Mit neuer Plattformlösung „wirbauen.digital“ hat man das Leistungsverzeichnis in der Hosentasche

„wirbauen.digital“ ist eine neue Plattformlösung für die Baubranche, die die Möglichkeiten von BIM ausnutzt, um alle Projektbeteiligten – vom Bauherrn, über den Architekten, bis hin zum Handwerker – miteinander zu verbinden und in die Bauausführung miteinzubeziehen.

Viele Softwarelösungen für den Bau kranken daran, dass sie analog zur deutschen Unternehmenskultur konzipiert wurden: von oben nach unten. Dieser Ansatz funktioniert jedoch in Zeiten, in denen Bauvorschriften immer komplexer werden und Fachkräfte Mangelware sind, immer schlechter. Nicht nur Architekten und Planer klagen über ineffiziente Prozesse, besonders die ausführenden Handwerker erleiden durch die fehlende Transparenz hohe Schnittstellenverluste und eine schlechte Gesamtproduktivität. Darüber hinaus wollen auch Bauherren und Projektentwickler sowie die finanzierenden Banken gerne intensiver in den Bauprozess eingebunden werden. Nicht zuletzt beklagen Versicherungen, dass es immer schwieriger wird, die Versicherungssumme für ein Gebäude zu bestimmen, weil der Fertigzustand und die Pläne sehr stark voneinander abweichen und oft gar nicht ermittelt werden kann, was überhaupt gebaut wurde. Zwar steht mit BIM (Building Information Modelling) seit Jahren eine Technologie zur Verfügung, die das Potenzial hat, alle diese Missstände zu beseitigen, tatsächlich schöpfen die verfügbaren Softwarelösungen diese Möglichkeiten bisher aber noch nicht aus.

Von unten gedacht

„Bei der Bauausführung wird BIM noch gar nicht berücksichtigt“, meint Daniel Grube, Geschäftsführer der wirbauen.digital GmbH. Zwar hätten schon einige Architekturbüros angefangen, in 3D zu planen und digitale Modelle zu entwickeln, spätestens auf der Baustelle würden diese Daten dann aber nicht mehr vernünftig weiter gepflegt, weil die verfügbare Handwerkersoftware dies schlicht nicht zulasse und andere Programme an den Anforderungen der Handwerker vorbeigingen und wenig benutzerfreundlich seien.

Die Initialzündung zur Entwicklung kam von Lukas Büdenbender. Als der ausgebildete Dachdecker und studierte Betriebswirt den elterlichen Betrieb übernehmen sollte, wollte er keine Unternehmensführung „aus dem Bauch heraus“ betreiben, sondern jederzeit den technischen und wirtschaftlichen Status jedes Projektes aber auch des gesamten Betriebs kennen. Da ihn am Markt verfügbare Softwareprodukte nicht überzeugten, wandte sich der stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbandes Die Jungen Unternehmer an seinen Verbandskollegen Daniel Grube, der im Vorstand des Kölner Verbandes ist. Zusammen mit weiteren Mitstreitern entwickelten sie „wirbauen.digital“ konsequent aus der ausführenden Perspektive, also von unten nach oben.

Transparent und schnittstellenfrei

Die Plattform besteht dabei aus mehreren Modulen, die erst nach und nach ausgerollt werden. Schon seit Dezember können Handwerker die Software nutzen, im nächsten Schritt werden dann Architekten und Bauherren eingebunden. Langfristig sollen dann auch Banken und Versicherungen sowie der Baustoffhandel integriert werden.

„Wir teilen Projektinformationen transparent und schnittstellenfrei, was für mehr Effizienz im Bauprozess sorgt“, erklärt Daniel Grube. Zu den Kernfunktionen gehören eine mobile Zeiterfassung, die die Arbeitszeit jedes Handwerkers auf der Baustelle in Echtzeit erfasst, eine Leistungserfassung, bei der die abgearbeiteten Positionen im Leistungsverzeichnis festgehalten werden sowie eine Fotodokumentation. „Wir haben diese Software gewissermaßen auf der Baustelle in Zusammenarbeit mit Handwerkern entwickelt, so dass die Bedienung für Handwerker sehr intuitiv ist und es praktisch keine Möglichkeit gibt, Fehler zu machen.“

