Historische Holztreppen richtig reparieren

In Wohngebäuden um 1900 dienten meist Holztreppen der vertikalen Erschließung. Häufig wurden eingestemmte Treppenkonstruktionen wegen des geringeren Aufwands eingebaut. Aufgrund der Qualität des verwendeten Holzes und durch die lange Nutzungsdauer ist der Erhaltungszustand sehr unterschiedlich.

Schon in den ersten Bauordnungen Mitte des 19. Jahrhundert wurden für Treppen konkrete Angaben aufgrund ihrer jeweiligen Nutzung erstellt, die unter anderem Brandschutzanforderungen, die erforderliche Laufbreite, zulässige Nutzlasten oder die Anordnung im Gebäude enthielten. Auf der Basis dieser Anforderungen hat man die Holztreppen in den verschiedenen Gebäudearten entsprechend unterschiedlich ausgeführt.

Holz ist ein leicht zu bearbeitender Baustoff und hat eine ausreichende Tragfähigkeit für den Treppenbau. Auch konnten mit diesem Werkstoff die dekorativen Oberflächen leicht hergestellt werden. Besonders die Treppen des 19. Jahrhunderts wurden mit vielen Schmuckelementen versehen, wie profilierte Leisten oder gedrechselte Geländerstäbe. Für Wangen und Stufen verwendete man Kiefern- und Fichtenholz. Trittstufen und Krümmlinge wurden aus Eichenholz hergestellt. Für die Geländer der Treppe kamen sehr unterschiedliche Holzarten wie Birke-, Buche-, Pflaumenbaum- oder Mahagoniholz zum Einsatz.

 

Grundformen von Holztreppen

Man unterscheidet bei Holztreppen drei typische Grundformen: die eingeschobene, die eingestemmte und die aufgesattelte Treppe. Die eingeschobene Treppe ist die einfachste Form und wurde nur für untergeordnete Zwecke als Keller- oder Bodentreppe verwendet. Sie besteht aus zwei Wangen in die von vorn die Trittstufen auf Grat eingeschoben werden. Die Wangen haben Nuten mit 20 bis 30 mm Tiefe, worin die Trittstufen eingelassen sind. Die beiden Wangen hat man entweder durch die Stufen mit Zapfen oder durch lange Treppenschrauben zusammengehalten. Setzstufen sind hier nicht vorhanden. In manchen Fällen wurde die Unterseite mit Brettern oder Rohrmatten versehen und auf den Rohrmatten ein Putz aufgetragen.

Die eingestemmte Treppe wurde in Wohngebäuden am häufigsten eingebaut. Sie besteht aus zwei Wangen, der Trittstufe und der Setz- oder Futterstufe. Bei den Wangen unterscheidet man die Wandwange und die Freiwange. Die Wandwange wurde mit Bankeisen an der Treppenhauswand befestigt. Damit sie sich nicht verschieben konnten, wurden die Wangen am unteren Ende in eine Blockstufe aus Holz eingelassen. Am oberen Ende wurden sie an den Podestbalken, den Krümmling oder den Hängepfosten mit Klauen oder Zapfen befestigt. Die Wandwange ist oftmals schmaler als die Freiwange. Die Trittstufe besteht meist aus Hartholz und die Vorderkante ist profiliert. Sie springt rund 4 cm vor. Die Setzstufen – oft aus weichem Holz gefertigt – sind etwa 2 cm dick. Die Trittstufen hat man in vielfältiger Weise miteinander verbunden. Dieser Verbund ist für die Steifigkeit und die Lastabtragung wichtig.

Aufgesattelte Treppen bedeuteten einen größeren Aufwand in der Fertigung. Daher kam diese Konstruktionsform häufig bei repräsentativen Aufgängen zum Einsatz. Ihre Bestandteile sind zwei Wangen sowie Tritt- und Setzstufe. Die Auflager der Stufen wurden aus den Wangen ausgeschnitten. Die Trittstufe liegt somit direkt auf der Wange. Die Wangen wurden durch das Herausschneiden der Stufendreiecke stark geschwächt. Die Last wird nur vom Unterbesteck getragen. Deshalb mussten breite Hölzer verwendet werden.

Um auch schmalere Hölzer einbauen zu können, hat man dreieckige Holzabschnitte auf die Wange aufgeleimt oder mit Versatz geschnitten. Diese Holzteile verleimte man dann und schraubte sie auf. Die Trittstufen wurden von oben mit zwei Holzschrauben befestigt. Es gibt auch die Variante, dass die Stufen in die Wandwange eingestemmt wurden und nur aus der Freiwange Auflager ausgeschnitten wurden. Aufgesattelte Treppen hat man auch als verschiedenartig gewendelte Treppen ausgeführt.

