Gut durchdacht: Sanierputzsysteme

Bei der Verwendung von Sanierputzen ist es ratsam, mit Systemen zu arbeiten, in denen die einzelnen Komponenten aufeinander abgestimmt sind. Gängige technische Regeln legen Anforderungen an diese Sanierputzsysteme fest und geben Hinweise zu deren Verarbeitung.

Neben Sanierputzen nach dem Merkblatt der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege (WTA) findet man auf dem Markt auch Produkte wie „Entfeuchtungsputz“ oder „Feuchteregulierungsputz“. Auch geben einige Anbieter an, dass mit ihren Putzen weder Bauzustandsanalysen noch flankierende Maßnahmen notwendig sind. Ein Putz allein entfeuchtet das Mauerwerk jedoch nicht. Art und Menge der vorhandenen Salze, deren Hygroskopizität oder die verschiedenen Ursachen der Wasseraufnahme spielen eine Rolle. Auch stellt Putz generell keine Abdichtungsmaßnahme dar, sondern nur eine flankierende. 


WTA-Merkblatt 2-9-04 

Das WTA-Merkblatt 2-9-04/D „Sanierputzsysteme“ legt die technischen Anforderungen an Sanierputzsysteme fest. Sie bestehen in der Regel aus dem Spritzbewurf, gegebenenfalls aus einem Grundputz, dem Sanierputz und einem Oberputz beziehungsweise einem Farbanstrich. Diese Materialien müssen aufeinander abgestimmt sein. 

Das Merkblatt 2-9-04/D ersetzt die WTA-Merkblätter 2-2-91/D und 2-6-99/D. Es trägt Weiterentwicklungen, neuen Erkenntnissen sowie langjährigen positiven Erfahrungen Rechnung und berücksichtigt die Anforderungen der europäischen Norm DIN EN 998-1 „Festlegungen für Mörtel im Mauerwerksbau – Teil 1: Putzmörtel“. 

Bei der Sanierung von feuchtigkeits- und salzbelastetem Mauerwerk ist es wichtig, dass nicht nur Sanierputzmörtel allein, sondern komplette Sanierputzsysteme, deren Einzelkomponenten genau aufeinander abgestimmt sind, zum Einsatz kommen. Dies wird in der Norm nicht berücksichtigt, sie legt nur Mindestanforderungen fest.  

Das WTA-Merkblatt stellt zusätzliche Anforderungen an Sanierputzsysteme und gibt wichtige Hinweise für Verarbeiter und Fachunternehmer. Somit übernimmt es die Aufgabe, die kompletten Systeme zu beschreiben und deren Qualität zu sichern. Grundputze und Sanier­putze, die nach dem Merkblatt geprüft wurden und alle Anforderungen erfüllen, werden als Grundputze-WTA beziehungsweise Sanierputze-WTA bezeichnet.

 

Was sind Putze-WTA?  

Sanierputzsysteme dienen zum Verputzen feuchter und/oder salzhaltiger Mauerwerke. Baustoffschädigende Salze werden im Putz eingelagert und somit von der Putzoberfläche ferngehalten. Werden Deckschichten aufgetragen, so dürfen sie die Eigenschaften des Systems nicht beeinträchtigen. Eine hohe Wasserdampfdurchlässigkeit des Putzsystems begünstigt die Austrocknung des Mauerwerks.  

Ein Sanierputz-WTA lässt Feuchtigkeit aus dem Mauerwerk wenige Millimeter eindringen. Aufgenommenes Wasser oder Salzlösung verdunsten innerhalb des Putzes. Dabei auskristallisierende Salze werden im porigen Gefüge des Sanierputzes eingelagert. Dadurch bleibt die Putzoberfläche trocken und frei von Ausblühungen. Bedingt durch ihre Struktur und Funktion müssen Sanierputzsysteme relativ schnell aber sicher erhärten und trocknen. Um diese Anforderungen zu erfüllen, sind Sanierputze-WTA überwiegend hydraulisch gebunden.  

Kalkhydrat als wesentliche Bindemittelkomponente kann erfahrungsgemäß die Anforderungen an Sanierputze-WTA nicht erfüllen. Die überwiegende Verwendung von latent-hydraulischen Bindemitteln und puzzolanischen Stoffen wie zum Beispiel Trassmehlen ist problematisch, da für die sehr langsam ablaufende Abbindereaktion Wasser als Reaktionspartner in Sanierputzen nicht ausreichend lange zur Verfügung steht.

