Holzhaus mit Berg- und Seeblick

Beim Um- und Neubau eines Wohnhauses am bayerischen Simssee wurde das aufgestockte Gebäude um 90 Grad gegenüber dem Bestandsbau gedreht und ermöglicht nun einen besonderen Blick zum See und zu den Bergen. Der Bau wurde mit dem Rosenheimer Holzbaupreis in der Kategorie Publikumspreis ausgezeichnet.

Der Simssee in Oberbayern liegt zwischen Rosenheim und dem Chiemsee – eingebettet in eine sanfte Hügellandschaft. Auf einem seenahen Grundstück mit altem Baumbestand am östlichen Ufer des Sees sollte ein Feriendomizil errichtet werden. Wegen des Bauplanungsrechts (im sogenannten „Außenbereich“) war die Errichtung eines neuen Einzelgebäudes allerdings  nicht möglich.

Das Konzept des Architekten Walter Stolz (Rosenheim) sah deshalb vor, die Ferienunterkunft mit Einbeziehung des sanierungsbedürftigen Bestandbaus zu realisieren.

Das eingeschossige Gebäude aus den 1970er Jahren ist von einer Drittpartei bewohnt. Deshalb wurde in einem ersten Bauabschnitt zunächst die Erweiterung (Neubau der Ferienwohnung) durchgeführt. Vorgabe war eine möglichst geringe Störung für die Bewohner im bestehenden Haus – die Sanierung des Bestands wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Blick zu den Alpen und zum Simssee

Die Idee war es, die funktional nicht mit dem Bestand verbundene Ferienwohnung ins Obergeschoss zu verlegen. Durch eine Drehung der Längsachse des Neubauteils um 90 Grad konnte die Blickachse nach Norden zum Simssee und nach Süden in Richtung des Alpenpanoramas gesetzt werden.

Mit dem Konzept der Ferienwohnung im Obergeschoss, erhält die Aufstockung eine zusätzliche Bedeutung: „Das neue Obergeschoss als Aussichtsplattform – schwebend über dem Bestand – wird durch das Zurücksetzen des Erdgeschossbereiches und das Auskragen des Balkons auf der Seeseite betont“, erklärt Architekt Walter Stolz. „Mit dem Hochsetzen der Wohnebene ins OG wird das Aussichtserlebnis wesentlich gesteigert“, betont er.

Durch die winkelförmige Anordnung von Bestand und Neubau wird zusätzlich ein kleiner Zugangshof gebildet. Das Bestandsgebäude ist in diesem Bereich mit dem Neubau gestalterisch über eine neue Holzfassade, die dem Neubau angeglichen wurde, verbunden. Die weitere Integration des Bestandsgebäudes wird bei der in naher Zukunft fälligen Sanierung erfolgen.

Ein offener Abstellplatz findet sich unter der Aufstockung, und über eine einläufige Außentreppe ist der Zugang zur Ferienwohnung möglich. Ein kleiner Freisitz stellt schließlich die Verbindung zu der großzügigen Gartenanlage her.

Konstruktion und Material

Neben gestalterischen Überlegungen hatte die Holzbauweise aus statischer Sicht auch den Vorteil des geringeren Gewichts für die Aufstockung über dem Bestand. Der weitgehend vorgefertigte Holzrahmenbau (KVH mit OSB-Beplankung) ermöglichte durch die kürzere Bauzeit vor Ort auch die geforderte Minimierung der Störung der Mieter durch die Bauaktivitäten. Die Erstellung des Holzbaus (Rohbau) im Obergeschoss konnte so innerhalb einer Woche durchgeführt werden. Sämtliche Holzarbeiten übernahm die Zimmerei Schreiner-Holzbau aus Riedering.

