Algen, Pilze und Flechten

Algen und Pilze sind natürlicher Bestandteil unseres Lebensraums. Verunreinigte Flächen durch diese „Lebewesen“ treten jedoch immer häufiger auf – vor allem an gedämmten Fassaden. Wir zeigen,  welche Möglichkeiten der Algen- und Pilzvermeidung es gibt.

Die Alge gehören zu den ältesten Lebewesen der Erde. Ursprünglich war ihr Lebensraum unter Wasser. Die Evolution bewirkte eine Steigerung zur Lebensfähigkeit in der freien Atmosphäre. Liegen günstige Bedingungen für eine Besiedelung vor, findet ein Bewuchs mit Algen auf nahezu allen Flächen statt. Mit der Eigenschaft als Selbstversorger wird dem Untergrund nur ein Feuchtepotential abverlangt. Algen benötigen Gleichgewichtsfeuchten von etwa 95 bis 98 Prozent auf den Oberflächen für eine Besiedelung.

Die starke Verbreitung der Algen in der Natur ist auf ihre Anspruchlosigkeit und Anpassungsfähigkeit zurück zu führen und erfolgt durch Sporenflug aus der Luft. Das erklärt auch den höheren Befall in Gebieten mit einer dichteren Bepflanzung. An Gebäudefassaden sind vor allem Grünalgen weit verbreitet. Rotalgen, die auch in Lebensmitteln als Zusatz verwendet werden, sind entgegen vieler andreslautender Meinungen nicht auf Fassadenflächen vorhanden. Deren Lebensraum ist tatsächlich eher unter Wasser zu finden. Werden rötliche Besiedlungen vorgefunden, handelt es sich meist um pigmentbildende Algen (zum Beispiel mit dem Farbstoff Carotin).

„Schmarotzer-Dasein“ von Pilzen

Pilze sind im Gegensatz zu Algen keine „Selbstversorger“ und benötigen einen Nährstoff im Untergrund. Pilze wachsen bereits bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 bis 85 Prozent. Als Nährstoffe dienen organische Verbindungen, die sie entweder aus dem Substrat/Untergrund oder aus Stäuben beziehen können. Algenbesiedelte Flächen bieten eine gute Grundlage für das Wachstum von Pilzen. Sie führen dann mit Hilfe der Algenstoffwechselprodukte eine Art „Schmarotzer-Dasein“.

Anpassungsfähige Flechten

Aus dem Zusammenwirken von Algen und Pilzen bilden sich die Flechten. Sie sind sehr anpasungsfähig und können bei Temperaturen von -50°C bis zu +80°C gedeihen. Flechten reagieren besonders empfindlich auf Schadgase in der Luft. Sie können sozusagen als Bioindikatoren für die Luftqualität verwendet werden. Ein Flechtenbewuchs ist ein Zeichen für eine gesunde Umwelt, was auch ihr vermehrtes Vorkommen in Waldgebieten erklärt.

Im Gegensatz zu einem Algenbefall, der keine schädigende Wirkung auf die Oberfläche ausübt, können Flechten sehr aggressiv sein und mineralische Oberflächen angreifen. Eine passende Bezeichnung hierfür ist die Biokorrosion.

Wie die Organismen an die Fassade kommen

Je nach Standort, Jahreszeit oder Witterung enthält jeder Kubikmeter Luft mindestens Hunderte bis weit über 100 000 mikroskopisch kleiner Pilzsporen, daneben Algen und Bakterien von der Größe weniger tausendstel Millimeter. Dieses „Aeroplankton“ wird durch Wind verbreitet und besiedelt unter günstigen Bedingungen nahezu alle Oberflächen. Feuchtigkeit bietet dafür die häufigste Grundlage.

An älteren Gebäuden zeigen sich Verschmutzungen durch Algen und Pilze überwiegend an den bewitterten Seiten. Ein Befall ist an nahezu allen Fassadenflächen erkennbar, egal ob Beton, mineralische Flächen oder Flächen mit organisch oder anorganisch gebundenen Farben. Ist die Feuchtekonzentration in einem genügenden Umfang und einem ausreichenden Zeitraum vorhanden, ist die Wahrscheinlichkeit einer Besiedelung entsprechend höher. Wo immer der Schlagregen die Fassade durchnässt, bilden sich zunächst einzelne Algen- oder Pilzkolonien. Nach einer Vermehrungsphase kann der Regen daraus Zellen ablösen, die sich weiter unten wieder anheften. Mit der Zeit entstehen an den Stellen, an denen das Wasser immer abläuft, die typischen „Ablaufspuren“.

Höher gedämmte Fassadenflächen neigen zur Bildung von Kondensationsfeuchte. Das ist auch der Grund, weshalb wärmegedämmte Fassadenflächen eher zur Verschmutzung durch Algen und Pilze neigen. Durch die thermische Entkoppelung vom Mauerwerk ist die Oberfläche unterkühlter. Eine dünne Putzschicht auf den Dämmplatten besitzt zudem eine geringere Wärmespeicherfähigkeit.

