Veränderung geschieht im Kopf

Immer mehr Unternehmen nutzen für sich einen Berater, um den Betrieb so zu strukturieren, dass die Arbeit möglichst effektiv abläuft. Warum ein Berater für ein Handwerksunternehmen wichtig ist, hat unser Kollege Rüdiger Sinn aus der Redaktion der Zeitschrift dach+holzbau Franz-Josef Gomolka gefragt.

Herr Gomolka, als langjähriger Unternehmensberater für mittelständische Firmen wollen Sie vor allem den Mitarbeiter stärken. Warum sollte man Ihrer Meinung nach an der Basis beginnen?

Mitarbeiter sind der Erfolgsfaktor Nummer eins eines jeden Unternehmens. Obwohl diese Tatsache jeder Chef weiß, liegt hier in vielen Betrieben enormes Potenzial brach. Unter anderem auch deshalb, weil vor lauter Tageshektik das wichtige Thema Mitarbeiterverantwortung auf der Strecke bleibt. Dabei ist allen Beteiligten klar, dass der Fachkräftemangel eines der zentralen und existentiellen Themen der Zukunft sein wird und schon heute viele Unternehmen darunter leiden.

 

Wie stärken Sie die Mitarbeiter?

Ohne jetzt den ganzen Prozess einer individuell ausgerichteten Beratung darzulegen, kann man folgendes sagen: Den Mitarbeitern muss Verantwortung übertragen werden und zwar jedem nach seinen individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten, ganz nach dem Motto „fördern und fordern!“ Der Mitarbeiter muss das Gefühl haben, dass er mit zum Team gehört, dass auf seine Vorschläge eingegangen wird, dass er gehört wird. So stärkt man das „Wir-Gefühl“ des ganzen Betriebs.

 

Ganz abgesehen von der Stärkung der Mitarbeiter, gibt es denn konkrete Anzeichen, wann ein Betrieb einen Unternehmensberater braucht?

Es gibt tatsächlich Signale für ein „kränkelndes Unternehmen“. Das fängt bei der Unzufriedenheit des Chefs an und überträgt sich auf die Mitarbeiter, die nur noch Dienst nach Vorschrift machen und unmotiviert sind. Es gibt in diesen Betrieben zudem viele Reklamationen und die Zahlungsmoral ist demzufolge schlecht.

 

Als Chef treffe ich irgendwann die Entscheidung: es muss ein Unternehmensberater her. Wie sieht so eine Beratung beim Handwerksbetrieb dann konkret aus?

Grundsätzlich ist es so, dass das erste Kennenlerngespräch kostenlos ist. Dabei sollten, neben der Erarbeitung der Ziele, beide Seiten feststellen, ob die Chemie stimmt. Ich persönlich möchte nicht mit Kunden zusammenarbeiten, die nicht bereit sind, etwas zu ändern. Die Veränderung geschieht im Kopf und dabei muss immer der Chef vorangehen.

Wird beim Erstgespräch die Entscheidung getroffen, ein so genanntes „Strategie und Wegweiser-Paket“ anzugehen, dann folgt eine weitere Besprechungen mit dem Chef des Unternehmens. Hier wird eine Bestandsaufnahme gemacht: Wie stark ist der Leidensdruck der Firma? Ist es erst 11 Uhr oder schon dreiviertel Zwölf, sprich, brechen Kunden weg, machen die Mitarbeiter nur noch unwillig ihren Dienst … Das kann man – wie beim Arzt – als die Diagnose bezeichnen.

 

Und dann kommt die Therapie …?

… ja, genau richtig, das kann man so sagen. Der Chef ist dabei der Vorreiter, er muss die Veränderung mittragen und zu 100 Prozent dahinter stehen, wenn er wackelt dann wackelt der ganze Betrieb, wenn er motiviert ist, dann überträgt sich die Motivation auf die Mitarbeiter. Ganz nach dem Motto: Begeisterung ist übertragbar!

 

Und die Therapie sind dann die Mitarbeitergespräche?

Es folgen zwei Team-Strategie-Seminare für alle Mitarbeiter. Auch hier folgt eine Bestandsaufnahme. Was läuft gut, was läuft schlecht. Dabei ist zudem eine anonyme Mitarbeiterbefragung enthalten, in der diese Dinge dann auch schriftlich formuliert werden. Das Hauptziel ist das Erstellen eines Leitbildes. Alle Mitarbeiter des Betriebs sind für das Leitbild verantwortlich. Hier geht es schon um Mitarbeiterverantwortung. Denn nur wenn die gemeinsame Erstellung gewährleistet ist, kann ich später davon ausgehen, dass sich die Mitarbeiter damit identifizieren und auch daran halten.

 

Was kostet das Beratungspaket, mit dem ein Betrieb ein Leitbild erstellen kann?

Mein „Strategie-Erfolgs-Wegweiser-Paket“ kostet etwa 8000 Euro (gerechnet für einen Betrieb mit zehn Mitarbeitern). Das hört sich zunächst nach viel an. Ich kenne aber genügend Unternehmen, die sagen: Dieses Geld ist für uns eine Investition in die Zukunft.  

Warum holen sich nicht mehr Handwerksbetriebe einen Berater?

Es sind sicherlich mehrere Dinge. Oftmals fehlt einfach die Zeit, sich über so etwas Gedanken zu machen. Viele Handwerker schreiben am Wochenende Rechnungen, das kenn ich nur zu gut. Und zudem fehlt das Wissen, dass es attraktive staatliche Zuschüsse gibt. Außerdem stelle ich oft die Angst vor Veränderung fest. Die Chance, dass jemand von außen kommt und einen begleitet, wird nicht sofort erkannt.

 

Wie sehen denn die Zuschüsse konkret aus?

Jedes Bundesland stellt unterschiedliche Fördertöpfe zur Verfügung. In Baden-Württemberg zum Beispiel werden von der EU über den Europäischen Sozialfonds (ESF) ein Qualifizierungs- und ein Weiterbildungscoaching noch bis Ende 2010 gefördert. Es gibt hier Zuschüsse bis zu 75 Prozent des Honorarbetrags. Die-se Qualifizierungs- und Weiterbildungsberatung kann das gesamte Mitarbeiter-Team oder einzelne Beschäftigungsgruppen einbeziehen und umfasst insbesondere die Entwicklung einer Weiterbildungskonzeption (abgestimmt auf das Unternehmen). Zudem wird auch eine allgemeine Personalentwicklung gefördert. Dazu gehört zum Beispiel auch die Erstellung eines Leitbildes.

 

Und wie sieht es bundesweit aus?

In jedem Bundesland gibt es unterschiedliche Voraussetzungen. Hier hilft ein Blick ins Internet. Unter www.esf.de (und dann weiter unter ESF Grundlagen/ESF Kontaktstellen) können Unternehmer sich über die Möglichkeiten in ihrem Bundesland informieren. Zusätzlich hat man unter www.bafa.de die Möglichkeit, sich zu informieren. Für allgemeine Unternehmensberatungen gibt es bis zu 3000 Euro Zuschüsse.

Der Chef ist Vorreiter und muss die
Veränderung mittragen und zu 100 Prozent dahinter stehen

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