Wohnen im Turm

Im Münchner Süden hat die Klaus Wohnbau GmbH zwei Wohntürme gebaut – außen in Stahlbeton,

innen in Trockenbauweise. Damit gewann der Bauträger Raum und die Architektur gewann an

interessanten Details.

Die Südseite – diesen Namen trägt Münchens bislang größtes privates Stadtentwicklungsprojekt. Zwischen 2011 und 2014 entstanden auf einem ehemaligen Siemens-Gelände zwischen Obersendling und Solln rund 1000 Miet- und Eigentumswohnungen. Zusammen mit Bildungs- und Pflege- beziehungsweise medizinischen Betreuungseinrichtungen sowie Einkaufsmöglichkeiten formieren diese nun ein lebendiges Viertel inmitten eines knapp sieben Hektar großen Landschaftsparks.

Städtebaulicher Höhepunkt dieses neuen Quartiers sind fünf von weitem sichtbare Wohnhochhäuser, die aus einem Ring aus fünfgeschossigen Mehrfamilienhäusern aufragen. Ihrer Höhe respektive der damit einhergehenden Bebauungsdichte ist es zu verdanken, dass der Landschaftspark des neuen Quartiers so großzügig ausfallen konnte.

Die Individualität der einzelnen Türme jenes Quintetts garantieren unterschiedliche Bauträger, darunter die Klaus Wohnbau GmbH. Mit dem Projekt „Alpenglühen“ und dem Nachbarturm „Sternenhimmel“ hat das Augsburger Unternehmen zwei benachbarte Türme einzigartig gestaltet. Stahlbeton, viel Glas und ein auf Trockenbauweise abgestimmtes Innenausbaukonzept machen es möglich, dass nicht nur die Fassaden, sondern auch die einzelnen Wohnungen auf ihre Bewohner maßgeschneidert werden konnten.

Beton nur im Kern und zwischen den Einheiten

Beispielhaft für die interne Vielfalt jener Wohntürme der Münchner Südseite steht das von Blaumoser Architekten geplante Hochhaus „Sternenhimmel“: Eine betonierte und verputzte Außenhaut mit zwischen den Fenstern zurückversetzten Fassadenflächen und weißen Brüstungsbändern fungiert als organische Hülle. Die Wohnungen mit den zum Teil runden Grundrissen werden von der Firma Klaus Wohnbau als Wohnkanzeln bezeichnet. Nach innen gezogene, verglaste Loggien formen geräumige Terrassen.

Auf 16 überirdischen Geschossen bietet der Neubau insgesamt 76 Wohnungen in einer Größe von 48 bis 159 m² Platz. Jeweils fünf Einheiten gruppieren sich in den Regelgeschossen um den Erschließungskern. Dieses Konzept macht es möglich, auf jeder Etage alle Wohntypen aneinander zu reihen: zwei Zweizimmerwohnungen, zwei Dreizimmerwohnungen und eine Vierzimmereinheit, die jeweils nach Süden oder Westen orientiert sind.

Sowohl der Treppenkern als auch die Wohnungstrennwände des Neubaus sind betoniert. Innerhalb der Raumzellen arbeitete die Klaus Wohnbau jedoch ausschließlich mit Trockenbaukonstruktionen. Auch die Schachtverkleidungen und Verkofferungen wurden mit Gipsplatten entsprechend der jeweiligen Anforderungen – zum Teil F 90 – verkleidet.

 

Trockenbau auf Bauherrnwunsch

„Der Wunsch, den Innenausbau mit Gipsplatten zu realisieren, war von Anfang an beim Bauherrn vorhanden“, verrät Architekt Albert Blaumoser. „Zum einen bietet Trockenbau gegenüber Mauerwerk in punkto Gewicht Vorteile. Zum anderen lassen sich die Platten einfach transportieren, sowohl zur Baustelle hin als auch innerhalb der Baustelle“, so Blaumoser weiter. Das begünstige den Baustellenablauf der Leichtbauweise, die zudem „sauberer“ sei als der Mauerwerksbau. „Darüber hinaus kann man mit dieser kombinierten Bauweise den Rohbau fortlaufend betreiben und mit dem Trockenbau fast parallel nachziehen. Das beschleunigt den Bauablauf“, meint Albert Blaumoser.