In der Nacht findet eine langwellige Abstrahlung der Wärme von der Oberfläche an die Umgebung statt. Wenn dabei von innen her nicht genügend Wärme nachgeliefert wird und die letzte Schicht zuwenig Wärmespeichervermögen besitzt, kühlt die Oberfläche unter die Taupunkttemperatur der Außenluft ab. Beim Unterschreiten des Taupunktes kondensiert Wasser an der Oberfläche, was besonders an Nordfassaden über mehrere Stunden verbleibt. Dieses Phänomen ist auch von Autoscheiben bekannt, die morgens einen Feuchteaufschlag ohne Regenbelastung zeigen. Wie aber kann man nun dem Befall begegnen?

Beispielsweise mit Dickputzsystem: Mit der Erhöhung der Putzdicke wird auch eine höhere Wärmespeicherfähigkeit der Putzlage erreicht. Dickputzsysteme bilden auf dem WDVS einen höheren Wärmespeicher und einen größeren Feuchtepuffer für anfallende Feuchtigkeit. In der Ausführung wird dabei auf die Dämmplatten eine Grundputz mit einer Dicke bis zu 16 mm aufgetragen. Die Folgearbeiten bilden dann den üblichen Aufbau mit Armierungs- und Deckputz.

Dübelabzeichnungen an Fassaden

Dübelabzeichnungen an der Fassade sind ein Beispiel dafür, wie nachgeleitete Wärme aus dem Mauerwerk eine Temperaturerhöhung und dadurch eine Verringerung der Feuchtekonzentration bewirkt. Obwohl der Temperaturunterschied zur Fläche in einem einstelligen Bereich sehr gering ist, ist dieser für ein schnelleres Trocknungsverhalten und für einen geringeren Befall ausreichend. Über den Dübelköpfen sind eine saubere Fläche und dadurch hellere Abzeichnungen vorhanden.

Moderne Bauweisen mit einem geringen Dachüberstand bewirken eine höhere Durchfeuchtung der Fassadenflächen durch die intensivere Regenbelastung. Hinzu kommt weiterhin, dass die langwellige Wärmeabstrahlung höher ist. Als Faustregel dient der Ansatz, dass eine Fassade, die den Himmel nicht sieht, ihre Energie nicht gegen den klaren Nachthimmel abstrahlt. Dadurch liegt eine verminderte Abkühlung der Oberfläche vor.

Zur Verhinderung von Dübelabzeichnungen bietet Baumit Klebeanker an. Mit diesen entstehen aufgrund der direkten Befestigung des Klebeankers im Mauerwerk keine Dübelabzeichnungen mehr. Denn der Klebeanker durchdringt nicht wie bei der Verdübelung den Dämmstoff, dieser bleibt „unversehrt“.

Nanopor-Prinzip

Ein weiterer Ansatz zur Vermeidung beziehungsweise verringerung von Algen und Pilzen an Fassaden ist die Minimierung des Oberflächenwassers. Durch das Nanopor-Prinzip wird durch hydrophile, wasseraufnehmende Eigenschaften die Feuchtigkeit von der Oberfläche in die untere Ebene des Putzes abgeführt. Im Putzquerschnitt liegt eine hydrophobe Ebene vor, die einen zu tiefen Feuchteeintrag verhindert.

Gewährleistungsansprüche für den Bauherrn

Laut Werkvertragsrecht schuldet der Handwerker dem Kunden einen Erfolg seiner Leistung, nach dem BGB über einen Gewährleistungsanspruch von fünf Jahren. Auf anfälligeren Flächen gegenüber einem Algenbefall, wie sie gedämmte Fassaden darstellen, kann unter ungünstigen Bedingungen eine Besiedelung innerhalb von fünf Jahren sichtbar werden. Dieses ist selbst dann der Fall, wenn die bestmöglichse technische Ausführung erfolgt ist. Ein bekanntes Phänomen sind Sockelflächen an der Nordfassade von Gebäuden, an welchen wegen schlechten Abtrocknungsverhalten ein Grünbefall schon im Folgejahr nach der Erstellung sichtbar sein kann. Es ist empfehlenswert, den Kunden über diesen Stand zu unterrichten – ein Hinweis über einen begrenzten Schutz vor einem Algenbefall sollte als Textbaustein in jedem Angebot enthalten sein. Einige Urteilssprüche haben Handwerksbetriebe für diesen Umstand bereits verantwortlich gemacht.

WDVS-Fassaden sind pflegebedürftiger

Vergleichbar mit einem Auto, bei dem ein notwendiger Inspektionsintervall wird ohne weiteres akzeptiert wird, sollte dieser Gedanke auch auf die Instandhaltung von Fassaden übertragen werden. Der Bundesverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz stellt einen Leitfaden als Beratungsinstrument beim Endverbraucher zur Verfügung. Darin ist angegeben: Dem Fachunternehmer ist zu empfehlen, Anleitungen für die Instandhaltung eines Werkes oder einzelner Bauteile, spätestens bei der Abnahme seiner Leistung, anzubieten.

Autor


Markus Haberland ist in der Anwendungstechnik bei der Firma Baumit in Bad Hindelang tätig.

16 mm Putz helfen auf dem WDVS gegen Algen und Pilze an der Fassade

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