Neubau des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) in Kassel

Seit Mai 2022 hat das Kasseler Fraunhofer IEE einen perfekt auf den Bedarf des Forschungsinstituts abgestimmten Neubau. Die gesamte technische Ausarbeitung, Werkplanung und Umsetzung des Ausbaus lagen in Händen der Firma Okel, die hierfür mehrfach prämiert wurde.

Das viergeschossige Gebäude des Kasseler Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik verfügt über eine Nutzfläche von rund 7600 m2 Das viergeschossige Gebäude des Kasseler Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik verfügt über eine Nutzfläche von rund 7600 m2
Foto: Foerderraum / Henry Koch

Das viergeschossige Gebäude des Kasseler Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik verfügt über eine Nutzfläche von rund 7600 m2
Foto: Foerderraum / Henry Koch
Das imposante Gebäude des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (Fraunhofer IEE)  liegt unmittelbar gegenüber dem Kasseler Hauptbahnhof und bietet Arbeitsplätze für rund 320 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Geforscht wird hier in den Bereichen Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik. Das Institut entwickelt Lösungen zur Transformation der Energiesysteme, unter anderem, um die Kosten für die Nutzung erneuerbarer Energien weiter zu senken, die Versorgung trotz nicht exakt vorhersagbarer (volatiler) Erzeugung zu sichern und die Energiewende zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu führen.

Vier Stockwerke für Forschung und Entwicklung

Auf rund 7600 m2 Nutzfläche finden sich zu zwei Dritteln Büroflächen und zu einem Drittel Flächen für Labore und Technika. Die Räume wurden speziell für ihre jeweilige Nutzung und die geforderte Anpassungsfähigkeit an zukünftige Erfordernisse geplant und umgesetzt. Über ein zentrales, lichtdurchflutetes Atrium sind alle vier Geschosse miteinander verbunden. Es erstreckt sich bis zum Dach, dient zu großen Teilen dem kommunikativen Austausch und wird als Raum für die vielfältige Zusammenarbeit mit Partnern und Kunden genutzt. Beeindruckender Blickfang ist eine ebenfalls bis hinauf zum Dach reichende „schwebende“ Wand: die „Große Vertikale“.

Neben der außergewöhnlich gestalteten Eingangshalle ist das Erdgeschoss ganz dem Technikum und einem Bistro vorbehalten. Um für unterschiedlichste Anforderungen der Zukunft gewappnet zu sein, variiert hier die Raumhöhe zwischen 4 und 8 m. Die Labore haben Zugang zu den in den Gebäudekomplex integrierten Höfen und können so direkt beliefert werden. Über dem Technikum „schwebt“ der dreigeschossige Bürokörper mit Doppel- und Großraumbüros. In der dritten Etage befindet sich ein modern und multifunktional gestaltetes Seminar- und Konferenzzentrum.

Herausforderungen eines Großprojekts

„Dass sich die Bauarbeiten wegen einer Kampfmittelbeseitigung um sieben Monate verzögert haben, war nur eine der zahlreichen Herausforderungen, vor die uns das Großprojekt gestellt hat“, so Burkhard Okel, Geschäftsführer der Okel GmbH & Co. KG. „Immer wieder mussten wir den Bauzeitenplan neu entwickeln, da die offene Fassade im Winter größtenteils keine Bauarbeiten im Innenbereich zugelassen hat, was zu Verwerfungen im Bauablauf zwischen TGA und Ausbaugewerken geführt hat. Durch die temperaturunabhängige, fortlaufende Montage der haustechnischen Gewerke wurden handelsübliche Brandschutzabschottungen größtenteils nicht mehr möglich, so dass auf komplizierte Trockenbaukonstruktionen zurückgegriffen werden musste.“

