Alarmierende Fassadenschäden

Das Deutsche Museum in München beherbergt die größte naturwissenschaftlich-technische Sammlung
der Welt. Nach fast 100 Jahren ohne nennenswerte Instandsetzungen, waren die Bauschäden alarmierend.
Die Eisenbeton-Fassade war nicht nur geschwärzt von Abgasen, sondern wies auch zahlreiche Schäden auf.

Als im Rahmen des Konjunkturpaketes II Mittel zur Verfügung standen, wurde 2009/2010 eine umfassende Sanierung für 400 Millionen Euro durchgeführt und dabei auch die Gebäudehülle unter Denkmalschutzauflagen bautechnisch und energetisch saniert. 

Sanierung einer Eisenbeton-Fassade

Die rund 100 Jahre alte Fassade aus bewehrtem Stampfbeton ist an der Oberfläche scharriert ausgeführt. Die Betonoberflächen sind rau und unterschiedlich stark abgewittert. Alle Elemente wiesen eine Vielzahl an Schäden auf, wie Hohlstellen, Risse und Betonabplatzungen, zum Teil mit freiliegenden, korrodierten Bewehrungseisen. Die Sanierung erfolgte auf Grundlage eines Instandsetzungsplans, entsprechend der DAfStb-Richtlinie von 2001 sowie der DIN EN 1504. Vorangegangen war eine sorgfältige Bauwerksuntersuchung mit Kartierung der Betonschäden. Alle Instandsetzungsarbeiten wurden unter der Aufsicht eines diplomierten Restaurators ausgeführt. Vorgabe war, die Oberfläche und Struktur der Eisenbetonfassade zu erhalten und die Sanierungsstellen in Farbigkeit und Struktur dem Bestand anzupassen.

 

Betoninstandsetzung

Das Sanierungskonzept sah vor, die Reprofilierung der Schadstellen mit freiliegenden, korrodierten Bewehrungseisen nach dem Instandsetzungsprinzip R auszuführen. Der Korrosionsschutz wird hierbei durch die Wiederherstellung des alkalischen Milieus im Beton und damit einer erneuten Passivierung der betroffenen Bestands-Bewehrung erreicht.

Die Anforderungen an den Sanierungsbeton (Spritzbeton) lauteten:

Beanspruchungsklasse M3, zementgebunden

Zusammensetzung nach Normenreihe DIN 1045

Korndurchmesser maximal 16 mm

Mindestschichtdicke 50 mm

Dieses technische Leistungsprofil wurde erweitert durch Anforderungen der Denkmalbehörde. Denn die Betonreparaturen an den Fassadenflächen sollten sich, im Vergleich zum Bestand, bei gleicher Materialstruktur, Oberfläche und gleicher Wasseraufnahme nicht in der Bewitterung abzeichnen. In statisch relevanten Bereichen wurde der Remmers Betoninstandsetzungsmörtel Betofix R4 eingesetzt. Der lässt sich im Nassspritzverfahren hervorragend maschinell applizieren, was ihn für das Sanierung am Museum zusätzlich qualifizierte.

Die fortgeschrittene Carbonatisierungsfront an den Pilastern hatte stellenweise die Bewehrung überlaufen und das Tragwerk massiv geschädigt. Von ersten feinen Rissen bis zum Querschnittsverlust der tragenden Bewehrung stellten die Sanierungsfachleute hier alle Schädigungsstufen fest. Eine rein kosmetische Instandsetzung der Betonausbrüche durch minimale Aufdoppelung der zu geringen Betonüberdeckung und eine Realkalisierung des Bestandes kam deshalb nicht in Frage.

 

Reprofilierung und Riss-Sanierung

Die Handwerker legten die Bewehrung geschädigter Pilasterbereiche bis mindestens 50 mm hinter die angrenzende Fassadenfront frei und tauschten stark korrodierte Stabstähle und Bügeleisen Stück für Stück aus. Zusätzlichen Korrosionsschutz erhielt die Bewehrung durch den Einsatz von Remmers Betofix RM Rostschutz M. In Teilbereichen wurde darüber hinaus der alkalische Instandsetzungsbeton Betofix R 4 aufgetragen.

Die Oberflächenstruktur wurde in ihrer Scharrierung mit 7 t Betofix RM als Historic Oberputz mit einer Mindestdicke von 20 mm in zwei speziellen Farbtönen angepasst. Für die Anpassung der Körnung kamen 2 t Edelsplit (5-8 und 8-11 mm) sowie 1 t Marmorsplit (4-8 und 8-11 mm) zum Einsatz.

