Schnelle Montage, leistungsfähige Statik
Erweiterung der Einhardschule in Seligenstadt um einen Pavillion

Schulen und Kindergärten werden immer öfters aus Holz gebaut. Aus gutem Grund, denn Holz wirkt sich positiv auf das Lern- und Konzentrationsverhalten aus. Bei der Modernisierung einer Schule entschieden sich die Planer für sichtbare Oberflächen. Der Bau unterschreitet die geforderten Werte der EnEV 2009 beträchtlich.

Der in den 1970er Jahren gebauten Einhardschule in Seligenstadt fehlten Klassenräume für die inzwischen auf 1400 Kinder gewachsene Schülerzahl. Dieser Platzbedarf sollte in einem Erweiterungsbau untergebracht werden, der in Fertigbauweise während des laufenden Schulbetriebes zu realisieren war. Das Raumprogramm umfasst neben sechs Klassenzimmern einen Lehrerstützpunkt sowie Putz- und Sanitärräume. In einem kubischen 8 m hohen, 19,5 x 25,5m messenden Neubau mit flachem Gründach entstanden auf zwei Etagen 420 m² zusätzliche Nutzfläche für die Schule. Die Realisierung wurde über den Mannheimer Generalunternehmer G+H Kühllager und Industriebau schlüsselfertig ausgeschrieben. Von Beginn an war die Erfüllung des EEWärmeG durch eine mindestens 15-prozentige Unterschreitung der EnEV 2009 gefordert, ebenso die Ausführung des Fertigbaus in Holzbauweise mit sichtbar bleibenden Oberflächen an Treppenhaus- und Rückwänden der Klassenräume und in weiten Bereichen der Deckenuntersichten.

 

Kurze Bauzeit, angenehme Optik und Haptik

„Der Holzbau war von vorneherein geplant, der wichtigste Grund hierfür war die kurze Bauzeit“, sagt Projektarchitekt René Fox vom Architekturbüro eurich.lucas + partner. Zudem hätten die sichtbar belassene Holzoberfläche an den Treppenhauswänden den Vorteil der robusten Oberfläche. Die Wände sind aus Brettsperrholzelementen hergestellt und haben eine angenehme Optik und Haptik. „Schrammen und Kratzer treten nicht so in den Vordergrund, gerade in einem Schulbau ist das wichtig“, so der Architekt.

Sichtbar belassene Holzoberflächen im Treppenhaus eines öffentlichen Gebäudes? Was irritierend klingt, verleiht dem Bau doch einen ganz besonderen Charakter. Natürlich hatte der Erweiterungsbau alle gängigen Vorschriften an den Brand- und Schallschutz zu erfüllen. Aufgrund eines gut erreichbaren zweiten Fluchtweges in Form einer Außentreppe ließ ein Sonderbrandschutzkonzept das innere Treppenhaus in F30-B Bauweise und damit aus strapazierfähigen Massivholzwänden in Sichtqualität zu.

Der Generalunternehmer G + H entschied sich für zwei Holzbausysteme von Metsä Wood (früher Finnforest). Leno-Brettsperrholz 135 mm für Innen- und Außenwände und weitgespannte Kerto-Ripa-Elemente für die Decke und das Dach.

 

Individuelle Größen werden montagefertig hergestellt

Leno-Brettsperrholz wird projektbezogen individuell hergestellt und montagefertig vorgefertigt. Kreuzweise im Vakuumverfahren verklebte Fichtenholzlamellen bilden Massivholzelemente, die in Plattendicken von 50 bis 300 mm und Abmessungen bis zu 4,8 x 20 m verfügbar sind. Verschiedene Sicht- und Sonderoberflächen sind möglich. Bei der Einhardschule kamen Wandelemente mit 135 mm zum Einsatz. Für die Klassenraumtrennwände erreicht die Massivholzwand mit Vorsatzschale den nach DIN 4109 geforderten Schalldämm-Wert von Rw = 52 dB.

 

Deckenelemente für unterschiedliche Anforderungen

Die Ripa-Elemente sind als Hohlkastenelemente konstruiert und verschieden ausgeführt. Verkleidete Bereiche wechseln sich mit sichtbar belassenen Deckenunterseiten und mit gelochten Bereichen ab (Akustik). Die Schallschutzanforderungen für die Geschoßdecke liegen bei Rw = 75 dB und einem Trittschalldämm-Maß von Lnw = 40 dB.