Besonders hoch seien die Ansprüche an die Akustik gewesen, so Bauleiter Mirko Rohdenburg: „Durch Lamellendecken mit oberseitig angebrachten Akustikbaffeln, Gipskartonlochdecken- und Wänden sowie Mineralfaserdecken mit verdeckt liegenden Unterkonstruktionen haben wir die Anforderungen des Gutachtens zur Raumakustik und der DIN 4109 zu hundert Prozent erfüllt. Im Nachgang wurde alles durch ein externes Ingenieurbüro gemessen und bestätigt.“

„Große Vertikale“ des Atriums

Bei der ?Großen Vertikalen? handelt es sich um eine vertikale, schallabsorbierende, in Teilbereichen in F90 ausgeführte Wandkonstruktion, die vom Erdgeschoss bis zum Dachgeschoss reicht und mit einer vertikalen Neigung von etwa sechs Grad den Geschosseben Bei der „Großen Vertikalen“ handelt es sich um eine vertikale, schallabsorbierende, in Teilbereichen in F90 ausgeführte Wandkonstruktion, die vom Erdgeschoss bis zum Dachgeschoss reicht und mit einer vertikalen Neigung von etwa sechs Grad den Geschossebenen folgt
Foto: Okel

Bei der „Großen Vertikalen“ handelt es sich um eine vertikale, schallabsorbierende, in Teilbereichen in F90 ausgeführte Wandkonstruktion, die vom Erdgeschoss bis zum Dachgeschoss reicht und mit einer vertikalen Neigung von etwa sechs Grad den Geschossebenen folgt
Foto: Okel
Zu den größten Herausforderungen habe auch der Einbau der „Großen Vertikalen“ im Atrium gehört. Dabei handelt es sich um eine vertikale, schallabsorbierende und in Teilbereichen in F90 ausgeführte Wandkonstruktion, die vom Erdgeschoss bis zum Dachgeschoss reicht und mit einer vertikalen Neigung von etwa sechs Grad den Geschossebenen folgt. Die zu schweben scheinende Schallabsorptionswand ist damit um etwa 3 m schräggestellt. Maßgeblich bei der Stahlunterkonstruktion der Wand war unter anderem, dass sie die Last der besonders großen, im unteren Bereich installierten Monitorwand sicher tragen kann. Ausgeführt wurde die Wand als 18 m hohe, freistehende Akustik-Vorsatzschale („Rigips System VS11RTA“), die bis auf 21 m unters Dach reicht.

Im Vorfeld war der Rohbau im Atrium einem 3D-Laserscan unterzogen worden. „Aus den gewonnenen Daten und der Punktwolke konnten wir zeichnerisch die benötigte Stahlunterkonstruktion für die Gipskarton-Konstruktion ableiten und im Betrieb vorfertigen, was zum passgenauen Montageerfolg führte“, erklärt Mirko Rohdenburg. „Dabei bestehen die Kragarme aus 900 mm langen HEA 100 Stahlträgern, auf denen Obergurte aufgelagert wurden, die als Decken- und Bodenanschluss für die Akustikvorsatzschale dienen.“ Gemäß der Pläne der Architekten wurden mehrere große F90-Schallschutzfenster mit Brandschutzverglasung und Absturzsicherung sowie einem 6 mm dicken Laibungsrahmen aus Stahlblech in die Wand integriert.

Über ein zentrales, lichtdurchflutetes Atrium sind alle vier Geschosse miteinander verbunden Über ein zentrales, lichtdurchflutetes Atrium sind alle vier Geschosse miteinander verbunden
Foto: Foerderraum / Henry Koch

