Schallschutzanforderungen der VDI 4100

Eine unzureichende Betrachtung der Bauakustik ist häufig Anlass für Mängelanzeigen, Gerichtsprozesse und finanzielle Nachbelastungen. Oft zählen hier hörbarer Tritt- oder Luftschall zu den bauakustischen Mängeln. Auch in nächster Zeit wird man allerdings nicht mit einer Evaluierung der geltenden DIN 4109 rechnen können.

Während in der DIN 4109  „Schallschutz im Hochbau“  in der Fassung von 1989 nur die baurechtlichen Mindestanforderungen an den Schutz vor Lärm festgeschrieben sind, stellt die VDI-Richtlinie 4100 auch höhere Anforderungen an den Schallschutz. Eine Evaluierung der DIN 4109 in der derzeitigen Fassung, wird möglicherweise erst 2016 zu erwarteten sein, hieß es beim Expertengespräch „Die neue  VDI 4100:2012 – Rahmenbedingungen und Handhabung“ im Januar in Berlin. Demnach werden in der zu erwartenden Fassung weiterhin nur Mindestanforderungen an baulichen Schallschutz gelten und die VDI-Richtlinie künftig für einen erhöhten Schallschutz stehen. In der Diskussion zur Angleichung der Normen stehen neben anderen Aspekten zur Entwicklung der Rahmenbedingungen beispielsweise  nachhallbezogene Bewertungsmethoden (DnTW  für den Luftschallschutz, L`nTw für den Trittschallschutz, LAFmax,nT für den maximalen Standard-Schalldruckpegel) sowie weitere Abstimmungen der Schallschutzstufen.

Für das ausführende Handwerk im Trockenbau, für Hersteller, Investoren und Bauherren kann somit noch immer keine Entwarnung gegeben werden. Die Einhaltung der Mindestqualitätsanforderung für Luftschalldämmung für Gebäude (Decke und Wände) wird somit auch künftig kein Garant für ein mangelfreies Werk als Basis bilden.

Ursachen für Mängel im Schallschutz

Die Ursachen können hier vielfältig sein, zeigen aber wie komplex das Thema „Schallschutz“ geworden ist. Die Verwendung neuer Materialien ermöglicht heute gänzlich andere Aufbauten und Konstruktionsmöglichkeiten für Wand und Decke. Da Stimmengeräusche per Luftschall übertragen werden, kann eine Übertragung über Hohlräume oder Installationsschächte stattfinden. Oftmals werden auch Installationsgeräusche als störend empfunden. „Hier kommt es besonders auf eine fachgerechte Ausführung aller Gewerke sowie schallschutztechnischer Arbeiten an. Um Baumängel, die teilweise erst viel später auftreten können, zu vermeiden, sollte daher – je nach Gebäudenutzung – der Bauakustik mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. In zahlreichen Beratungsgesprächen mit Architekten zeigen sich heute zunehmende Schwachstellen. Gut geplant, scheitert die fachgerechte Ausführung in der Praxis jedoch oftmals an den gewerkeübergreifenden Schnittstellen“, erklärt Jens Wesner, Geschäftsführer der Berliner RWP Beratende Ingenieure für Bauphysik GmbH.

Schallschutz in der Praxis

Bodengleiche Duschwannen gehören mittlerweile genauso zum Standard wie freie Wandelemente und daran befestigte WCs. Hier, wie auch bei moderner Raumgestaltung von Küchen, sind neue Konzepte der Körperschallentkopplung gefordert um unerwünschte Geräusche zu unterbinden.

In vielen Regionen stehen neben der Altbausanierung auch zahlreiche Dachsanierungen mit besonderen Herausforderungen an die Bauakustik im Mittelpunkt. Damit freie Raumaufteilungen mit einer fehlerfreien Bauakustik gestaltet werden können, versprechen verschiedene Hersteller durch neue Materialkombinationen heute bereits erreichbare Schallschutzwerte für verbesserten Schallschutz.