Trockenbaukonstruktionen seien auch flexibler in Bezug auf Elektroinstallationen, Sonderwünsche oder Umplanung als massive Varianten, fährt Blaumoser fort: „Sie lassen sich schlanker ausführen. Wir sprechen also von 10 cm Wanddicke statt von 15 cm. Das summiert sich.“ Bei diesem Projekt habe die Materialwahl bezüglich der Wände außerdem zu einer Vereinheitlichung der Baustoffe geführt, da die Schächte in den Badbereichen sowieso als Trockenbaukonstruktionen ausgeführt werden sollten. Und auch schalltechnisch überzeugte die gewählte Konstruktion, denn die Flankenübertragung von leichten Mauerwerkswänden auf schwere Wände und Decken ist immer problematisch.

Um schallsensible Bereiche wie Schlafzimmer optimal gegen daran angrenzende lautere Räume wie Küchen abzuschirmen, ließ Klaus Wohnbau einige der 18 cm dicken Wohnungstrennwände aus Beton noch zusätzlich mit 8 cm dicken Trockenbauschalen verblenden. Die Basis dafür stellt 5 cm dickes Metallständerwerk, das mit zwei Lagen Knauf Schallschutzplatten beplankt wurde und mit Dämmung von Knauf Insulation ausgefacht.

 

Eleganter Schwung mit runden Wänden

Um fugenlose und homogene Oberflächen zu gestalten, bekleideten die Trockenbauer der mit dem Auftrag betrauten TM Ausbau GmbH Betonstützen oder auskragende respektive an Trockenbauwände angrenzende Betonwände ebenfalls einlagig mit Gipsplatten. „Wir haben für derartige Details die Gipsplattenwände leicht zurück versetzt und die äußerste Platte jeweils als Fertigverkleidung über die Trockenbaukonstruktion und die jeweilige Betonwand geführt“, erinnert sich Michael Lehner, stellvertretender Bereichsleiter bei TM Ausbau.

Um große Wohnungen mit langen, räumlich versetzten Fluren einen eleganten Schwung zu verleihen, ließ sich Blaumoser eine weitere Lösung einfallen: Er rundete die Flurwände ab. Die Trockenbauer setzten diese Idee um, indem sie im nassen Zustand gebogene 12,5er Gipsbauplatten zweilagig mit entlang der Rundung aufgereihten Profilen verschraubten. „Der dabei entstandene Raumfluss korrespondiert perfekt mit der geschwungenen Außenhülle“, kommentiert der Architekt, „und gleichzeitig wirkt der Raum geschmeidiger.“

 

Abgehängt: Decken schaffen Atmosphäre

In mehreren Wohneinheiten werten abgehängte Decken in Kombination mit einer dahinter verborgenen indirekten Beleuchtung die Atmosphäre in Wohnbereichen, Fluren, Schlafzimmern oder Bädern auf. Dafür befestigten die Trockenbauer jeweils eine Lage Bauplatten an mit Direktabhängern an der Rohdecke montierten CD-Schienenrosten. Formteile, die von Knauf aus Iphofen inklusive Aufkantung vorgefertigt wurden, dienen als gerade oder ellipsenförmige Abschlusselemente und verbergen die LED-Beleuchtung. „Derartige, mit integrierter Beleuchtung kombinierte Deckensysteme haben wir zur atmosphärischen Steigerung mehrere Räume eingesetzt“, erinnert sich Volker Großhauser, Technischer Leiter bei der Klaus Wohnbau GmbH.

Um bündige Übergänge zwischen nur 1,20 m hohen Fliesenspiegeln und den darüber verlaufenden Wandbereichen zu generieren, ließ Klaus Wohnbau zudem Massivwände mit 9 mm dicken Bauplatten aufdoppeln. Platzsparende Installationen wurden hinter den Vorsatzschalen gesetzt. Licht in dunkle Flure bringen Oberlichter, die in die Trockenbauwände integriert wurden. Und um keinen Raum durch Türflügel zu verschwenden, nutzten einige Wohnungskäufer zudem die Möglichkeit, Schiebetüren in die Trockenbaukonstruktionen einsetzen zu lassen, die im geöffneten Zustand in der Wand verschwinden. So wirken selbst großzügige Räume noch großzügiger.

 

Autor

Andreas Gabriel ist Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Knauf Gips KG in Iphofen.
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