Brandschutzbeschichtung: Dem Feuer keine Chance

Vorbeugender Brandschutz ist der Überbegriff aller Arbeiten zur Verhinderung oder Einschränkung der Entstehung, Auswirkung und Ausbreitung von Feuer. Neben vielen Toten und Verletzten sind bei jährlich rund 200 000 Haus- und Wohnungsbränden Schäden in Höhe von über vier Milliarden Euro zu beklagen.

Auf den Baustellen des mittelständischen Ausbauhandwerks, wo es nachträgliche An- und Umbauten sowie Dachgeschossausbauten auszuführen gilt, werden Brandschutzvorschriften oft noch sträflich missachtet. Die Nutzungsänderung verlangt für die Baugenehmigung jedoch neben der Anzeige geforderter Energiemaßnahmen auch Angaben zum geforderten vorbeugenden Brandschutz.

 

Feuerwiderstands- und Brandschutzklassen

In den Bauordnungen der Länder wird geregelt, wie lange ein Bauteil dem Feuer widerstehen muss. Bauteile werden je nach ihrem Brandverhalten in Feuerwiderstandsklassen eingeordnet. Ein Bauteil der Klasse F 30 muss einem Feuerangriff mindestens 30 Minuten standhalten. Die Klassifizierung F 60 steht für eine Widerstandszeit von mindestens 60 Minuten und F 90-Bauteile halten entsprechend 90 Minuten stand.

Baustoffe werden nach ihrer Brennbarkeit bestimmten Brandschutzklassen zugeordnet. Brandschutzklasse A enthält alle nicht brennbaren Stoffe, wie Beton, Mauerwerk, Zement, Mörtel oder Glas. Brandschutzklasse B enthält alle brennbaren Stoffe, unterteilt in schwerentflammbare Baustoffe (B 1) wie Hartholz oder verputzte Holzwolleplatten, normalentflammbare Baustoffe (B 2) wie Weichholz oder Silikon und leicht entflammbare Stoffe (B 3) wie Polystyrol. Letztere dürfen nicht ungeschützt verbaut werden. Durch eine ausreichend dicke zugelassene Brandschutzbeschichtung kann jedoch eine sichere Brandschutzklasse erreicht werden.  

 

Spezialbeschichtungen und feuerfeste Materialien

In der modernen Architektur sind Stahlkonstruktionen nicht mehr wegzudenken. Stahl brennt zwar nicht, verliert jedoch bei Temperaturen ab 500 °C seine Stabilität und Tragfähigkeit. Das kann im Brandfall bereits innerhalb von 10 Minuten geschehen. Brandschutzbeschichtungen verzögern je nach Schichtdicke die Ausbreitung des Feuers und das Aufheizen der tragenden Konstruktion. Häufige Fehler beim Brandschutz sind nicht fachmännisch geschützte Fugen und Ausschnitte in Wand- und Deckenflächen. Unterbrochener Brandschutz ist wirkungslos. So müssen zum Beispiel Einbauleuchten mit Brandschutzhauben abgedeckt werden. Das gilt auch für Lüfter-, Kabel- oder Rohrdurchbrüche. Fugen bis 30 mm werden mit Spezialspachtelmassen für F 90-Anforderungen sicher geschlossen. Bei breiteren Fugen bis 100 mm müssen Mineraldämmungsstücke, mindestens 60 mm dick, eingepasst und dicht verspachtelt sein. Öffnungen zu Kabel- und Rohrschächten müssen mit feuerfestem Verschottungsmörtel unter Verwendung von feuerfesten Manschetten und unbrennbarem Dämmmaterial rauchdicht geschlossen werden. Im Bestand sind viele Kabel- und Rohrleitungen mit hohem, heute nicht mehr zugelassenem Kunststoffanteil verbaut. Ungeschützt fallen hier bei Feuer besonders große Mengen hochgiftiger Gase an.

Eine sichere Beschichtung für vorbeugenden Holzbrandschutz sollte den europäischen Normen EN 13823 und EN 13501 entsprechen, die über die deutsche Klassifikation DIN 4102 europaweit gültig erfüllt werden. Die neuen Qualitäten schützen nicht nur vor Brandweiterleitung, sondern auch vor Verletzungen durch abtropfende Teile und Rauchgasvergiftungen. Für die Bearbeitung von Echtholz sind hochtransparente Brandschutzbeschichtung und der farblose Decklack neu. Aber auch Weiß und Farbtöne nach RAL oder NCS können gewählt werden. Die Überzugslacke und andere Produkte sind VOC-konform. Besonders leicht entflammbar sind viele Raumtextilien. Das gilt nicht nur für große Bühnenvorhänge, Wandbekleidungen und Bodenbeläge, sondern auch für Gardinen. Besser sind nicht brennbare Produkte aus Glasfasern. Der verantwortungsbewusste Handwerker muss sich immer wieder neu über alle aktuellen Vorschriften zum vorbeugenden Brandschutz informieren und diese in der Praxis umsetzen. Im Internet oder direkt bei erfahrenen Herstellern bewährter Brandschutzsysteme können ausführliche technische Merkblätter, Verarbeitungsvorgaben, oder fachliche Beratung angefordert werden. Auch auf Praxisseminare zum Thema sollte man keinesfalls verzichten.

 

Autor

Hans Jürgen Ronicke ist Malermeister, Innenarchitekt WKS, Restaurator im Handwerk und freier Autor der Zeitschrift bauhandwerk. Er lebt und arbeitet in Wittenberg.

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