 

Geländer und Podeste

Die Geländerstäbe, Handläufe, Hängepfosten und Geländerpfosten bilden den Hauptschmuck der Treppe. Die Geländerstäbe und Handläufe bestehen aus Ahorn, Eiche, Kiefer oder Fichte. Sie wurden in ein ungefähr 30 mm tiefes Loch eingesetzt und verleimt. Den Treppenpfosten befestigte man in der Antrittsstufe mit einer starken Holzschraube oder einem Zapfen, den Hängepfosten blattete man zum Beispiel an die Podestbalken an. Der Handlauf an der Treppenhauswand war unterschiedlich profiliert und wurde mit Winkeleisen an der Wand befestigt.

Podeste sind je nach Länge des Treppenlaufs auf der Höhe der Geschossdecke oder zwischen den Geschossdecken eingebaut. Die Anordnung der Podestbalken wurde von der Lage der tragenden Wände bestimmt. Die Balkenlagen für die Podeste sind unterschiedlich ausgebildet. Eine Variante war, die Balken von einer Treppenhauswand zur gegenüberliegenden Wand zu spannen oder zwischen zwei Podestbalken einen Wechsel anzuordnen. Die Balken wurden dabei untereinander mit Klammern verbunden und in die Podestbalken unterschiedlich eingezapft. Diese Wechsel dienten zur Versteifung der Podestbalken. Bei Eckpodesten wurde die Balkenlage in drei Seiten der Treppenhauswand eingelassen und in den Stiel eingezapft.

Bei freitragenden Eckpodesten gibt es verschiedene Arten der Anordnung der Podestbalken. Beispielsweise wurden zwei Balken im rechten Winkel in die Treppenhauswand beziehungsweise in die Außenwand eingelassen, oder man legte diagonal zwischen diesen Balken noch einen dritten Balken. Die Podestbalken kragen jeweils aus der Mauer heraus. Die Balkenquerschnitte wurden im Verlauf der Jahrzehnte etwas verringert. 

Sanierung alter Holztreppenkonstruktionen

Der Erhaltungszustand von Holztreppen in Wohngebäuden kann stark variieren. Wenn augenscheinlich schon größere Schäden erkennbar sind, ist ein Holzschutzgutachten von einem zugelassenen Fachmann notwendig. Auf dieser Grundlage kann der Handwerker seine Arbeiten planen und ausführen. Zum Teil wird es notwendig sein, die tragenden Podestbalken auszuwechseln. Da diese direkt in das Mauerwerk eingebaut wurden, können sie durch Feuchtigkeit mitunter stark geschädigt sein.

Fehlende Geländerstäbe werden anhand vorhandener Stäbe vom Drechsler neu hergestellt. Nicht mehr tragfähige Wangen oder Krümmlinge müssen ausgetauscht werden. Durch die lange Standzeit einer historischen Holztreppe kann es zu Setzungen und zum Schwinden der einzelnen Bestandteile kommen. Besonders bei den Anschlüssen von Tritt- und Setzstufen kann das der Fall sein. Die Anschlüsse sind sehr unterschiedlich ausgebildet. Dadurch kann es notwendig werden, einzelne Stufen neu einzuleimen und zu verschrauben. Wenn die Schäden durch lange Nutzungsdauer zu groß sind, müssen die Holzteile ausgewechselt werden. Nach Möglichkeit sollte die gleiche Holzart verwendet werden.

Meist muss die alte Oberflächenversiegelung der Trittstufen entfernt und eine neue Versiegelung aufgebracht werden. Auch die übrigen Bestandteile der Treppe sind mit neuen Anstrichen zu versehen. Fehlende Zierleisten und andere Schmuckelemente muss der Fachmann nach historischem Vorbild neu herstellen und entsprechend ergänzen. In besonders repräsentativen Treppenhäusern waren oft in der Mitte der Lauffläche verschiedene Bodenbeläge angebracht. Die Befestigungen und der Belag dafür sind meist erneuerungsbedürftig.

 

Autor

Dipl.-Ing. Lutz Reinboth ist Bauingenieur in Leipzig, Fachautor und freier Autor der Zeitschrift bauhandwerk.

Drei typische Grundformen: die eingeschobene, die eingestemmte und die aufgesattelte Treppe

Wenn augenscheinlich größere Schäden erkennbar sind, ist ein Holzschutzgutachten notwendig

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