Zielsetzung der Rissverdämmung war die Beseitigung von Undichtigkeiten zur Hemmung beziehungsweise Verhinderung des weiteren Eindringens korrosionsfördernder Wirkstoffe und das Herstellen einer zug- und druckfesten Verbindung. Entsprechend der Klassifizierung der Rissweiten kamen folgende Produkte zum Einsatz:

70 kg Injektionsharz PUR 2K

160 kg Injektionsharz 100

150 kg Injektionsleim 2K für Rissbreiten ab 2 mm

Hydrophobierende Betonimprägnierung

Zur Reduzierung und Egalisierung der Wasseraufnahme der Fassadenflächen sowie einer geringeren Verschmutzungsneigung wurde nach Abschluss der Betoninstandsetzung die Fassade mit Funcosil IC hydrophobierend imprägniert. Dies erfolgte auf Vorschlag von Prof. Dr. Helmut Weber, der in die Planungen einbezogen und von der Firma Keilberg mit der Eigenüberwachung beauftragt war. Er leistete wichtige Aufklärungsarbeit und nach einigen kontroversen Diskussionen mit dem Auftraggeber und der Denkmalpflege wurde eine Hydrophobierung unter Berücksichtigung der objektbezogenen Materialeigenschaften beschlossen.

Der Fassadenschutz durch Imprägnierung hat in den letzten Jahren technische Fortschritte gemacht. Die Anpassung einer hydrophobierenden Imprägnierung an die spezifische Fassadensituation am Bauwerk stellte dabei eine echte Verbesserung dar. Bei der so genannten adaptiven Fassadenimprägnierung wird nur so stark wie erforderlich hydrophobiert. Das Eindringen von Feuchtigkeit bei Schlagregen wird dennoch stark reduziert. Gleichzeitig ist die Abtrocknung über verbleibende „kapillare Anteile“ deutlich höher als nach einer „klassischen“ Hydrophobierung.

Die Einstellung der adaptiven Hydrophobierung war ein aufwendiger Prozess, bei dem neben der kapillaren Wasseraufnahme die Parameter der kapillaren Sättigung, die Sättigung bis zur Massekonstanz, die Änderung des Wasserdampfdiffusionswiderstandes, der Verdunstungsverlauf sowie die Eindringtiefe unterschiedlicher Imprägniermittel bestimmt werden mussten.

 

Gutes Material für gute Ergebnisse

„Bei diesem hochrangigen Bauvorhaben ging es nicht, nur eine rein kosmetische Sanierung auszuführen. Die Anforderungen konnte nur von qualifiziertem Fachpersonal mit SIVV-Schein und Düsenführerschein bewältigt werden. Hinzu kam unsere Erfahrung in der restauratorischen Betoninstandsetzung und natürlich der richtige Materialeinsatz“, erläuterte Karsten Keilberg, Geschäftsführer der Firma Keilberg Gebäudesanierung aus Glauchau, die mit der Betoninstandsetzung am Deutschen Museum betraut war. „Die besondere Schwierigkeit bestand in der Oberflächenanpassung. Jeder Fassadenabschnitt unterschied sich im Bestand durch eine variierende Struktur, Farbigkeit und Korn. Die geforderte Anpassung konnten wir hervorragend mit dem Mörtel Betofix RM bewältigen. Er wurde in zwei Farbstellungen geliefert, mit denen wir durch Mischen und Auswahl der Zuschlagstoffe optimale Ergebnisse erzielten. Überzeugt hat uns auch die IC Imprägniercreme. Ihr Auftrag lässt sich sehr einfach optisch kontrollieren, da sie als weiße Creme etwa 30 Minuten standfest auf der Oberfläche verbleibt, ehe sie vom Eisenbeton rückstandslos aufgenommen wird. Dabei ist ihre Eindringtiefe wesentlich besser als bei flüssigen Imprägnaten.“

 

Autor

Dipl.-Ing. Jens Engel ist Produktmanager in den Bereichen Fassadenschutz und Denkmalpflege bei der Firma Remmers Baustofftechnik in Löningen.

Bautechnische und energetische Sanierung der Gebäudehülle des Deutschen Museums München

Struktur, Farbe und Korn der Fassade variieren stark – eine schwierige Aufgabe für die Sanierer

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