Gestalten mit dem Farbwickel

Die Wickeltechnik ist eine Gestaltungsmethode, mit der abwechslungsreiche Muster an Wänden und Decken erreicht werden können. Um die Schönheit und den Charme dieser Maltechnik zu verwirklichen, muss man den Untergrund entsprechend vorbereiten und die geeigneten Materialien und Werkzeuge einsetzen.

Für die Vorbereitung und Ausführung der Wickeltechnik werden folgende Werkzeuge benötigt: fusselfreie Lappen oder Tücher, Heizkörperpinsel, Flächenstreicher oder Farbrolle, Farbwanne und Gummihandschuhe. Die Wickeltechnik kann fein, harmonisch, lebhaft oder grob wirken. Bei dieser Technik bestimmen die Art des Lappens, das Material und seine Applikation, die Arbeitsweise und das Können des Malers die Struktur. Durch die Faltenbildung des Lappens ergeben sich unregelmäßige Abdrücke, die eine dekorative Flächenbelebung bewirken. Gröbere Lappen aus Jute oder Sackleinen ergeben eine rustikale Farbtextur. Feine und weiche Stoffe wie Leinen, Baumwolle oder Fensterleder aus Reh-, Schaf- oder Ziegenleder dagegen zeichnen ein feines Bild. Eine Alternative zu dem Lappen bieten die umwickelte Rolle und die Wickelrolle. Ungeignet für die Wickeltechnik sind Lappen aus Scheuertüchern, aus groben Sackleinen und ebenso aus dünnen Gardinen oder ähnlichen Stoffen.

Auf die richtige Konsistenz der Lasuren kommt es an

Die Wickeltechnik lässt sich mit sehr verschiedenen Farben umsetzten. Es können Lacke, Ölfarben, Lasuren, Kaseinfarben, Silikonharzfarben, Effektfarben, Leimfarben, Dispersionsfarben und Kalkfarben verwendet werden. Bevor der Maler die Wickeltechnik ausführt, sollte er zusammen mit dem Kunden ein Gestaltungskonzept erstellen. Es können drei aufeinander abgestimmte Farbtöne – ein so genannter Dreiklang – ausgesucht werden: ein Grundfarbton, ein Farbton für die erste aufzutragende Lasur und ein Farbton für die letzte aufzutragende Lasur. Zur Herstellung der notwendigen Farblasuren werden folgende Materialien zusammengemischt: weiße Dispersionsfarbe, Abtönfarben nach Wahl und als Verdünnung Wasser. Der Trick dabei ist, dass man die Konsistenz der Farblasur richtig einstellt. Die Farblasur darf nicht zu dickflüssig aber auch nicht zu dünnflüssig verwendet werden. Auch Tapetenkleister oder langoffene Lasuren kommen als Verdünnung in Frage. Der Maler sollte auf Musterplatten die hergestellten Farblasuren auf gewünschten Farbton, Konsistenz und Verarbeitung prüfen. Je nach Anforderung und Umstand kann eine Schlussbeschichtung mit Wachs, wässrigem Klarlack oder ähnlichen Produkten zum Schutz aufgetragen werden.

Die Vorbereitung des Untergrundes

Bevor in einem Raum die Farbe aufgetragen werden kann, muss der Untergrund auf Schäden überprüft werden. Die allgemeinen Prüfmethoden wie Augenschein-Prüfung, Kratzprobe, Abrissprobe, Benetzungsprobe und Wischprobe können eingesetzt werden. Speziellere Prüfmethoden hängen vom vorhandenen Untergrund ab. Je nach Art der vorhandenen Mängel muss der Untergrund gereinigt, gespachtelt, geschliffen und grundiert werden. Wenn der Untergrund sauber, trocken, tragfähig und frei von Mängeln ist, erfolgt der Farbauftrag. Gewickelt werden kann auf Untergründen wie: Raufasertapete, Dispersionsfarbe, Putz und Gipskarton. Die Wickelstruktur des Lappens sieht man am besten auf fein strukturierten Untergründen. Das Zusammenspiel von Werkzeug und Untergrund erweitert die Möglichkeit der Gestaltungsvielfalt erheblich. Je nach der erwünschten Oberflächenstruktur wird eine weiße Innendispersionsfarbe mit dem Farbroller, mit einem Flächenstreicher oder mit einer Bürste auf die zu gestaltende Fläche aufgetragen.

Die Arbeitsschritte im Detail

1. Auf Basis eines Gestaltungskonzeptes wird ein Grundfarbton aus weißer Dispersionsfarbe und Abtönfarben gemischt und mit einem Farbroller auf den Untergrund aufgetragen.

2. Die erste Farblasur wird – abgestimmt auf den Grundton – aus weißer Dispersionsfarbe, Abtönfarbe und Wasser in einer Farbwanne gemischt.

3. Lappen mit kaltem Wasser anfeuchten und auswringen. Die Lasur in eine Farbwanne geben, Gummihandschuhe anziehen, Lappen zu einem Knäuel drehen, in die Lasur eintauchen und auswringen. Um Kleckse zu vermeiden, die das Wickelbild stören würden, müssen die Ecken des Lappens im Knäuel liegen.

4. Die überschüssige Lasur auf einem Karton oder auf einer Tapetenbahn abrollen und die Wickeltechnik ausprobieren. Vor dem nächsten Arbeitsschritt sollten die Handschuhe mit einem trockenen Handtuch abgewischt werden, um Farbpatzen zu vermeiden.

5. Ist man mit der erwünschten Wirkung zufrieden, wird der getränkte Lappen mit unterschiedlichem Druck in wechselnde Richtungen und kurzen Abständen über kleine Abschnitte der Wand- oder Deckenfläche gewickelt. Tapetenhafte Muster können vermieden werden, indem man den Lappen ab und zu neu arrangiert.

6. Nach der vollständigen Trocknung wird die nächste auf den Grundton abgestimmte Farblasur auf die erste Lasur in den Arbeitsschritten 4 bis 5 über den Untergrund gewickelt. Am Ende soll eine dichte, vielfarbige Fläche entstehen, die die gewünschte Oberflächenwirkung erreicht.

Eine andere Arbeitsweise

Auf kleinere Flächen wie Füllungen von Türen oder Schränken kann die abtragende Wickeltechnik ausgeführt werden. Bei der abtragenden Technik wird erst eine lange offene Farblasur auf den Untergrund appliziert und dann mit trockenen Lappen stellenweise wieder abgenommen.

Voraussetzung beim Abwickeln sind glatte und nichtsaugende Untergründe, um das Absinken der Lasur in Poren und Kapillare zu verhindern.  Diese Methode der Wickeltechnik verlangt vom Handwerker eine sehr zügige Arbeitsweise.

Vielfältige Verwendung der Wickeltechnik

Die Wickeltechnik kann an Decken und Wänden im Innenraum, an der Fassade, auf Plakaten oder Fahrzeugen ausgeführt werden. An Decken ist das Wickeln allerdings sehr mühevoll und anstrengend.

Auf großen Flächen ist die Wickeltechnik ebenso anwendbar wie auch zur dekorativen Betonung von kleinen Flächen wie Bändern, Sockelflächen, Bordüren, Säulen, Umrandungen, Tür- oder Schrankfüllungen. Die Wickeltechnik kann mit anderen dekorativen Maltechniken gut kombiniert werden – zum Beispiel mit der Schablonentechnik – oder als Grundlage für die Steinimitation dienen.

Autor

Rafael Raaber ist Malermeister und Fachlehrer. Er lebt und arbeitet in Mühldorf.

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