Ohne Hemmschwelle

Lediglich ein Prozent der Wohnungen in Deutschland gilt derzeit als barrierefrei; dies ergab eine Studie des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). Im Hinblick auf die demographische Entwicklung müssten bis zum Jahr 2020 rund 800 000 Wohnungen altersgerecht saniert werden.

Dass die ersten dieser Sanierungsprojekte bereits in Gang gekommen sind, zeigt ein Beispiel aus Berlin. Hier wurden in 500 Mietwohnungen aus DDR-Zeiten schwellenlose Türdurchgänge entsprechend der DIN 18 040 eingebaut. Beim Berliner Projekt kam dazu ein spezielles System der Alumat Frey GmbH zum Einsatz: Dabei handelt es sich um eine Nullschwelle, die sowohl bei Haus- als auch bei Terrassen- und Balkontüren zur Anwendung kommt.

Die Anregung dazu gaben Mieter, die altersbedingt oder aufgrund von körperlichen Behinderungen Probleme mit den alten Türschwellen hatten und deshalb an die Hausverwaltung und Genossenschaften herangetreten waren, erklärt Marcel Wernicke von der Wernicke & Schroeder GmbH, die die Montagearbeiten in den 500 Plattenbauwohnungen vornahm. Damit die Mieter auch im Alter ihre Wohnungen noch in vollem Umfang nutzen können, sollten innen und an den Ausgängen zu den Balkonen barrierefreie Türdurchgänge entstehen. Auch die Wohnungsbaugenossenschaften hatten großes Interesse daran, eine Lösung zu finden, um die Bewohner zu halten. Auf Vorschlag von Wernicke & Schroeder wurde beschlossen, das schwellenlose Alumat-System einzubauen. „Das System ist absolut barrierefrei, ohne jegliche Kanten oder sons-
tige Stolperfallen“, begründet Marcel Wernicke die Entscheidung.

Magnetsystem erfüllt neueste DIN-Standards
des barrierefreien Wohnens

Das Alumat-System wurde gemäß der seit September 2011 geltenden, neu formulierten DIN-Richtlinie 18 040 konzipiert. Zuvor galten als barrierefreie Türschwellen alle Durchgänge, die eine Höhe von 2 cm nicht überschreiten. Die Novellierung besagt nun, dass untere Türanschläge und -schwellen nicht mehr zulässig sind. In Ausnahmefällen, wenn die Anschläge und Schwellen technisch unabdingbar sind, sind sie gemäß DIN 18 040 bis zur Höhe von 2 cm weiterhin erlaubt.

Die Nullschwelle von Alumat ist dank einer Magnetdoppeldichtung möglich: Hier werden in einem Alu-Bodenprofil zwei frei liegende Permanentmagnete und an der Unterseite der Tür zwei entsprechende Gegenstücke installiert. Ist die Tür geschlossen, werden die Bodenmagnete nach oben gezogen und schließen somit den Spalt auch ohne Schwelle komplett ab. Wird sie geöffnet, werden die Magnete wieder getrennt und fallen ins Bodenprofil zurück.

Geeignet ist das System sowohl für Innen- als auch für Außentüren, unabhängig davon, ob als Material Holz, Kunststoff oder Aluminium verwendet wird. Um zu verhindern, dass Feuchtigkeit nach innen gelangt (zum Beispiel bei Balkontüren) werden die Laufschienen mit der thermisch getrennten Magnetdoppeldichtung und einem integrierten Wasserablauf nach außen entwässert. Die verstellbare Silikon-Schleifdichtung im Wetterschenkel sorgt dafür, dass Schmutzablagerungen nicht die Magnetfunktion beeinträchtigen. Grober Schmutz wird beim Schließen der Tür nach außen abgestreift. Eine Dichtung aus EPDM-Material unter der Innenseite der Tür hält Zugluft ab. Mit Hilfe dieser Technik werden sowohl die Normen für höchste Beanspruchung von Schlagregen bis 100 m Geschosshöhe als auch diejenigen im Bereich der Luftdurchlässigkeit erfüllt.

Türsystemaustausch innerhalb eines Tages

In Altbauten kann das System nachträglich eingebaut werden – so wie beim Berliner Projekt. Dort waren zunächst einmal Betonschneidearbeiten erforderlich. Hierfür arbeitete Wernicke eng mit der PKS GmbH zusammen, die die Montage der neuen Türen vorbereitete. Die Demontage der alten Balkontür und die vollständige Demontage der Balkonschwelle war die Voraussetzung für den taggleichen Einbau des neuen, nun bodentiefen Balkontürelements. Im Zuge dieser Arbeiten wurden zugleich die Türdurchgänge von den alten TGL-Maßen auf die neuen DIN-Vorgaben verbreitert, um sie beispielsweise für Rollstuhlfahrer passend zu gestalten. Dafür wendet PKS eine spezielle Technologie an, die eine geringe Schmutz- und Staub-
entwicklung gewährleistet und die schnelle sowie präzise Ausführung aller Arbeiten in bewohntem Zustand ermöglicht. So dauerte der Einbau der Türen einer ganzen Wohnung inklusive dieser Vorarbeiten nur etwa acht Stunden.

 

Autorin

Melanie Mörtlbauer, M.A., studierte Germanistik und Kunstgeschichte. Seit 2010 ist sie Redakteurin in München mit den Schwerpunkten Bauwesen und Architektur.

500 Plattenbauwohnungen mit altersgerechten schwellenlosen Türdurchgängen nachgerüstet

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