Handschrift auf Lehm

Wandputz aus Lehm steht heute wieder hoch im Kurs. Grund ist nicht nur die natürliche Optik, sondern auch die feuchtepuffernde Wirkung. Darüber hinaus kann der Handwerker die Lehmoberflächen zum Beispiel mit Schablonen auch farbig gestalten.

Das wichtigste Argument für Lehmputz ist die natürliche Schönheit handwerklich perfekt ausgeführter farbiger Lehm-Edelputzflächen. Die hierfür erforderlichen Grundstoffe Lehm und Ton sind erdgeschichtlich uralt. Das Spektrum reicht von Gelb über Braun zu Rot. Auch grüne, graue und schwarze Tonerden kommen vor, denn oxidierende unterschiedliche Metalle färbten das Erdreich. Mischungen mit hellen Sanden ergeben Putze mit der Harmonie und Ausstrahlung natürlicher Erdfarben. Diese Wirkung ist besonders intensiv, wenn die Putze nicht mit Pigmen-ten, Farbstoffen oder Bindemitteln versetzt sind.

Die farbliche Tiefe ist kaum mit der einer anderen Wandbeschichtung vergleichbar. Mit Kunststoff gebundene Putze wirken dagegen oft im Sinne des Wortes „künstlich“. Anderen Materialien kann man ihre „Einfärbung“ ansehen. Es ist wie bei Holz: Die Oberflächen des naturbelassenen Materials wirken edel und hochwertig.

 

Die Handschrift des Handwerkers im Lehm

Kunden für Lehm-Edelputze sind bewusst lebende Menschen. Sie stellen hohe Ansprüche an das Produkt und Ausführung und sind auch bereit, dem Handwerker einen fairen angemessenen Preis zu zahlen. Perfekte Lehmputze erfordern jedoch handwerkliches Geschick und Erfahrung. Jeder Handwerker hat seine persönliche Handschrift und ist deshalb nicht einfach austauschbar.

Mit einer geeigneten Sicherheitsgrundierung kann der Handwerker Lehmputz auf alle am Bau üblichen Untergründe, von Beton bis zu Gipskarton, auftragen. Sollen Lehmputze für das Raumklima wirksam werden, sind allerdings Schichtdicken um 15 mm notwendig.

 

Ausführung und Verarbeitung von Lehmputz

Die Ausführung von Dicklagenputzen erfordert häufig ein Arbeiten mit Putzmaschinen. Dies setzt die Erfahrung des Gipsers oder Stuckateurs voraus. Das Arbeiten mit Lehm-Edelputzen von 2 bis 3 mm Dicke kann auch von Angehörigen unterschiedlicher Ausbaugewerke erlernt werden. Zu nennen sind hier neben Stuckateuren auch Trockenbauer, Maler und Maurer. Wichtig ist das Interesse und die Freude am Thema, also die Identifikation mit dem Werkstoff Lehm.

Bei der Verarbeitung farbiger Lehm-Edelputze muss beachtet werden, ob auf einem anderen Lehmputz oder einer sonstigen Oberfläche gearbeitet werden soll. Ein Lehmunterputz ist die beste Grundlage für folgende dünne Edelputzbeschichtungen. Die Haftung zwischen den artgleichen Materialien ist perfekt. Daher ist es vorteilhaft, artfremde Untergründe mit einem dünnen Lehmfeinputz vorzubereiten. Dadurch wird auch das Saugverhalten egalisiert. Andere Untergründe werden grundiert. Zu empfehlen sind körnige Qualitäten, beispielsweise von Keim oder Claytec.

Als weitere Grundsätze gelten bei der Verarbeitung: Der Untergrund muss ganzflächig ein einheitliches Saugverhalten haben. Bei stark unterschiedlich saugenden Flächen muss grundiert werden, einmal oder gegebenenfalls mehrfach. Für Edelputz-Beschichtungen von 2-3 mm muss der Untergrund planeben sein. Risse dürfen nicht mit dem Farbputz gefüllt werden, sie sind vorher zu schließen. Andernfalls würden die dicken Adern langsamer trocknen als die umliegenden Flächen – mit negativen Folgen für die spätere Farbwirkung.