„Unberücksichtigte Schallübertragungswege (Schallnebenwege) zeigen bauakustische Fehler in der handwerklichen Ausführung und Planung auf“, bestätigt Ulf Albert, Bausachverständiger für Schallschutz von der Hamburger Schallfresser GmbH. „Die Schallübertragungen erstrecken sich über Decke, Boden und Wand. Der Tritt- und der Körperschall verteilt sich über die Flanken (Wände) und Haustechnik, wie Wasser-Abwasserleitungen. Hier stellen wir uns den Marktanforderungen und haben mit der Entwicklung unserer schalldämmenden Wand-Boden und Deckenplatten der Silencium Produktfamilie eine Lösung am Markt, deren Schalldämmwerte durch die  MFPA, Gesellschaft für Materialforschung und Prüfungsanstalt für das Bauwesen Leipzig mbH, geprüft wurden und vielseitige Anwendungen für Wand, Boden, Decke und Dach ermöglichen. Die strengeren Werte nach der VDI-4100 Schallschutzstufe II für einen erhöhten Schallschutz können so mit geringem Aufwand erreicht werden“, führt Albert weiter aus.

Der Plattenzuschnitt mit einer Kreissäge ist schneller und einfacher in der Handhabung und verkürzt so die Zeit auf der Baustelle. Die hohe Dämmleistung der Platte ermöglicht einen geringeren Schichtaufbau gegenüber bisher eingesetzten Materialien und spart so mögliche Nebenarbeiten durch notwendiges Abgraben des Untergrundes.

Vom Zellstoff zum Dämmstoff

Ein zellstoffbasiertes Verbundelement für Innen- und Außendämmung kommt von Betz Holzbau aus Kalbach. In einem vom BMWI geförderten Projekt im Rahmen des zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM), wurde ein neuartiges und vollständig wieder verwertbares Baumaterial aus erneuerbaren Rohstoffen entwickelt. Das Zellstoff-Verbundelement besteht zu 100 Prozent aus Zellulose mit definierten eingelagerten Luftkammern – aus mindestens drei oder mehr Lagen gewellter Zellulose entsprechend den Auflagen des Clean Air Act (CAA) der U.S. Environmental Protection Agency. Jede einzelne Lage besteht aus mehreren, geraden, wellenförmig angelegten Kartonlagen, die in Längs-, Quer-Richtung oder die sternförmig miteinander verklebt werden. Hierdurch können beliebige Materialdicken erreicht werden. Die Materialstabilität kann durch Verdichtung oder mithilfe der Einbringung von zusätzlichen Holzlagen beliebig eingestellt werden. Das Verbundelement kann zudem mit allen gängigen Baumaterialien wie Holzplatten, Gipsplatten, zementhaltigen Verbundstoffen und weiteren beschichtet- oder abgedeckt und verbunden werden. Für die Verbindung der einzelnen Materialschichten werden Auszüge aus Kartoffelstärke oder Wasserglas als Klebstoff genutzt.

Siegel für mehr Ruhe

Die unzureichende Auslegung des Schallschutzes lässt zunehmend auch private Initiativen reagieren. In einem Schallschutzausweis, entwickelt von Bau- und Raumakustikern der DEGA (Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V.), werden beispielsweise einheitliche Kriterien im baulichen Schallschutz als ein von der Gebäudeart unabhängiges Anforderungs- und Bewertungssystem für Neu- und Altbau festgeschrieben.

Mit Gründung des Vereins zur Förderung der Nachhaltigkeit im Wohnungsbau (NaWoh), bestehend aus verschiedenen Verbänden der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, wurden ebenfalls Qualitätskriterien für einen Siegel erfasst. Mit dem Ziel, die Qualität neu errichteter Wohngebäude zu steigern, die Transparenz beim Bauen in Bezug auf Nachhaltigkeit zu fördern und einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten, sollen Bauherren auf der Grundlage eines entwickelten Bewertungssystems eine Zertifizierung ihres Neubaus durchführen können. Neben anderen Kriterien wie Energieeffizienz wird dabei auch ein Schallschutznachweis für Luft-und Trittschall gefordert.

Bei der Ausführung kommt es sehr darauf an, dass alle schallschutztechnischen Anforderungen berücksichtig werden

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