Traditionelles Tonziegeldach krönt Platte

Es ist ein häufiges Problem in den neuen Bundesländern: Es gibt zu viel Wohnraum und unattraktive Plattenbauten. In Frankenberg bei Chemnitz wird aktuell eine solche Siedlung rückgebaut und saniert. Aus ehemals sechsstöckigen Plattenbauten werden reizvolle Wohngebäude, in denen die Menschen wieder wohnen wollen.

In der Kleinstadt Frankenberg nördlich von Chemnitz sank in der Kernstadt seit der Deutschen Einheit die Einwohnerzahl von 16 000 auf 10 400 Einwohner, rechnet man die Eingemeindungen mit, dann war die Zahl von 19 000 auf 15 400 Einwohner rückläufig. Und das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen prognostiziert in den nächsten 15 Jahren einen weiteren Rückgang der Einwohnerzahl um etwa 15 bis 20 Prozent.  

Vorhandene Wohnungen gehen am Bedarf vorbei

Die am Ortsrand des weitgehend ländlich strukturierten Frankenberg gelegenen sechsgeschossigen Plattenbauten verloren in den letzten Jahren mehr und mehr an Akzeptanz. Zusätzlich zum Einwohnerrückgang macht sich zunehmend der demografische Wandel bemerkbar. Sechsgeschossige Plattenbauten ohne Aufzug gehen deshalb am Bedarf vorbei. Die Leerstände in der fünften und sechsten Etage belegen dies bereits. Dabei bieten die Plattenbauten der letzten und neuesten Generation grundsätzlich praktische Raumzuschnitte und Wohnungsgrößen, wie sie in Frankenberg nachgefragt werden. Kurzum, preiswerte Wohnungen für kleine Haushalte. Nur an der Gesamtgestalt sollte sich etwas ändern.  

Im Auftrag der Wohnungsbaugenossenschaft Frankenberg/Sachsen eG erarbeitete die Westsächsische Gesellschaft für Stadterneuerung mbH (WGS) aus Chemnitz verschiedene Sanierungsszenarien. Die Variante 3 kam schließlich zum Tragen: der kontrollierte Rückbau sowie die Neugestaltung und Aufwertung der vorhandenen Bausubstanz.

 

Gestaltungselement Ziegeldach

Mit dem Rückbau und der Neugestaltung ihrer letzten fünf Plattenbauten schließt die Wohnungsgenossenschaft Frankenberg/Sachsen eG. eine Reihe von Baumaß­nahmen ab. Die Umbauarbeiten an den fünf Blöcken begannen 2008 und sollen Ende 2010 abgeschlossen sein.

Ein wichtiger, wenn nicht gar entscheidender Aspekt des Rückbaus ist die gelungene optische Um- beziehungsweise Neugestaltung der Siedlung. In Frankenberg herrscht eine Bebauung mit kleinstädtischem Charakter vor. Rundherum entstehen Neubausiedlungen mit geneigten, ziegelroten Dächern.

 

Nagelplattenbinder bilden die Grundlage für die geneigten Dächer

Basis für die neuen geneigten Dächer sind seriengefertigte Nagelplattenbinder. Sie wurden objektbezogen nach Statik gefertigt und vor Ort vom Zimmerer auf vorbereitete Fußpfetten montiert. Wegen der erhöhten Windlast auf den immer noch relativ hohen Dächern setzten die Zimmerer verstärkte Verankerungen ein. Bei den tiefer liegenden Dächern wurden wegen der Gefahr der Schneesackbildung die Binder in Nähe der aufgehenden Giebelwände dichter gestellt.  

Prägende Bestandteile der Häuser sind die großzügigen, ziegelroten Dächer. Die Genossenschaft entschied sich für den Koramic-Dachziegel Alegra 8 von Wienerberger. Der moderne Großflächenziegel ist nicht nur ästhetisch und wirtschaftlich, sondern zugleich im hohen Maße sicher. Ausgestattet mit der Sturmsicherung Sturmfix widersteht dieses Dachziegelmodell selbst starken Stürmen. Die hohe Sturmfestigkeit ist für die exponierten Bauten am Ortsrand von besonderer Bedeutung. Hier sind die neuen bis zu 15 Meter hohen Dächer Stürmen direkt ausgesetzt. 

