Sichtbeton. Die Ergänzungen wurden nur da wo nötig  retuschiert, also mit einer Lasur noch stärker an die Altsubstanz angeglichen. So entsteht die perfekte Illusion originaler Substanz – ganz im Sinne des Architekten Wilhelm Riphan, der seine Oper als „Illusionsmaschine“ verstanden wissen wollte.

Autor

Dipl.-Ing. Jens Engel ist Produktmanager Bauten- und Fassadenschutz bei der Remmers Baustofftechnik GmbH in Löningen.

Der Mörtel bot die Möglichkeit, ihn in Textur und Farbigkeit auf den Originalbestand anzupassen

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