Für jedes Projekt sollten von der Grundierung und vom Oberputz Arbeitsproben angelegt werden. So wird möglichen Schäden oder Problemen vorgebeugt. Für die Abnahme der Farb- und Oberflächenwirkung durch den Kunden sollten die Proben vollständig trocken aufgehellt sein. Missverständnisse werden so schon im Vorfeld ausgeräumt.

Ist der Untergrund vorbereitet, kann der gut aufbereitete und durch „Topfzeit“ durchzogene Mörtel in 2 mm Dicke aufgezogen werden. Dazu sind gute Glätter oder speziell entwickelte Japankellen geeignet. Grate und Kellenstriche werden im noch frischen Material mit einem breiten Rakel eingeebnet. Danach lässt man das Material anziehen.

Die Dauer dieser ersten Antrocknungszeit ist abhängig von der Saugfähigkeit des Untergrundes und dem herrschenden Klima im Gebäude. Mit einem Filz- oder festem Schwammbrett werden die Flächen gleichmäßig abgerieben. Grundsätzlich soll hier ohne oder nur mit sehr wenig Wasser gearbeitet werden. Die Oberflächen wirken besonders ansprechend, wenn der Lehm-Edelputz natürliche Strukturzuschläge enthält. Diese können durchaus grob sein.

Während der gesamten Verarbeitung müssen Zugluft und durch Heizung verursachte Turbulenzen vermieden werden. Zu schnelle oder unregelmäßige Trocknung kann negative Folgen für die farbliche Homogenität haben. Nach vollständiger Trocknung sollte man als Schlussbehandlung die Oberfläche noch zur Verfeinerung mit einer weichen Bürste (Tapezierbürste) leicht wischen. Dies kann auch mit einem nicht zu feuchten Schwamm erfolgen.

 

Lehmputz ist langlebig, aber auch empfindlich

Besonders edle Lehmedelputz-Oberflächen können auf mehr als 6000 m² Fläche im Kölner Kolumba-Museum des berühmten Architekten Peter Zumthor bewundert werden. Die licht-grauen Putzflächen wurden hier abschließend mit Molkewasser abgezogen.

Lehmedelputze halten ein Leben lang. Die Strapazierfähigkeit ist selbstverständlich nicht unbegrenzt. Edle Oberfläche wird man stets auch schonend behandeln müssen. Kleine Blessuren können nie ganz ausgeschlossen werden. Minimale Reparaturen können problemlos ausgeführt werden. Außenecken werden vorsorglich meist abgerundet verputzt. Auch unauffällige kleine Profile sind ein hilfreicher Schutz.

Ist die Farbe des Putzes nicht mehr erwünscht, kann er selbstverständlich auch gestrichen oder anders neu beschichtet werden. Für den Anstrich empfehlen sich nicht nur weiße, sondern auch farbige Lehm-Streichputze und Lehmfarben. Werden andere Anstrichstoffe gewählt, so sollten sie möglichst wenig Film bildend und spannungsarm sein.

 

Gestaltung von Lehmoberflächen

Ein neues Arbeitsfeld – lukrativ und handwerklich befriedigend – bieten die neuen Lehm-Designputze für ambitionierte Bauhandwerker. Handwerksbetriebe können sich eine unverwechselbare individuelle Position vor allem im Modernisierungsmarkt schaffen. Durch Beachtung wichtiger Grundsätze, sowie mit Geschick und Übung kann es der Handwerker hier zur Meisterschaft bringen. Bei der farbigen Gestaltung der Lehmoberfläche helfen dem Handwerker Schablonen. Erfahrene Hersteller (siehe Herstellerindex) unterstützen dabei sowohl mit entsprechenden Schablonen-Motiven als auch im Marketing und liefern bewährte Konzepte für eine erfolgreiche gemeinsame Markterschließung.

Eine Literaturempfehlung zum guten Schluss: Lehmbau-Praxis, Planung und Ausführung. Von Ulrich Röhlen und Christof Ziegert, Bauwerk, Berlin 2010, 290 Seiten. Preis: 39 Euro. Das Buch ist online erhältlich unter: www.profil-buchhandlung.de

 

Autor

 

Hans Jürgen Ronicke ist Malermeister, Innenarchitekt WKS, Restaurator im Handwerk und freier Autor der Zeitschrift bauhandwerk. Er lebt und arbeitet in Wittenberg.

Beim Lehmputz gilt: Jeder Handwerker hat seine persönliche Handschrift

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