Kraftstoff aus der Dose

Kein Umbau, keine Studie, kein Prototyp – seit Ende 2011 schon gibt es den Kleintransporter Renault Kangoo mit Elektroantrieb als Großserienfahrzeug. Dank gemieteter Batterie soll der Wagen auch wirtschaftlich interessant sein – wir machen eine Testfahrt mit dem Elektrolieferwagen und rechnen nach.

Zugegeben, das ist unsere erste Fahrt mit einem Elektroauto. Eine gewisse Nervosität ist daher nicht zu leugnen, als wir den Renault Kangoo Maxi Z.E. bei Renault in Brühl bei Köln übernehmen. Doch die kurze Einweisung beruhigt etwas – eigentlich wird der Elektrolieferwagen genauso bedient, wie ein gewöhnliches Fahrzeug mit Automatikgetriebe. Der einzige Unterschied: Kein Motor springt dröhnend an, im Tachometer leuchtet nur eine kleine grüne Leuchte mit „Go“ und zeigt, dass der lautlose Z.E. fahrbereit ist.

Sparsam in der Stadt

Im Stadtverkehr merkt man leichte Unterschiede: So bremst der Kangoo Z.E. deutlich stärker über die Motorbremse ab – man gewöhnt sich jedoch schnell daran und arbeitet einfach weniger mit der Fußbremse. Das ist auch gut so, denn bei jedem Einsatz der Motorbremse wird die Batterie wieder ein wenig aufgeladen. Daher ist der Kangoo Z.E. dort sparsam, wo viel gebremst und beschleunigt wird und die Verbrenner-Variante deutlich mehr Treibstoff verbraucht, nämlich im Stadtverkehr. Trotz seiner auf den ersten Blick „mageren“ Leistung von 44 kW beschleunigt der Elektrotransporter dabei nicht spürbar schlechter als sein Diesel-Pendant, denn der Motor stellt ein Drehmoment von 226 Nm zur Verfügung.

Bis zu 200 km mit einer Ladung

Obendrein ist der Motor sehr effizient: Im Kangoo Z.E. bietet er einen Wirkungsgrad von rund 90 Prozent. Ein moderner Pkw-Benzinmotor erzielt nur rund 30 Prozent. Elektromotor, Getriebe und Differenzial sind platzsparend in einem Gehäuse integriert. Die Steuerung des Energieflusses von der Hochvoltbatterie zum Motor erfolgt über die mit der Antriebseinheit verbaute Leistungselektronik. Sie wandelt mit Hilfe eines integrierten Wechselrichters den Gleichstrom (DC) aus der 260 kg schweren, luftgekühlten Lithium-Ionen-Batterie in dreiphasigen Wechselstrom (AC) für den Elektromotor um. Wird beim Bremsen Bewegungsenergie zurückgewonnen, erfolgt dieser Vorgang in umgekehrter Richtung.

Mit ihrer Kapazität von 22 kWh liefert die Batterie genug Energie, um 170 km zu fahren. Bei energiesparender Fahrweise sollen laut Renault sogar 200 km möglich sein. Innerhalb von vier bis acht Stunden wird der Z.E. standardmäßig über eine sogenannte Wall-Box aufgeladen, die über den Händler gleich mitbestellt und vom Stromanbieter in jedem Betrieb installiert werden kann. Man kann alternativ aber auch jede normale 230 Volt Haushaltssteckdose nutzen.

Kaum Einschränkung beim Nutzwert

Der Stromspeicher ist unterhalb des Frachtraumbodens installiert; so ist der Laderaum mit 4 m³ (bei umgeklapptem Beifahrersitz sogar 4,6 m³) genauso groß wie beim konventionellen Kangoo Maxi. Nur die Nutzlast ist mit 595 kg rund 160 kg geringer als beim Diesel. Die Ausstattung ist nahezu gleich, angefangen beim Antiblockiersystem über die Einparkhilfe bis hin zur Klimaanlage. Nur ESP sucht man vergeblich.

Mit dem Kangoo Maxi Z.E. bietet Renault einen absolut alltagstauglichen Elektrotransporter an, allerdings mit verminderter Nutzlast. Für Handwerker, die hauptsächlich im Stadtverkehr unterwegs sind, ist der Z.E. damit aus Praxis-Sicht tatsächlich eine Alternative zum Diesel.

Teurer in der Anschaffung, günstiger im Unterhalt

Doch wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus? Zunächst einmal scheint der Preis für den Kangoo Maxi Z.E. mit 21 200 Euro (zuzüglich MwSt.) erstaunlich niedrig. Die Batterie muss allerdings zusätzlich gemietet werden. Das kostet abhängig von Laufleistung und Vertragslaufzeit zwischen 73 und 146 Euro pro Monat, hat aber den Vorteil, dass man sich nicht weiter um die Batterie sorgen muss. Sollte sie wider Erwarten vorzeitig das Zeitliche segnen, muss Renault halt eine neue besorgen. Die Miete umfasst dabei auch einen rund um die Uhr verfügbaren Pannendienst. Doch mit Miete und Kaufpreis ist der Elektro-Kangoo schon deutlich teurer als ein vergleichbarer Kangoo mit dCi 90 Diesel. Allerdings wird die Anschaffung von Elektrofahrzeugen inzwischen von über 30 Prozent der Energieversorger unterstützt – nachfragen lohnt sich.

Den höheren Anschaffungskosten stehen niedrige Unterhaltskosten gegenüber: So sind die Energiekosten beim Diesel pro Kilometer mehr als doppelt so hoch wie beim Elektro-Kangoo (siehe Tabelle). Zudem benötigt der Elektroantrieb keinen Ölwechsel, auch Zahnriemen, Luft- oder Kraftstofffilter müssen nicht ausgetauscht werden. Renault schätzt, dass eine Inspektion beim Elektro-Kangoo mindestens 20 Prozent günstiger ist als beim Diesel. Auch sollen laut Renault die Versicherungsbeiträge niedriger sein – doch das konnten wir leider nicht belegen: Ein Anfrage bei einer Versicherung blieb unbeantwortet, und die Tarifrechner im Internet berücksichtigen noch keine Elektrofahrzeuge. Bei der Steuer bietet der Elektrotransporter keinen Vorteil, und die für private Elektro-Pkw geltende fünfjährige Befreiung von der Kfz-Steuer gilt nicht für den als Lkw angemeldeten Kangoo. Nach unserer Berechnung bleibt die elektrische Version in Anschaffung und Betrieb damit immer noch teurer als ein Diesel. In unserem Wirtschaflichkeitsvergleich über einen Zeitraum von vier Jahren kostet der Z.E. im Jahr rund 900 Euro mehr. Es gehört also ein gewisser Idealismus dazu, einen Elektro-Transporter zu fahren – wobei Renault es geschafft hat, die Mehrkosten in einem akzeptablen Rahmen zu halten.

Autor

Olaf Meier studierte Maschinenbau und arbeitet seit 2001 als ­
freier Fachjournalist. In Mönchengladach betreibt er ein Redaktionsbüro.

Absolut alltagstauglich: Probefahrt mit dem Elektro-
lieferwagen Renault Kangoo Maxi Z.E.