Qualitätssicherung auf der
Baustelle 2.0

Vor 20 Jahren erschien der letzte Bauschadensbericht der Bundesregierung. In diesem Zeitraum hat sich das Bauen sehr verändert. Normen, Regelun­gen, Rahmen- und Förderbedingungen verlangen komplexeres Vorgehen bei der Planung und größere Sorgfalt in der Ausführung. Alarmierend ist eine aktuelle Studie von Bauherren-Schutzbund, Berufshaft­pflicht AIA AG und Institut für Bauforschung Hannover zu Bauschäden: Im privaten Hausbau hat sich die Schadenssumme von durchschnittlich 33 000 Euro im Jahr 2002 auf 67 000 Euro im Jahr 2013 verdoppelt. Wir haben uns mit Clemens Kuhlemann, Geschäftsführer der Deutschen Poroton, darüber unterhalten.

Herr Kuhlemann, wie bewerten Sie die Studie und die Ergebnisse?

Der Studie zugrunde liegen 4800 Berufshaft­pflichtschäden mit einer Gesamtschadenssumme von etwa 215 Millionen Euro. Die Schadensquote beläuft sich in der Planung auf 21, in der Bauleitung auf 25 und in der Ausführung auf sage und schreibe 45 Prozent.  3 Prozent werden mit unvorhergesehenen Ereignissen angegeben, und Materialfehler schlagen mit 6 Prozent zu Buche. Nur 9 Prozent sind also nicht von Menschen gemacht. Die Verdoppelung der Schadenssumme und zweistellige Prozentzahlen in den einzelnen Schadensbereichen hätte ich so nicht erwartet.

Welche Gründe sehen Sie dafür?

Die Tücken der Komplexität in Planung und Ausführung schlagen sich nieder, zum Beispiel in Mängeln beim Wärme- und Schallschutz, Feuchte-schäden oder unzureichender Luftdichtigkeit. Zum Einen liegt das an Kommunikationsdefiziten – in der Planungsphase wie in der Ausführung. Die Gewerke müssen in der Abfolge der Arbeiten besser aufeinander abgestimmt und durch den Bauleiter kontrolliert werden. Zum Anderen spielen auch Qualifizierung und Kostendruck eine große Rolle. Noch dazu, wenn beispielsweise Teams aus vielen Nachbarländern auf unseren Baustellen tätig sind.

Welche Unterstützung geben Sie Ihren Marktpartnern?

Erstens durch die einfache und monolithische Konstruktion aus Ziegeln, die Anforderungen an Statik, Wärme-, Brand- und erhöhten Schallschutz erfüllen. Zweitens durch unsere neuen Planungstools für integrale Gebäudeplanung. Gerade im Mehrgeschossbau sind die Anforderungen in den Bereichen Wärme- und Schallschutz hoch und die Planung sehr aufwendig. Wählt der Nutzer zum Beispiel den Poroton-S10-P, werden unter anderem Wärmeleit­fähigkeit und Druckfestigkeitsklasse sofort optisch und funktional in die Planung integriert. Und drittens durch Beratung und Qualifizierung. Mehr als 3000 Fachleute haben die Mauerwerkstage beziehungsweise Mauerwerkskongresse genutzt, um sich über die EnEV, das EEWärmeG oder die KfW-Förderung auszutauschen. Der Zuspruch zeigt, dass diese Foren seit 20 Jahren hochqualifiziertes und aktuelles Wissen bieten. Planer, Architekten und Bauunternehmer lassen die erworbenen Informationen in die tägliche Arbeit einfließen, ergänzt durch Beratung auf der Baustelle und Schulung. Hier engagiert sich auch die Industrie. Ein vierter Aspekt ist die eigene Qualitätskontrolle. Alle Erzeugnisse werden in den Werken einer kontinuierlichen Eigenkontrolle unterzogen, um die notwendige Qualität zu sichern. Im Poroton-Forschungszentrum Zeilarn arbeiten wir an der Weiterentwicklunge unserer Produkte wie auch an technologischen Prozessen, um Qualitätssicherung und Produkt­innovation voranzutreiben.

Kehren wir wieder auf die Baustelle zurück. Welche weiteren Potenziale gibt es, um Bauschäden zu vermeiden?

Ich sehe in der Vereinheitlichung der Produktkennzeichnung eine wichtige Aufgabe. Der Gesetzgeber drängt darüber hinaus auf die Vermeidung von Wärmebrücken, zum Beispiel bei der Einbindung von Fenstern, Türen oder Balkonen. Hier könnten Fotos und Grafiken auf Folien oder Verpackungen helfen, Verständigungsprobleme bei den Handwerkern auf der Baustelle zu vermeiden. Ikea macht es vor. Bauberater sind ja nicht immer zur Stelle, wenn ein Problem ansteht. Hilfreich sind einfache Filme für Handy oder Laptop, die bereits zum Baustellenalltag gehören. Lernen können wir in diesem Fall zum Beispiel auch von der Haustechnikbranche: Die Anbieter fangen an, Weichen für digitale Unterstützung vor Ort zu stellen. Fotos oder Handyfilme werden innerhalb weniger Sekunden in die Servicezentren geschickt, um sich auszutauschen. Was hindert uns, diese Entwicklung auch für den Roh- oder Ausbau voranzutreiben?

Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund das Building Information Modeling BIM, das insbesondere im Handwerk noch weitgehen unbekannt ist?

Building Information Modeling (BIM) ist im Moment noch Zukunftsmusik und aus unserer Sicht zunächst etwas für Großprojekte wie Flughäfen oder Industriebauten. Die Notwendigkeit verdeutlichen die vorhandenen Negativbeispiele. Unsere Planungstools sind zugeschnitten auf den Einfamilien-, Doppel- und Reihenhaus- beziehungsweise den Objektbau – also einzelne Mehrgeschosser – sowie den Nichtwohnbau wie Kitas oder Schulen. Facility Management spielt dabei momentan kaum eine Rolle. Die Deutsche Poroton geht hier maßgeblich und offensiv voran und gibt Profis komfortable und sichere Instrumente an die Hand. Damit lassen sich nicht nur Bauphysik und Kostentransparenz komplett abbilden, sondern gleichzeitig Grundrisse, Schnitte und Ansichten bis zum Energieausweis erzeugen. Das bringt unseren Kunden Zeitersparnis, Sicherheit und Qualität.

Herr Kuhlemann, vielen Dank für das Gespräch.

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