 

Anwendungsbereiche für Sanierputze

Sanierputzsysteme werden vorzugsweise auf Mauerwerk mit mehr oder weniger starker Versalzung eingesetzt, vor allem auch als flankierende Maßnahme, wenn vertikale und/oder horizontale Abdichtungsmaßnahmen ausgeführt wurden. Auf feuchtem Mauerwerk lassen sich mit Sanierputzsystemen trockene Oberflächen erzielen, wenn das Klima der Umgebung eine Austrocknung zulässt. Eine „Mauerwerksentfeuchtung“ ist ohne zusätzliche Maßnahmen weder mit Sanierputzsystemen noch mit anderen Putzen möglich. 

Anwendungssicherheit besteht unter anderem nur, wenn vorab in ausreichendem Umfang Daten und objektspezifische Gegebenheiten bei der Planung berücksichtigt wurden. Dies liegt im Verantwortungsbereich des Planers. Liegt keine Planung vor, trägt der Verarbeiter die Verantwortung für die richtige Anwendung des Sanierputzsystems. Für Sanierputzsysteme-WTA sind Anwendungsgrenzen zu beachten. Druck-, Stauwasser und Bodenfeuchtigkeit Sanierputzsysteme sind nur wirksam bei kapillar transportierter und hygroskopisch hervorgerufener Feuchtigkeit, nicht bei Wasser, das mit hydrostatischem Druck einwirkt. Generell dürfen Sanierputzsysteme im erdberührten Bereich unterhalb der Geländeoberkante nicht eingesetzt werden. In diesen Fällen sind geeignete Abdichtungsmaßnahmen zu treffen.

Auch kapillare Feuchtigkeit kann zu hohen Durchfeuchtungen führen. Ist das Mauerwerk porengesättigt, müssen vor Aufbringen des Sanierputzsystems unbedingt geeignete Abdichtungs-/Trocknungsmaßnahmen durchgeführt werden.

 

Durchfeuchtung und Salzeinwanderung 

Eine Durchfeuchtung kann eintreten, wenn die Taupunkttemperatur längerfristig innerhalb des Sanierputzquerschnitts liegt. Damit sich nach dem Aufbringen des Sanierputzsystems die Hydrophobie möglichst schnell einstellt, muss die relative Luftfeuchtigkeit während des Erhärtungszeitraums weniger als 65 Prozent betragen. Kann dies nicht gewährleistet werden, besteht die Gefahr einer beschleunigten Salzeinwanderung und des Durchschlagens der Salze an die Putzoberfläche. 

Der Spritzbewurf ist in der Regel Bestandteil des Sanierputzsystems und hat den Haftverbund zum Putzgrund zu sichern. Er wird normalerweise nicht deckend („netzförmig“) aufgebracht. Liegt der Grad der Abdeckung des Putzgrundes mit Spritzbewurf unter 50 Prozent, werden an den Spritzbewurfmörtel keine speziellen bauphysikalischen Anforderungen gestellt. Ist der Deckungsgrad des Spritzbewurfes jedoch höher oder empfiehlt der Hersteller einen geschlossenen Bewurf, muss dieser besondere Anforderungen erfüllen. 

Grundputz-WTA dient zum Ausgleich grober Unebenheiten des Putzgrundes (=Ausgleichsputz) und/oder als Salzspeicher bei besonders hoher Untergrundversalzung (=Porengrundputz). Sanierputz-WTA kann als Grundputz eingesetzt werden, wenn die gesamte Putzdicke 40 mm (ausgenommen Fugen) nicht wesentlich übersteigt. Er wird in der Regel in einer Schichtdicke von mindestens 20 mm aufgetragen, wobei bei mehrlagigem Arbeiten jede Lage mindestens 10 mm dick sein muss. In Kombination mit Porengrundputz-WTA kann sich die Mindestschichtdicke auf 15 mm verringern. Die Gesamtschichtdicke von Sanierputz sollte 40 mm nicht überschreiten. 

Lässt sich eine spezielle Anforderung an die Oberflächenstruktur mit einem Sanierputz-WTA nicht erfüllen, darf zusätzlich ein mineralischer Oberputz aufgebracht werden. Dabei muss ein den Regeln der Technik entsprechendes beziehungsweise vom Hersteller empfohlenes Produkt eingesetzt werden.

Putze, Anstriche und sonstige Beschichtungen auf Sanierputzen-WTA dürfen die Wasserdampfdurchlässigkeit des Systems nicht negativ beeinflussen. Darüber hinaus müssen sie im Fassadenbereich die Wasseraufnahme angrenzender Putze an die geringe Saugfähigkeit der Sanierputzoberfläche angleichen.

