Leichtes Tonnengewölbe

Aus Anlass der Feiern zum 400-jährigen Bestehen der Justus-Liebig-Universität Gießen wurde deren Aula umfangreich saniert. Nach einem Entwurfs des Architekturbüros Kraus_Milkovic gelang der A. & R. Back Baudekoration GmbH die Rekonstruktion der Tonnendecke des frühen 19. Jahrhunderts in Trockenbauweise.

Grundlage für die Sanierung der 1907 erbauten Aula war ein postkartengroßes Foto, das den etwa 350 m2 großen Innenraum des Gebäudes zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeigt. Eine kassettierte Tonnendecke und eine bis an die umlaufende Galerie reichende Wandvertäfelung sind darauf als wesentliche Elemente zu erkennen. Im Zuge einer 1957 durchgeführten Umgestaltung der Aula hatte sich die einst von Tageslicht durchflutete Halle in einen ausschließlich mit künstlichem Licht beleuchteten Raum verwandelt. Die Tonnendecke hatte man im Verlauf dieser Arbeiten entfernt und die Galerie auf die Ostseite verlegt. Der Zugang zur Aula erfolgte im Stil der 1950er Jahre durch ein neues Foyer mit Glasbausteinwänden, die nur begrenzt Tageslicht einließen. 


Behutsamer Rückbau

Die Entscheidung für die jüngste Sanierung der Aula fiel anlässlich des 400-jährigen Bestehens der Universität Gießen. Das beauftragte Frankfurter Architekturbüro Kraus_Milkovic Architekten interpretierte die historische Deckengestaltung neu und veranlasste einen behutsamen Rückbau, der auch die Öffnung der Gauben- und Erdgeschossfenster vorsah. Mit der technisch-konstruktiven Umsetzung der Bauaufgabe beauftragte man die in Stadtallendorf ansässige A. & R. Back Baudekoration GmbH. Zu deren wichtigsten Aufgaben zählten die Trockenbauarbeiten an der Tonnendecke sowie die Neugestaltung der Rundgauben.

 

Verstärkung der Dachkonstruktion

Die Trockenbauer begannen zunächst mit der Wärmedämmung und Verstärkung der vorhandenen Dachkonstruktion oberhalb der neu zu errichtenden Tonnendecke. Eine zusätzliche Tragkonstruktion aus IPE 100-Stahlträgern wurde eingebaut, die der Lastabtragung der Tonnendecke dient und auch als Unterkonstruktion für Einbauteile, wie Deckenlifter, genutzt wird. Zur Befestigung dieser Tragkonstruktion aus konkav gebogenen Grundprofilen CD 60/27 und Tragprofilen CD 60/27 dienten Noniusabhänger, welche die Trockenbauer mit NP-Klammern an den Stahlträgern befestigten. In den versetzten Ebenen für Decke und Rundgauben, die eine durchlaufende Unterkonstruktion verhinderten, lag für die Mitarbeiter der A. & Back Baudekoration GmbH eine besondere Herausforderung.

 

Dehnungsfugen folgen der Kassettierung

„Auch die Positionierung der erforderlichen Dehnungsfugen gestaltete sich aufgrund der Kassettierung der Tonnendecke, der Gurtbögen und diverser Einbauteile als besonders knifflig“, erinnert sich Bauleiter Walter Nau. „Schließlich sollten sie weder in ihrer Funktion eingeschränkt noch von unten sichtbar sein.“ Als ideale Lösung bot sich die Positionierung der Dehnungsfugen an den aufgesetzten Gurtbögen an: Auch bei Deckenbewegungen bleiben die Fugen hier unsichtbar. In Längsrichtung ordneten die Trockenbauer die Dehnungsfugen im Bereich des linken und rechten unteren Deckenversprungs an, wo sie von unten optisch kaum wahrnehmbar sind.

 

Zusätzliche Befestigungspunkte

Für die Bekleidung im oberen und mittleren Deckenbereich wählte die A. & R. Back Baudekoration GmbH bei der Montage trocken gebogene Rigiton-Lochplatten 8/18 Q. Darauf montierte das Ausbauteam zusätzliche gebogene CD 60/27-Tragprofile zur Befestigung der aufgesetzten Kassettenabgrenzungen und Gurtbögen. Die unteren Deckenbereiche wurden mit ebenfalls trocken gebogenen glatten Bauplatten RB 12,5 beplankt.

