Vertragsstrafenregelung im Werkvertrag

Eine in einem Werkvertrag vereinbarte Vertragsstrafenregelung ist nur dann verbindlich, wenn sie den Unternehmer nicht unangemessen benachteiligt. Es müssen nämlich auch die Interessen des Auftragnehmers ausreichend berücksichtigt werden. Die Angemessenheit einer Vertragsstrafenvereinbarung setzt unter anderem voraus, dass sie ihrer Funktion gerecht wird. Sie soll als Druckmittel den Unternehmer anhalten, seine Leistung ordnungsgemäß zu erbringen und zugleich den Auftraggeber in den Stand setzen, sich bei Verletzung der sanktionierten Vertragspflichten jedenfalls bis zur Höhe der Vertragsstrafe ohne Einzelnachweis schadlos zu halten. Dagegen ist die Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Auftraggebers losgelöster Geldforderungen nicht Sinn der Vertragsstrafe.

Daraus hat die Rechtsprechung in einer Vielzahl von Entscheidungen insbesondere gefolgert, dass die Vertragsstrafe nicht bereits nach einer relativ kurzen Verzögerung vollständig beansprucht werden kann. Beispielweise entsteht der Vertragsstrafenanspruch nicht, wenn vereinbart wird, dass die Vertragsstrafe bereits nach zehn Arbeitstagen, die im Allgemeinen zwei Wochen entsprechen, in vollem Umfang anfallen soll. Bei generalisierender und typisierender Abschätzung möglicher Verzugsfolgen kann nicht angenommen werden, dass Nachteile in Höhe von 5% der Auftragssumme innerhalb von zehn Arbeitstagen entstehen. Es ist aber auch entschieden worden, dass eine Vertragsstrafe von 0,3% der Bruttoabrechnungssumme je Kalendertag, welche 0,42% je Arbeitstag entspricht, und bei einer Verzögerung von nur zwei Wochen und drei Tagen zur vollständigen Verwirkung der Vertragsstrafe führt, unangemessen ist.

Als für sich betrachtet gerade noch angemessen hat sich in der Rechtsprechung ein Tagessatz von 0,3% je Werktag herausgebildet. Diese Auffassung hat das Oberlandesgericht Nürnberg im Beschluß vom 24.3.2010 – 13 U 201/10 – vertreten.                                                                 

 

Dr. Franz Otto

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