Über ein zentrales, lichtdurchflutetes Atrium sind alle vier Geschosse miteinander verbunden
Foto: Foerderraum / Henry Koch
Zur Optimierung der Schallabsorption wurde die Wand mit einer vorgehängten, hinterlüfteten Bekleidung aus „Rigitone Activ’Air 6/18 R“ ausgeführt. Die akustisch hochwirksamen Lochgipsplatten sind ideal für die Gestaltung vielfältiger Designs mit hochwertigen, fugenlosen Oberflächen und kamen auch zur Bekleidung der Balustraden und Decken in zahlreichen Büros zum Einsatz. Die Platten sind rückseitig mit kaschiertem Akustikvlies ausgestattet, sofort einsatzbereit und verfügen über den Premium-Luftreinigungseffekt „Activ’Air“. Dank des speziellen Wirkkomplexes verbessert sich dauerhaft die Luftqualität in Innenräumen. „Die Vorgaben aus den Akustikgutachten haben wir mit der ,Rigitone Activ’Air‘ an schräger Wand und Brüstung vollständig eingehalten und damit im Foyer sowie im Atrium für eine ausgezeichnete Sprachverständlichkeit gesorgt“, so Mirko Rohdenburg. Besonders gelungen ist auch die Gestaltung der großen Fläche mit Hilfe weitverzweigter, zugespachtelter Bereiche der Lochplatten. Entstanden ist so ein handwerklich anspruchsvolles, einem Netzwerk nachempfundenen, Muster. 

Zentrales Element: der Raum „Fraunhofer“

Die Holzlamellen befestigten die Handwerker unsichtbar, dem Wandverlauf folgend und in horizontalem Rasterverlauf Die Holzlamellen befestigten die Handwerker unsichtbar, dem Wandverlauf folgend und in horizontalem Rasterverlauf
Foto: Okel

Die Holzlamellen befestigten die Handwerker unsichtbar, dem Wandverlauf folgend und in horizontalem Rasterverlauf
Foto: Okel
Der zentrale Raum des neuen Gebäudes ist das imposante, mit modernsten Informations- und Kommunikationssystemen ausgestattete „HCCC – Hybrid Collaboration Conference Center“, kurz der Raum „Fraunhofer“, im dritten Obergeschoss. Die Herausforderung des Ausbauteams lag dort vor allem in der Ausführung der akustisch verbesserten, gebogenen Lamellen-Wand im Konferenzbereich. Ihre grundlegende Stahlunterkonstruktion errichteten die Handwerker aus Vierkantrohren, die sie mit Flanschplatten und Schieblingen befestigen. Um die Anforderungen an die Schallabsorption zu erfüllen, wurden die Gipskartonflächen als akustisch schwingende Membran mit Hutfederschienen ausgeführt. Zum Einsatz kam dabei die kartonummantelte flexible Gipsplatte „Rigips GK-Form 6 mm“. Sie verfügt über eine geschlossene Oberfläche, ist trocken und vorgenässt formbar und für die Herstellung geschwungener Wand- und gewölbter Deckensysteme ohne Brandschutzanforderungen bestens geeignet. Damit die Wandfläche Schallwellen aufnehmen und verarbeiten kann, wurde die runde Vorsatzschalenkonstruktion gegenüber der  Tragkonstruktion entkoppelt. Die Holzlamellen befestigten die Handwerker unsichtbar, dem Wandverlauf folgend und in horizontalem Rasterverlauf.

Der zentrale Raumbereich des neuen Gebäudes ist das imposante, mit modernsten Informations- und Kommunikationssystemen ausgestattete ?HCCC ? Hybrid Collaboration Conference Center? im dritten Obergeschoss Der zentrale Raumbereich des neuen Gebäudes ist das imposante, mit modernsten Informations- und Kommunikationssystemen ausgestattete „HCCC – Hybrid Collaboration Conference Center“ im dritten Obergeschoss
Foto: Foerderraum / Henry Koch

Der zentrale Raumbereich des neuen Gebäudes ist das imposante, mit modernsten Informations- und Kommunikationssystemen ausgestattete „HCCC – Hybrid Collaboration Conference Center“ im dritten Obergeschoss
Foto: Foerderraum / Henry Koch
Eine zusätzliche Besonderheit der Wandkonstruktion ist die integrierte Lüftung, die über Bodenkanäle im Hohlraumboden geführt wird und in wandintegrierten Quellluftauslässen mündet. Perfekt abgestimmt auf Einrichtung und Gestaltung des Raums realisierte das Ausbauteam der Firma Okel darüber hinaus schwarze, revisionierbare Mineralfaserdecken, die mit einer systemeigenen Unterkonstruktion aus Akustik-Aluminium-U-Profilen und akustisch hochwirksamen Lamellen ausgeführt wurden.

