Risssanierung bei Estrichuntergründen in Abhängigkeit von Rissart und Fußbodenart

Gerissene Estrichuntergründe bilden keine sichere und dauerhafte Grundlage für die Verlegung von Fußbodenbelägen. Mit Hilfe von Harzen lassen sich Risse und Scheinfugen dauerhaft und kraftschlüssig verschließen. Je nach Schadensbild kommen dabei verschiedene Methoden zum Einsatz.

Risse in Estrich- und Betonuntergründen entstehen, wenn durch Eigenspannung oder durch äußere Einflüsse auftretende Zugspannungen die Zugfestigkeit des Materials erreicht wird. In vielen Fällen entstehen Risse durch gleichzeitig auftretende Ursachen, wie durch übermäßiges Schwinden bei der Trocknung und Aushärtung, mechanische oder thermische Belastung und Umwelteinflüsse. So genannte Scheinfugen helfen, diesen Vorgang zu kontrollieren, indem sie während des Erhärtungsprozesses eine Sollbruchstelle erzeugen, ohne das Bauteil vollständig zu durchtrennen. Hierzu wird der Estrich nach der Verlegung eingeschnitten. Diese Scheinfugen werden beim Aufbringen des Bodenbelags gemäß DIN 18 560 Estriche im Bauwesen wieder kraftschlüssig mit Kunstharz verschlossen.

Ursachen abstellen

Bevor mit der Risssanierung begonnen wird, sollte nach Möglichkeit die Ursache der Rissbildung identifiziert und beseitigt werden. Sonst können nach der Sanierung neue Risse auftreten und neue Schäden verursachen. In der Praxis ist dies häufig nicht zweifelsfrei zu klären. Es können drei Erscheinungsformen von Rissen unterschieden werden:

Haarrisse (Krakeleerisse) sind Oberflächenrisse mit geringer Tiefe und Breite. Sie treten meist bei Trocknungsprozessen auf, beeinträchtigen die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit der Estriche nicht und stellen daher in der Regel keinen Mangel dar.

Netzrisse haben eine größere Rissbreite und -tiefe als Haarrisse. Bei Verbundestrichen können diese Risse bis auf den Untergrund (Verbundzone) reichen und sich gegebenenfalls im Laufe der Zeit aufweiten.

Trennrisse teilen die Estrichplatte und treten sowohl bei Verbundestrichen als auch bei schwimmenden Konstruktionen auf. Diese Risse verlaufen in der Regel gerichtet

Die richtigen Voraussetzungen

Um eine Rissbeseitigung einwandfrei durchführen zu können, müssen die Untergründe ausreichend tragfähig, staubfrei, trocken, öl- und fettfrei, formbeständig und frei von haftungsmindernden Stoffen sein. Der Estrich sollte trocken und der Schwindvorgang weitestgehend abgeschlossen sein. Weitere Voraussetzung für eine erfolgreiche Rissbeseitigung ist eine ausreichend dicke Estrichschicht sowie eine entsprechend hohe Estrichgüte. Außerdem muss die Estrichplatte ausreichend tragfähig sein.

Risse sanieren

Alle Arten von Rissen werden durch Vergießen mit Kunstharz saniert. Es empfiehlt sich der Einsatz eines niedrigviskosen, sehr fließfähigen Kunstharzes. So wird sichergestellt, dass die Rissflanken komplett bedeckt werden und auch feine Risse vollständig verfüllt werden. Bei Bedarf müssen Vertiefungen entsprechend nachverfüllt werden.

Es gibt verschiedene Arten von Kunstharzen, die diese Voraussetzungen erfüllen, wie Epoxidharz oder Silikatharz. Saint-Gobain Weber bietet beispielsweise das leicht und schnell zu verarbeitende „weber.floor Blitzharz easy“ an. Das polymermodifizierte System besteht aus zwei Komponenten, die jeweils in 0,3-Liter-Gebinden geliefert werden. Das macht die Verarbeitung auf der Baustelle doppelt einfach: Statt Anrühren mit Rührpaddel in einem Behälter, werden die Komponenten im Verhältnis 1:1 durch kräftiges Schütteln vermengt, bis eine homogene Flüssigkeit entsteht. Die verhältnismäßig kleine Menge lässt sich direkt komfortabel aus der Mischflasche vergießen.

Alternative Variante: Einschneiden und Klammern

Eine weitere praxistaugliche Variante zum kraftschlüssigen Verschluss von Rissen ist das Klammern und Vergießen. Hierbei werden zunächst die Risse aufgeschnitten und verbreitert. Anschließend wird der Untergrund quer zum Riss im Abstand von 20 bis 25 cm eingeschnitten. Die Schnitttiefe sollte dabei etwa der halben Estrichdicke entsprechen, mindestens jedoch einem Drittel der Estrichdicke. Nachdem die Oberfläche und die Schnitte mit öl- und wasserfreier Druckluft gründlich von Staub und anderen haftungsmindernden Bestandteilen befreit wurden, werden Rissfixierungsklammern in die Querkanäle eingesetzt. Gegebenenfalls muss mit dem Hammer leicht nachgesetzt werden. Es ermöglicht insbesondere bei größeren Rissen einen kraftschlüssigen Verbund der Estrichplatten. Saint-Gobain Weber liefert beispielsweise das „weber.floor Blitzharz easy“ bereits mit entsprechenden Estrichklammern aus. Abschließend wird der Riss im Gießverfahren ausgegossen, bis die Rissflanken und die Flanken der Klammern benetzt sind.

Oberflächen-Finish mit Quarzsand

Sind alle Risse verfüllt, wird das überschüssige Harz auf der Oberfläche mit einem Spachtel abgezogen. Zur Haftvermittlung für nachfolgende Schichten streut man getrockneten Quarzsand im Überschuss auf die noch klebrige Harzschicht. Nach vollständiger Aushärtung wird der lose, überschüssige Sand restlos entfernt. Falls nötig, können die ausgebesserten Estrichflächen mit einer Spachtelmasse ausgeglichen werden, bevor der Bodenbelag verlegt wird.

Feinspachtel für kleine Ausbrüche

Weist der Boden statt Rissen Löcher, Ausbrüche oder kleine Unebenheiten auf, empfiehlt es sich, diese mit einem Feinspachtel, wie zum Beispiel „weber.floor 4046 Feinspachtel Ultra“ auszugleichen. Die zementgebundene, polymermodifizierte Bodenausgleichsmasse ist für die kleinflächige Anwendung bei Löchern von bis zu 3-4 cm Tiefe und Breite vorgesehen und wird mit einer Glättkelle aufgespachtelt und geglättet. In der Regel ist das Material bereits nach etwa 10 bis 30 Minuten ausgehärtet.

Fazit

Vor der Verlegung von Fußbodenbelägen müssen Risse und Scheinfugen mit Reaktionsharz kraftschlüssig verschlossen werden. Dabei muss beachtet werden, dass ein niedrigviskoses Reaktionsharz verwendet wird, denn dieses dringt auch in schmale Risse ein und verbindet die Rissflanken kraftschlüssig und vollflächig.

Autor

Maurice Bonfrere arbeitet als Produktmanager Bodensysteme bei der Saint-Gobain Weber GmbH in Düsseldorf.

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