 

Vollkeramischer Lüfterfirst als sturmsichere Lösung

Die Firste sind vollkeramisch mit First- und Firstanschlussziegeln gelöst. Die Planer legten großen Wert auf eine gute Belüftung der Dachkonstruktion. Mit 250 cm² Lüftungsquerschnitt pro laufenden Meter bietet die Koramic-Firstlösung im Vergleich zu marktüblichen Systemen, die bei rund 130 cm² liegen, einen bedeutend besseren Lüftungsquerschnitt und damit eine besonders gute Belüftung der Dachkonstruktion. Diese Firstlösung, bei der die Firstziegel auf den Lüftungsplateaus der Firstanschlussziegel vollflächig aufliegen, ist außerdem besonders stabil und sturmsicher, da neben der obligatorischen Edelstahlschraube mit Dichtring ein Edelstahlstift die Ziegel untereinander verbindet. Auch die Ortgänge sind mit speziellen keramischen Ortgangziegeln ausgestattet und einzeln mit den Sturmfix-Klammern gesichert. In den Randbereichen an Firsten, Traufen und Ortgängen ist jeder zweite Dachziegel geklammert. Damit sind die Dachdecker auf der sicheren Seite, denn die Sturmfix-Klammer verfügt nachweislich über die besten Auszugswerte im Markt.

 

Durchdachte Klammertechnik zur Sturmsicherung

Der Geschäftsführer der Dachdeckerei Dachisolierung Flöha GmbH, Dachdeckermeister Reiner Rümmler, hebt die starke und durchdachte Klammertechnik hervor. „Die neue Sturmsicherung ist nicht vergleichbar mit üblichen Systemen. Diese Klammer wird in eine spezielle Halterung im Kopffalz des bereits liegenden Dachziegels eingesetzt und hält auch den auf diese Klammer aufgesetzten Dachziegel, also zwei Ziegel zugleich.“

 

Unterdeckung wegen erhöhter Anforderung

Die verwendeten Unterdeckbahnen stammen ebenfalls von Koramic aus dem nichtkeramischen Zubehörprogramm KoraTech. Eigentlich ist bei 25 Grad Dachneigung und einem Dachraum, der als belüfteter Kaltraum konzipiert ist, eine Unterdeckung nicht erforderlich. Doch aufgrund der exponierten Lage in der schneereichen Region können Schneeverwehungen auftreten. Besteht die Gefahr von Schneeverwehungen, ist lauf Fachregel des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks eine erhöhte Anforderung gegeben. Eine Unterdeckung ist deshalb als zusätzliche Maßnahme erforderlich. Sie besteht aus einer Unterdeckbahn KoraTech Classic. Die diffusionsoffene Unterdeckbahn der Kategorie USB-A (sd-Wert circa 0,02 m) ist auf diesem Dach überlappend verlegt und gewährleistet Schutz auch nach starken Schneeverwehungen. Dachdeckermeister Rümmler entschied sich für ein Systemdach der Marke Koramic von Wienerberger, weil er damit Dachdeckung, Verklammerung und Unterdeckung komplett von nur einem Hersteller beziehen konnte: „Ich hatte nur einen Ansprechpartner. Damit habe ich gute Erfahrungen gemacht“, sagt der Experte.

Die neuen Dächer wurden mit Hilfe einer Binderdachkonstruktion geschaffen. Die Binder liegen auf 24 cm hohen Fußpfetten auf. Diese sind mit den obersten Geschossdecken mit Hilfe spezieller Epoxidharzanker verschraubt. Unter den Dachbindern, flächenbündig zwischen die Fußpfetten, sind zur Dämmung der obersten Geschossdecke 16 cm Mineralwolledämmung verlegt.

 

Fazit

Der Rückbau von Plattenbauten in Frankenberg / Sachsen hat Modellcharakter. Die sechsgeschossigen, schlecht vermietbaren Plattenbauten wurden zu reizvollen, reihenhausähnlichen Wohngebäuden mit geneigtem Ziegeldach umgestaltet und sind nun komplett vermietet.

 

Autor

Gerard Halama ist Fachjournalist und betreibt ein Büro für Fachpublizistik in Bremen.

Bei der Sanierung wurde die Variante „Kontrollierter Rückbau und Neugestaltung“ bevorzugt

Der Rückbau der Plattenbauten hat Modellcharakter

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