Kirchenfenster aus lichtdurchlässigem Stein

Die Kirche ein bisschen „einfacher“ zu machen, ein bisschen klarer, strukturierter – diese Mission trug die Augsburger Gemeinde von St. Moritz dem renommierten Londoner Architekten John Pawson an, der eines der ältesten sakralen Bauwerke Augsburgs, die 1314 errichtete und zu Beginn des 18. Jahrhunderts zum Barockbau umgestaltete Moritzkirche, behutsam erneuern sollte. Der besondere Zauber in Pawsons Arbeit beruht auf den großen östlichen Kirchenfenstern, die aus weißem, vollständig durchscheinenden Onyxmarmor bestehen. Für die Schaffung der einzigartigen marmorierten Lichtspender schaltete das Planungsbüro ein Expertennetzwerk ein: den Nördlinger Dünnsteinproduzenten Seeberger, den Taunussteiner Glasexperten Derix, den Glaserei-Handwerksbetrieb Georg Eitelhuber aus Karlshuld und die Sauerländer InsertTec GmbH. Zwölf massive, hinsichtlich ihrer Maserung sorgsam ausgewählte Rohsteinplatten verarbeitete das Seeberger-Team aufwendig zu 24 je 5 mm dicken Dünnsteinpaneelen mit einer Fläche von insgesamt 130 m². Das nunmehr lichttransparente Gestein wurde dann bei Eitelhuber durch ein spezielles Laminierungsverfahren auf der Innenseite eines 12 mm dicken Einscheiben-Sicherheitsglases angebracht. Als spezieller Klebstoff kam hier das Copolymer Ethylen-Vinyl-Acetat zum Einsatz, besser bekannt unter der Abkürzung EVA. Der Spezialkunststoff von InsertTec aus Finnentrop wurde bei Temperaturen um 115 bis 135 °C unter konstantem ­Vakuum zwischen Dünnstein und Glas fest aufgebracht. Nach dem Abkühl- und Aushärtungsprozess, bei dem die Basismaterialien miteinander eine untrennbare Verbindung eingehen, ist die weichmacherfreie EVA-Folie auch durch eine erneute Wärmezufuhr nicht wieder aufschmelzbar und bietet laut Hersteller hochfeste Temperaturbeständigkeit, Feuchtigkeits- sowie Vergilbungsresistenz gegen UV-Strahlung.

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