 

Sanierungsplanung

In der Sanierungsplanung müssen die raumklimatischen Verhältnisse, welche die Funktion des Sanierputzes beeinträchtigen können, sowie besondere Leistungen, die sich daraus ergeben, berücksichtigt werden. Vor Beginn der Putzarbeiten muss sich die Bauleitung beziehungsweise der Verarbeiter überzeugen, ob ein solcher Sanierungsvorschlag vorliegt.

Abhängig von der Höhe der Durchfeuchtung, der Feuchtigkeitsursache und dem Ergebnis der Voruntersuchungen kann vor dem Sanierputzauftrag eine Horizontalabdichtung und – im erdberührten Bereich – eine Vertikalabdichtung notwendig sein. 

Nachbehandlung und Wartungsarbeiten müssen ebenfalls in die Planungen einbezogen werden. Dazu gehört der Schutz der einzelnen Putzlagen vor zu schnellem und zu langsamen Austrocknen. Darüber hinaus muss festgelegt werden, dass Farbanstriche bei einer späteren Renovierung den Maßgaben des Merkblattes entsprechen müssen. Für die Auswahl von Putzsystemen, deren Anwendung und Verarbeitung sind die Ergebnisse dieser Voruntersuchungen maßgebend.

 

Putzgrundvorbereitungen

Der Altputz ist mindestens 80 cm über die sichtbare oder durch Untersuchungen abgegrenzte Schadenszone hinaus zu entfernen. Dabei anfallender Schutt sollte täglich beseitigt und abseits gelagert werden, um eine Rückwanderung von Salzen zu vermeiden.

Mörtelreste, Schlämmen und Anstriche auf Mauerwerk müssen vollständig entfernt werden. Mürbe Mauerwerksfugen legt der Handwerker etwa 20 mm tief frei. Danach wird das Mauerwerk mechanisch gereinigt. Ein voll deckender Spritzbewurf ist zulässig, sofern die entsprechenden Anforderungen erfüllt sind. Darauf ist besonders bei maschineller Verarbeitung zu achten. Fugen dürfen nicht mit Spritzbewurf gefüllt werden. Der Spritzbewurf muss vor Beginn der Putzarbeiten verfestigt sein. Der verwendete Spritzbewurfmörtel muss Bestandteil des gewählten Sanierputzsystems sein.

 

Verarbeitung

Bei erhöhter Versalzung des Putzgrundes kann man Dichtschlämme aufbringen, um das Einwandern löslicher Salze in die letzte Lage des frisch aufgetragenen, noch nicht ausreichend hydrophoben Sanierputzes zu verhindern. Die Wartezeit bis zum Aufbringen der nächsten Lage gibt der Hersteller an. Bis zum Auftragen der Deckbeschichtung hat sich ein Tag Wartezeit pro Millimeter Putzdicke besonders bei höheren Gesamtputzdicken (über 20 mm) bewährt.

 

Nachbehandlung und Erhärtungsbedingungen

Sanierputze-WTA sind mineralische Putze und erfordern besonders bei trockener Witterung, Wind- und Sonneneinfall eine Nachbehandlung. Die Putzflächen müssen vor zu schneller Austrocknung geschützt werden, gegebenenfalls durch vorsichtiges Benetzen mit Wasser oder Beschattung. Um die Rissgefahr zu mindern, dürfen Räume während der Aushärtezeit von Sanierputzen nicht kurzfristig aufgeheizt werden.  

Insbesondere im Sommer herrscht in Kellerräumen bei und kurz nach der Verarbeitung eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Der Sanierputz erhärtet zwar, kann jedoch nicht austrocknen und somit seine Hydrophobie nicht ausbilden. Über den noch durchgehenden Feuchtigkeitsfilm dringen Salze vom Untergrund ein, können bis an die Oberfläche durchschlagen und ausblühen. Der Handwerker muss darauf achten, dass die hohe Raumfeuchte abgeführt wird: Die relative Luftfeuchtigkeit sollte in dieser Phase weniger als 65 Prozent betragen.


Die Komponenten eines Sanierputzes müssen gut aufeinander abgestimmt sein

Bei zu hoher Luftfeuchtigkeit kann Sanierputz seine Hydrophobie nicht ausbilden

Kurz zusammengefasst

HIer finden Sie eine Liste mit den häufigsten Fehlern bei der Anwendung sowie eine schematische Darstellung des Wirkungsprinzips von Sanierputzen

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