Mehr als eine Sonderlösung

Das neue „WTA-Merkblatt 4-6, Nachträgliches Abdichten erdberührter Bauteile“ empfiehlt die Vergelung bei der Beanspruchung durch „aufstauendes Sickerwasser/Druckwasser“. Diese Sonderlösung stellt zwar höhere Anforderungen an die Ausführung, bietet dem Kunden aber schnell und dauerhaft trockene Wände.

Es ist ein alltägliches Problem: Ein Kunde möchte seinen Keller trockenlegen lassen. Im Keller, genauer gesagt in einem erdberührten Bauteil, zeigen sich Durchfeuchtungen, der Putz blättert teilweise ab, und an den aufgehenden Wänden sind Salzausblühungen vorhanden. Oft wird dem Kunden dann eine nachträgliche Außenabdichtung angeboten, weil damit das Mauerwerk komplett trocken gelegt werde und die Abdichtung wärmedämmend wirken könne.

Außenabdichtung: aufwendig und langwierig

Fachlich ist das so nicht ganz korrekt: Feuchtes Mauerwerk kann nicht trocken gelegt werden, sondern es kann nur ertüchtigt beziehungsweise abgedichtet werden, damit sich die Ausgleichsfeuchte der Baustoffe einstellen kann. Je nach Bauteildicke muss für ein natürliches Austrocknen mit Zeiträumen von mehreren Jahren gerechnet werden. Nur mit dem erheblichen Aufwand einer zusätzlichen technischen Trocknung kann der Prozess beschleunigt werden. Erschwerend kommt hinzu: Erst wenn der Baukörper ganz trocken ist, werden die Erwartungen des Auftraggebers nach trockenen Kellerräumen erfüllt. Bis dahin muss er sogar noch mit verstärkten Feuchteerscheinungen, wie Feuchte-/Trockenränder und Ausblühungen, und mit anhaltenden Nutzungseinschränkungen rechnen.

Weshalb nicht gleich von innen abdichten?

Ein Grund dafür, dass man nicht gleich ausschließlich von innen arbeitet, liegt sicherlich darin, dass die Arbeiten von der Innenseite mehr Detaillösungen und mehr Ausführungskenntnisse erfordern. Im neuen „WTA-Merkblatt 4-6, Nachträgliches Abdichten erdberührter Bauteile“ werden neben einer allgemeinen Verfahrensbeschreibung und Detaillösungen auch die Grenzen und vermeintlichen Schwierigkeiten bei Innenabdichtungen angeschnitten. Im zweiten Halbjahr 2014 wurde das Merkblatt in der endgültigen Fassung (Ausgabe: 11:2014/D) veröffentlicht und ersetzte das bisher gültige gleichnamige WTA-Merkblatt 4-6-05/D aus dem Jahr 2005. Nach dem Merkblatt wird eine Innenabdichtung vor allem dann ausgeführt, wenn eine vertikale Außenabdichtung technisch oder wirtschaftlich nicht umsetzbar oder vertretbar ist (zum Beispiel bei Überbauungen, Nebenbebauungen, ständiger Druckwasserbelastung).

Abdichtung auf die höchste Wassereinwirkung auslegen

Ausgangspunkt für jede Abdichtung ist die Planung. Hierbei ist unter anderem für den Handwerker die Festlegung der Wasserbeanspruchung (Art der Wassereinwirkung gemäß DIN 18 195) maßgeblich. Die Wassereinwirkungen auf Wandflächen können sein:

Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser

Aufstauendes Sickerwasser, drückendes Wasser

Da die Bestimmung der vorliegenden Wassereinwirkung schwierig ist, sollte man die Abdichtung auf die höchste Wassereinwirkung (auch als Lastfall bekannt) auslegen. Dadurch kann der nicht unerhebliche Aufwand zur Bestimmung der Art der Wassereinwirkung eingespart werden. Dieses Sicherheitsprinzip hat für den Kunden sogar einen zusätzlichen Vorteil, falls sich später aufgrund von Umweltveränderungen die Art der Wassereinwirkung ändern sollte.

Der Mehraufwand einer Flächenabdichtung gegen die höchste Wassereinwirkung (Stau-/Druckwasser) ist im Vergleich zur Flächenabdichtung gegen die geringere Wassereinwirkung (Bodenfeuchte/nichtstauendes Wasser) äußerst gering. Hier geht es nur um 1 mm mehr einer geeigneten mineralischen Dichtungsschlämme (etwa 1,5 kg bis 2 kg Material). Das Problem liegt aber im Übergang zu den Querwänden. Um die Innenabdichtung außen geschlossen ausbilden zu können, muss die Abdichtung im Einbindungsbereich der Querwände weitergeführt werden, was bei höherer Wassereinwirkung (Stau-/Druckwasser) große technische Anforderungen an den Handwerker stellt.

Vergelungstechnik ist die Lösung

Als zu planende Sonderlösung führt das „WTA-Merkblatt 4-6, Nachträgliches Abdichten erdberührter Bauteile“ die Vergelung bei der Wasserbeanspruchung „aufstauendes Sickerwasser/Druckwasser“ an. Da es sich bei der Gelinjektion um ein Sonderverfahren handelt, werden außergewöhnliche Anforderungen an die Kompetenz der Baubeteiligten, insbesondere an die Ausführungsfirmen, gestellt.

Bei der Vergelung werden im Bauteil die Poren, Hohlräume und andere Fehlstellen des Baustoffgefüges mit dem Gel verfüllt. Der verfüllte Baukörper bildet dann die Abdichtungsebene und ist auch gegen Druckwasser dicht. Bei einer partiellen Gelabdichtung wird an die erstellte Abdichtung angeschlossen. Sehr wichtig ist es auch, die Verträglichkeit der Injektionsmaterialien mit der bestehenden Abdichtung sicherzustellen. Im ausreagierten Zustand besitzen Gele eine große Elastizität. Kennzeichnend für Injektionsgele sollte eine geringe Viskosität sein. Das bedeutet: Zu Beginn sind gute Gele von wasserähnlicher Viskosität, die eine gute Injizierbarkeit garantiert, vor allem wenn langsam reagierende Gele (Reaktionszeiten länger als 10 Minuten) verwendet werden. Die verlängerte Reaktionszeit sollte auf die Veränderung der Materialeigenschaft und auf die Viskosität des Gels keinen Einfluss haben. Diese Anforderungen erfüllen nur hochwertige polymere Methylacrylate. Sie erhärten, je nach Art, von einem weichplastischen über einen elastischen bis hin zum hartspröden Gelkörper. Für die Gelinjektion sollten ausschließlich weichelastisch aushärtende Gele eingesetzt werden, wie zum Beispiel die Getifix Acrylatgele. Zudem sollten die Injektionsgele vollkommen unbedenklich für die Umwelt sein.

Autor

Dr. Jürgen Vocke ist technischer Leiter der Getifix GmbH in Bremen.

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