Gewaschelt, nicht gerollt
Restaurierungen mit modernen Produkte in traditioneller Handwerkstechnik

Erwin Wiegerling erwirbt sanierungsbedürftige Häuser, um sie mit viel Liebe zum Detail zu restaurieren und anschließend zu verkaufen. Bei der Ausführung setzt er auf moderne Produkte, die aber oft durch traditionelle Handwerkstechniken verarbeitet werden – so auch bei der Restaurierung des Sonnenhofs in Bad Heilbrunn.

Die Kunst, den Charakter eines Bauwerks „zu lesen“, beherrscht Erwin Wiegerling aus dem Effeff. Der Unternehmer und Restaurator hat sich ganz und gar seiner Passion verschrieben, betagte Häuser zu erwerben und von Grund auf zu sanieren. Dabei erweist er sich als prinzipientreuer Fachmann, dem Detailgenauigkeit vor Schnelligkeit geht: „Qualitätsabstriche mache ich grundsätzlich nicht“, sagt der studierte Diplom-Betriebswirt, der sich als Restaurator und Gestalter vorzugsweise auf Dämmsysteme, Putze und Farben der Marke Alligator verlässt.

Die meisten älteren Gebäude, die Erwin Wiegerling kauft, müssen an die geänderten Lebensgewohnheiten und den gestiegenen Komfortbedarf erst einmal angepasst werden. Bei der Umplanung entsteht oftmals eine neue Raumaufteilung, die für zeitgemäße Nutzbarkeit der Wohnungen sorgt und dem ursprünglichen Charakter des Objekts dennoch entspricht.

Um an der Ausführungsqualität keine Abstriche machen zu müssen, bietet er seinen Kunden sein Können als Rundum-sorglos-Paket an und leistet von A bis Z komplett alles aus einer Hand.

Bayerisch-modern – Der Sonnenhof in Bad Heilbrunn

Beim Sonnenhof in Bad Heilbrunn handelt es sich um ein ehemaliges „Austragshaus“ mit einer mehr als 200 Jahre zurückreichenden Geschichte. 1964 wurde das Anwesen zur Pension umgebaut, bevor es 2012 von der Erwin Wiegerling RestaurierungsGmbH geräumt, entkernt, umgeplant und mit Alligator-Produkten komplett wiederhergestellt wurde. Schon im Herbst 2013 konnten die geräumigen Eigentumswohnungen fertiggestellt und den neuen Besitzern bezugsbereit übergeben werden.

Die Fassade des Sonnenhofs trägt seitdem ein „Allfatherm“ WDVS, dessen grau-weiße EPS-Dämmplatten mit dem besonders streiflichtunempfindlichen Alligator Rauputz beschichtet sind. Dieser neue Mantel schützt die Bewohner des traditionsreichen Anwesens ebenso effektiv vor Sommerhitze wie vor Raumwärmeverlusten im Winter. Innen sind alle Wände und Decken tadellos verputzt und in frischem Weiß getönt, der Fußboden mit Fliesen, Granit oder Holzdielen belegt. Jedes Detail wirkt an seinem Platz wie selbstverständlich.

Spezielle Handwerkstechniken

Seine außergewöhnlichen Resultate erzielt Erwin Wiegerling auch durch die Anwendung von Handwerkstechniken, die anderswo gänzlich unbekannt oder längst in Vergessenheit geraten sind. „Wascheln“ nennt er beispielsweise den Beschichtungsauftrag mit einer Kalkbürste. Auf den Wandoberflächen im Sonnenhof, die vor der Restaurierung starke Rissbildung aufwiesen, trug Wiegerling zunächst einen Alligator Leichtspachtel mit Spachtelvlies-Einbettung auf. Als Anstrich folgte die Grundierfarbe WP des Herstellers, die zweimal mit der Kalkbürste auf Decken und Wände „gewaschelt“ wurde, was ein effektvolles Licht- und Schattenspiel zur Folge hat.