Die Ripa-Elemente werden aus Kerto-Furnierschichtholz hergestellt, das aus einzelnen 3 mm dicken Fichten-Schälfurnieren aufgebaut ist. Je nach Typ werden die Furnierlagen faserparallel (Kerto-S) oder mit einigen um 90° gedrehten Querlagen (Kerto-Q) verklebt. Standardplattenbreiten von Kerto sind 1,82 m breit und bis 23 m lang, oder 2,50 m breit und bis 20 m lang. Ripa-Elemente sind als Rippen-/ π-Platten- oder Hohlkastenelement hergestellt aus Kerto-S Rippen und Kerto-Q Decklagen, wobei die Materialstärke jeweils den statischen Erfordernissen entspricht. Die großformatigen Bauteile erreichen wirtschaftlich Spannweiten bis zu 15 m und werden dank ihrer Scheibenwirkung oft zur Aussteifung des Gebäudes herangezogen. Durch die projektbezogene Herstellung sind unterschiedliche Oberflächengestaltungen unter anderem auch mit Akustikprofilierung wählbar.


Aufbau der Deckenelemente

Die Decken der Schulerweiterung spannen über 8,20 m. Nach statischen Anforderungen werden für die 342 m² Geschoßdecke großformatige Kerto-Ripa Elemente mit werkseitig eingebrachter Kalksplittschüttung verwendet um die Schwingungs- und Schallschutzanforderungen zu erfüllen:

Größe 1,80 x 8,20 m
Bauteilhöhe 395 mm
Rippe 39 x 317 mm Kerto-S
Decklage 39 mm Kerto-Q
Kalksplittschüttung 12 cm (1500 kg / m³)

Der weitere Deckenaufbau besteht aus einer Trittschalldämmung und schwimmend verlegtem Estrich mit Linoleumbelag, die Sanitärräume sind gefliest.


Das Flachdach – Aufbau der Deckenelemente

Die Dachelemente mit geschlossener Unterseite haben eine 27 mm Decklage, die Bereiche mit der Funktion als Akustikelement sind unterseitig gelocht, geschliffen und mit Akustikvlies plus 60 mm Hohlraumdämmung versehen. Die Ripa-Elemente sind großformatig vorgefertigt und als aussteifende Scheibe ausgebildet. Der Elementstoß erfolgt durch kreuzweise Verschraubung der RippenGröße 1,80 x 8,30 m

Die Bauteilhöhe beträgt dabei 315 mm, die Rippe hat die Maße 69 x 255 mm. Zudem:
Decklage 21 mm Kerto-Q,
Akustiklochung Ø 16 mm, 40 / 40 mm Raster

Das flache Dach wird mit 2 Prozent Gefälle zu einer innenliegenden Mittelrinne entwässert, ist bituminös abgedichtet und als Sedumdach extensiv begrünt. Zur Erfüllung der Brandschutzanforderung F 30-B erfolgt der Nachweis über die Abbrandrate der sichtbaren Holzoberflächen (Warmbemessung). Die Hohlkastenelemente werden für die reduzierten Lasten im Brandfall statisch nur noch als Rippenplatten angesetzt.


Montage war auch bei Schnee möglich

Die Vorteile der Hohlkastenelemente tragen zur gewünscht kurzen Bauzeit bei: fertige Sichtoberflächen, Erfüllung der F 30-B Brandschutzanforderungen ohne Zusatzmaßnahmen, hoher individueller Vorfertigungsgrad (Akustikbohrungen, Kalk-Splitt-Schüttung), kurze Montagezeit, sofortige Begehbarkeit, keine Rüst- und Trockenzeiten.

Ab Werk Aichach wurden drei LKW-Ladungen Leno-Elemente und sechs LKW mit den 51 Ripa-Elementen nach Seligenstadt geliefert. Das Günterslebener Unternehmen Holzbau Freudenberger führte die Montage der Holzbausysteme aus: „Von der Zusammenarbeit bei der Statik bis zur Montage hat alles super funktioniert“, sagt der Zimmerer rückblickend. „Durch die gute Logistik standen alle Bauteile zeitnah zur Verfügung, wir konnten die Elemente trotz ergiebigen Schneefalls und minus 10 °C zwischen Weihnachten und Dreikönig montieren und waren in sieben Tagen termingerecht mit dem Holzbau fertig.“

Die Erweiterung der Einhardschule Seligenstadt unterschreitet dank der modernen Holzbausysteme, einer leistungsfähigen Alu-Pfosten-Riegel-Fassade und der Fernwärmeheizung den EnEV 2009-Standard um ca. 17 Prozent. Der Baukörper ist mit großformatigen Vollkern-Fassadentafeln auf Basis thermohärtender Harze, verstärkt mit Fasern auf Holzbasis der Brandschutzklasse B2 bekleidet, die hinterlüftet befestigt und in verschiedenen Rottönen farbig gestaltet sind.


Autorin

Diplom Ingenieurin (FH) Anja Thurik ist Architektin und arbeitet seit 1997im Marketing bei Metsä Wood (früher Finnforest).

Ripa-Elemente werden dank ihrer Scheibenwirkung zur Aussteifung herangezogen

Detailpläne

Hier finden Sie die Detailzeichnungen zum Neubau des Pavillions auf dem Gelände der Einhardschule in Seligenstadt als PDF zum Download.

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