Aufbau der einzelnen Bauteile:

Die einzelnen Bauteile haben folgenden Aufbau (von innen nach außen gesehen):

Außenwand (U-Wert 0,20 W/m2K)

Gipskarton 12,5 mm, OSB 15 mm, Lattung 60 / 60 mm, OSB 15 mm (luftdicht verklebt), Wärmedämmung 140 mm (Homatherm zwischen Holzständern 600 / 140 mm), Abschluss mit Pavatherm Plus 60 mm, Fassadenbahn (UV beständig), Luftlattung 30 / 50 mm, Insektengitter und schließlich eine waagrechte hinterlüftete Lärchenschalung (25 / 90 mm).

Dach (U-Wert von 0,19 W/m2K)

Gipskarton 12,5 mm auf Lattung 30 / 50 mm, OSB 15 mm (luftdicht verklebt), Wärmedämmung 240 mm (Homatherm zwischen den Sparren 800 / 240 mm), raue Schalung 18 mm, Schalungsbahn (Bauder Difutec), Konterlattung 40 / 60 mm, Lattung 30 / 50 mm und schließlich die Deckung mit der Berliner Welle anthrazit (Eternit).

Bodenelement (U-Wert = 0,13 W/m2K),
Aufbau von oben nach unten

OSB 18 mm, Wärmedämmung 200 mm (Homatherm zwischen Holzbalken), Dichtungsbahn, OSB 18 mm.

Bauausführung: Rückbau und Aufbau

Nachdem die Maurerfirma das bestehende Gebäude für die Aufstockung hergerichtet hatte (Teilabbruch Dach, Einbau eines Ringankers als Auflager für den Neubau) und im Erdgeschoss die Betonauflager für den Bereich der Erweiterung errichtet worden waren, konnten die vorgefertigten Holzbauelemente (Boden / Wand / Dach) in kurzer Zeit mit Hilfe eines Krans montiert werden.

Nach dem Einbau der Fenster (Holz-Aluminium-Fenster (Dreifachverglasung, U-Wert 0,88 W/m2K), winddichter Anschluss) wurde die äußere Gebäudehülle vervollständigt. Die horizontal verlaufende, sägeraue Lärchenschalung der Fassade wurde von den Handwerkern mit einem Fugenabstand von 15 mm verlegt und grau lasiert.

Für die Verschattung montierten die Handwerker der Zimmerei Schreiner am Südgiebel einen Sonnenschutz mit Schiebeläden. Dabei integrieren sich die Schiebeläden, die genauso gestaltet sind wie die Fassade, in geöffnetem Zustand komplett in das Bild der Fassade.

Installation der Haustechnik

Inzwischen erfolgte im Innern die haustechnische Versorgung des Neubaus. Die Installationen für Heizung, Sanitär und Elektro wurden an die jeweiligen Schnittstellen des Bestands angeschlossen.

Neben dem Holzbau und den Arbeiten für Dach und Fassade wurde im weiteren Verlauf auch der Innenausbau in Trockenbauweise vom Zimmerer ausgeführt. Auf dem Fußbodenwurden weitere Dämmschichten (110 mm) und ein Trockenstrich (2 x 15 mm OSB) auf dem Bodenelement verlegt. Der Bauherr wollte möglichst wenig verschiedene Materialien im Innenausbau verwenden. Eine Entscheidung für einen Holzboden lag so nahe. Das Hochkantlamellenparkett (Eiche, 10 mm, geölt) ist mit dem Unterboden verklebt.

Lichtdurchflutet und behaglich

Aus dem Zusammenspiel von sehr gut wärmegedämmten Holzbau und lichtdurchfluteten Räumen entstand eine behagliche Ferienwohnung mit herrlichem Ausblick in die oberbayerische Voralpenlandschaft. Der Umgang mit dem Bestand, das Einfügen in die regionale Baukultur unter Verwendung nachwachsender Rohstoffe wurden beim Wettbewerb zum Rosenheimer Holzbaupreis  2012 mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.

Autor

Thomas Lauer ist Architekt und Leiter der Bauberatungsabteilung beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege.

Das neue neue Obergeschoss steht als Aussichtsplattform schwebend über dem Bestand