Dabei ist die Software selbstverständlich cloudbasiert, Daten können aber auch offline abgerufen und eingegeben werden, was angesichts des in Deutschland manchmal schlechten Mobilfunknetzes leider eine wichtige Funktion ist. Die erfassten Daten werden dabei automatisch mit Geo-Tags und anderen Meta-Daten angereichert, die so eine rechtssichere Dokumentation und objektive Rechnungsprüfung ermöglichen. Durch die Verwendung standardisierter Programmierschnittstellen läuft die Software auf Android- und iOS-Systemen. Das besondere technische Highlight ist die Möglichkeit zum Import von GAEB-Dateien sowie die BIM-Unterstützung. „Die Software läuft auf mobilen Endgeräten wie Smartphones. Dadurch bringen wir das Leistungsverzeichnis gewissermaßen in die Hosentasche“, sagt Daniel Grube.

Darüber hinaus wurde aber auch die Möglichkeit vorgesehen, erbrachte Leistungen, die nicht im Leistungsverzeichnis stehen, zu dokumentieren und Arbeiten im Tageslohn zu erfassen. Auch Nachunternehmer können direkt in und mit dem System arbeiten. Das vermeidet Übertragungsfehler und Schnittstellenverluste.

Daten auf der Baustelle pflegen

Auf diese Weise werden auf der Baustelle verlässliche und objektive Daten erzeugt, die dann zur Projektsteuerung zur Verfügung stehen. Das hilft nicht nur bei der Planung des Personals für die einzelnen Baustellen und Projekte, man kann sich auch eine tagesaktuelle Auswertung anzeigen lassen, um frühzeitig zu erkennen, wenn Projekte aus dem Ruder laufen. „Viele Handwerksunternehmer wissen gar nicht, ob ihre Baustelle gerade Verluste einfährt oder Gewinne abwirft. Unsere Plattform zeigt solche Entwicklungen nicht nur tagesaktuell, sie hilft auch dabei, die Gründe dafür zu identifizieren“, erklärt Daniel Grube. Das ist nicht nur gut für die Wirtschaftlichkeit der Projekte und des gesamten Unternehmens, sondern auch für das Betriebsklima und die Lebensqualität, da die große Transparenz der Abläufe nervige Ursachenforschung und hitzige Mitarbeitergespräche überflüssig macht. „Häufig sehen sich die Mitarbeiter auf der Baustelle mit der Frage konfrontiert, weshalb sie denn immer noch nicht fertig sind oder weshalb sie viel mehr Material verbraucht haben, als geplant. Diese Situationen entstehen gar nicht erst, wenn man frühzeitig informiert ist und entsprechend nachsteuert.“ Auch die Bauarbeiter selbst finden es toll, jederzeit sehen zu können, welchen Fortschritt sie erzielt haben. In einigen der Betriebe, die bei der Entwicklung und Erprobung von wirbauen.digital mitgewirkt haben, wurde daraus ein Instrument der Mitarbeitermotivation gemacht, durch das die Leistungen der Monteure bewertet und prämiert werden.

Die Web-App

In der Web-App erhalten Handwerksunternehmer, Architekten und Generalunternehmer sowie Bauherren und Investoren jederzeit einen Überblick über ihre Bauprojekte und deren aktuellen Status. Ein intelligentes Rechtesystem ermöglicht es dabei Daten zielgruppengenau auszuspielen.

Die Detailansicht bietet den Nutzern eine Vertiefung des Informationsgrades zu den einzelnen Projekten. Hier werden nicht nur erfasste Leistungen und Arbeitszeiten angezeigt, sondern auch der aktuelle Projektumsatz, beteiligte Mitarbeiter sowie Fotos mit Kommentaren und Projektstatus. Der Gesamtfortschritt kann bis zur untersten Leistungsposition aufgeschlüsselt werden, alle Daten sind exportierbar. Intelligente Algorithmen sollen in Zukunft eine noch höhere Planungssicherheit und Projekttransparenz ermöglichen. Am Ende des Prozesses, wenn die BIM-Planung komplett abgearbeitet wurde, steht dann das As-Built-Modell, das nicht nur für spätere Wartung und Reparaturen nützlich ist, sondern auch die Bewirtschaftung und die Vermarktung erleichtert.

Autor

Thomas Schwarzmann war Redakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

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