Man muss sich Mühe geben

Der behutsamen Remodellierung vielfach übersehener Formen und Strukturen gilt Erwin Wiegerlings besondere Aufmerksamkeit. In der handwerklichen Aufarbeitung historischer Oberflächen, überdeckter Farben und verkannter Ornamente liegt eine seiner Stärken. So ist es schon typisch für Wiegerling-Objekte, dass der restaurierte Ausschnitt einer historischen Schablonenmalerei, ein uralter Balken oder ein sonstiges Stück Vergangenheit auf einer Wand erhalten bleibt. Zur Erinnerung an die Entstehungszeit des Hauses und an das, was damals als schön empfunden wurde. Die restaurierte Reminiszenz bildet an ihrem ursprünglichen Platz einen erkennbar gewollten Kontrast zur ansonsten vollkommen ebenmäßigen Fläche: „Wir machen grundsätzlich nur Q3- beziehungsweise Q4-Oberflächen. Ich mag das hügelige Auf und Ab unter Tapeten nicht, denen man schon von weitem ansieht, dass sie nur Risse und Putzablösungen kaschieren sollen. Der Untergrund einer Beschichtung ist das A und O. Da muss man sich Mühe geben, das Material muss zur historischen Bausubstanz passen. Wenn’s nicht auf Anhieb funktioniert, muss man sich die Zeit nehmen und mit verschiedenen Materialien experimentieren, muss analysieren – immer mit Sachverstand, ästhetischem Gespür und Augenmaß für Proportionen“, erläutert Erwin Wiegerling. Bei seiner Arbeit, die neben handwerklichem Können ein breites Wissen über Bauphysik und Bauchemie erfordert, kann er sich auf den Rat von Alligator-Fachberater Gerald Schneider verlassen. Der kümmert sich um die Bemusterung und ist persönlich zur Stelle, damit alles auf der Baustelle reibungslos läuft.

Autor

Achim Zielke M.A. ist Baufachjournalist in Bad Honnef und arbeitet unter anderem für die Alligator Farbwerke.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 1-2/2022

Fassaden-Restaurierung eines Geschäftshauses in Minden mit mineralischen Produkten von Alligator

Sogar an der schönsten Fassade nagt über kurz oder lang der Zahn der Zeit: So auch an einem mehr als hundert Jahre alten Wohn- und Geschäftsgebäude im ostwestfälischen Minden, das 1903 als...

mehr

Fortbildungskurs zum Restaurator im Handwerk startet in München

Bereits zum zweiten Mal seit der Neuorganisation der Fortbildungsordnung beginnt im Oktober 2023 eine Fortbildung zum Restaurator und zur Restauratorin im Handwerk in München. Am 15. Dezember 2021...

mehr
Ausgabe 11/2012

Verband Restaurator im Handwerk e.V.

Die Eingangsvoraussetzung für die Ausbildung zum Restaurator im Handwerk ist der Meisterbrief im jeweiligen Gewerk. Je nach Ausbildungsstätte dauert die Ausbildung dann ein bis anderthalb Jahre....

mehr
Ausgabe 09/2009

Einprägsam  Wiederentdeckt: Stempelstuck als alte Handwerkstechnik

Dass Stempelstuck eine alte Technik des Stuckateurhandwerks ist, beweist die Stadt Höxter: Dort gibt es eindrucksvolle Beispiele von Stempelstuck, auch Press- oder Modelstuck genannt, aus der...

mehr
Ausgabe 1-2/2021

Restaurierung einer Doppelhaushälfte von Adolf Loos in der Wiener Werkbundsiedlung

Eine der nach Pl?nen der Architekten Adolf Loos und Heinrich Kulka zu Beginn der 1930er Jahr errichteten Doppelhaush?lften der Wiener Werkbundsiedlung, das Geb?ude mit der Hausnummer 15, wurde jetzt – wie die gesamte Siedlung – vom Architekturb?ro p.good

Maßstäbliche Pläne Maßstäbliche Pläne finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Zeitschrift bauhandwerk Hier geht es zum Heft -> Oder entscheiden Sie sich gleich für ein Abonnement->...

mehr