Um die Gaubendecken fachgerecht bekleiden zu können, mussten an der Deckenunterkonstruktion zusätzliche Befestigungspunkte für die werkseitig konvex beziehungsweise konkav gebogenen CD 60/27-Profile geschaffen werden. Die Ausführung der Beplankung erfolgte dann mit der trocken formbaren Spezialgipsplatte Riflex (Glasroc F) in 6 mm Dicke, mit der Biegeradien von bis zu 600 mm erreicht werden. 

Falt- und Formteile im Trockenbau

Kassettenbegrenzungen, Gurtbogenelemente, seitliche Deckenabschlüsse und der untere Abschluss der Ornamentkassetten wurden im Werk als Falt- beziehungsweise Formteile vorgefertigt und mussten aufgrund ihrer Größe teilweise mit Holzwerkstoffplatten verstärkt werden. Stirnseitig wurden sie mit einer Steckverbindung versehen, die die Verbindung zwischen den Elementen zusätzlich sichert und eine fluchtgerechte Positionierung der Formteile ermöglichte.

 

Montage der Vorsatzschalen

Vor die raumabschließenden Aula-Wände montierte das sechsköpfige Ausbauteam Vorsatzschalen, die aus einer Metall-Unterkonstruktion und zweilagigen Beplankung mit Bauplatten RBI 12,5 bestehen. Die Vorsatzschalen verdecken die dahinterliegenden Be- und Entlüftungskanäle und dienen gleichzeitig der Luftverteilung. Die Lüftungseinlässe und Auslässe bauten die Monteure im Fußpunkt der Vorsatzschalen ein. Dafür musste zunächst eine Fußkonstruktion aus Stahlprofilen auf Stützenfüßen hergestellt werden, auf die sie die gesamte Vorsatzschale anschließend montierten. Im oberen Drittel wurde die Vorsatzschalenkonstruktion horizontal luftdicht abgeschottet.

 

Brüstungs- und Deckenbekleidung der Empore

Die gebogene Brüstung der Empore an der Aula-Rückwand beplankten die Ausbauprofis beidseitig mit den imprägnierten Bauplatten RBI. Der Übergang von der bekleideten Front der Empore zur gebogenen Deckenuntersicht ist dreidimensional konstruiert und mithilfe von Segmentelementen an die gegebene Kontur angepasst. Die Kante der Empore wurde mit GK-Form-Platten beplankt, die Übergänge sind fließend angespachtelt.

Um den Konturverlauf der Brüstung ideal nachbilden zu können, hatte das Ausbauteam die Unterkonstruktion aus Metall und teilweise aus Holz erstellt. Die gebogene Emporenunterseite erhielt eine Bekleidung mit Bauplatten RB 12,5 und ebenso wie die Aula-Rückwand einen Akustikputz zur Schallabsorption und um die verlangten Nachhallzeiten sicherzustellen.

 

Lichtdurchflutetes Foyer

Auch das Foyer, welches das Hauptgebäude der Universität mit der Aula verbindet, erfuhr weitreichende Veränderungen. Die Trockenbauspezialisten montierten hier zunächst eine selbständige F 90-Decke aus 2 x 20 mm dicken Platten „Die Dicke“ von Rigips und darunter eine Akustikputz-Sichtdecke zur Verbesserung der Raumakustik sowie zur Aufnahme der Einbauleuchten und der indirekten Beleuchtung. Über ein Oberlicht und eine großzügige Verglasung der Stirnseite kehrte nun auch wieder das Tageslicht in den Raum zurück. Dank der indirekten Beleuchtung und der Einbauleuchten kann das Foyer auch abends optimal ausgeleuchtet werden und wird heute gerne auch unabhängig von der Aula als Veranstaltungsraum genutzt.

Der Einbau der Dehnungsfugen in der Tonnendecke war handwerklich eine große Herausforderung

Für die Brüstung verwendeten die Trockenbauer eine Misch-Unterkonstruktion aus Holz und Metall

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