Fluchttunnel im Treppenhaus

Das innenliegende Treppenhaus des Gebäudes wurde mit einem gesicherten Rettungsgang ausgestattet Das innenliegende Treppenhaus des Gebäudes wurde mit einem gesicherten Rettungsgang ausgestattet
Foto: Okel

Das innenliegende Treppenhaus des Gebäudes wurde mit einem gesicherten Rettungsgang ausgestattet
Foto: Okel
Um im Brandfall oder einem anderen Notfall das Forschungsinstitut so schnell wie möglich sicher verlassen zu können, wurde das innenliegende Treppenhaus des Gebäudes mit einem gesicherten Rettungsgang ausgestattet. Dieser kreuzt eine hochinstallierte Flurdecke und wurde mit Stahlträgern aus Hohlprofilen 120 x 80 x 5 mm und einer vierseitigen Beplankung mit der speziellen Brandschutzplatte „Rigips Glasroc F“ (gemäß „Rigips Detailblatt BS24GT“) konstruiert. Dank ihrer Klassifizierung als normkonforme vliesarmierte Gipsplatte gemäß DIN EN 15283-1 bietet die leistungsstarke Brandschutzplatte vom Typ GM-FH2 größtmögliche Sicherheit für die Planung und Ausführung von Tragwerksbekleidungen und Brandschutzkonstruktionen wie Installationskanäle, ­Schachtwände und ­Deckenkonstruktionen. Der verbesserte Gefügezusammenhalt ermöglicht die Herstellung von sehr leistungsfähigen Konstruktionen, da „Rigips Glasroc F“ auch nach langer Brandeinwirkung noch formstabil und rissfrei bleibt. Die Tunneldecke führte das Ausbauteam als selbsttragende Unterdecke (F90) mit integriertem Brandschutzgehäuse für Einbauleuchten aus („Rigips System FD22GR“). Die Beplankung erfolgte auch hier mit der Brandschutzplatte „Glasroc F“.

Prämierungen für herausragende Leistungen

Die Jury der 13. Rigips Trophy 2021 I 2023 hat die Leistung des Ausbauteams aus Diemelstadt mehr als überzeugt: Erneut habe die Firma Okel ihr „Händchen“ für anspruchsvolle Großprojekte bewiesen. Die Juroren würdigten sowohl die Raffinesse der unmittelbar ins Auge fallenden Konstruktionen als auch die zahlreichen, nach Fertigstellung häufig nicht mehr sichtbaren, Ausbaudetails. Materialvielfalt und gestalterische Elemente seien zielführend in den Dienst des Gesamteindrucks des Gebäudes gestellt worden. Ihren Erfolg bei der 13. Rigips Trophy konnten die Ausbauprofis bei der Saint-Gobain Gypsum International Trophy 2023 noch einmal „toppen“. Mit dem Gewinnerobjekt aus der Trophy setzte sich die Okel GmbH & Co. KG gegen die 73 besten Ausbauobjekte aus 27 Ländern durch und eroberte die silberne Trophäe in der Kategorie Non-Residential.

 

Autor

Henning Häusler ist Gebietsleiter bei der Firma Saint-Gobain Rigips in Düsseldorf.

Baubeteiligte (Auswahl)

 

Bauherr Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V., Kassel, www.iee.fraunhofer.de

Architekt HHS-Planer + Architekten, Kassel, www.hhs.ag

Trockenbauarbeiten Okel, Diemelstadt, www.okel.de

Trockenbauprodukte Saint-Gobain Rigips, Düsseldorf, www.rigips.de

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