Dämmputz als Alternative zum WDVS
Wie man mineralische Dämmputzsysteme richtig verarbeitet

Dämmputze kommen häufig dort zum Einsatz, wo Wärmedämmverbundsysteme an ihre Grenzen stoßen.Mineralische Dämmputzsysteme sind wirtschaftlich und können sowohl innen als auch außen verarbeitetet werden. Das gelingt problemlos – vorausgesetzt man beachtet einige wichtige Regeln.

Mineralische Dämmputze werden besonders häufig in der Denkmalpflege eingesetzt, da sie eine nachträgliche Wärmedämmung von Fassaden oder Außenwänden ermöglichen, ohne dass das Erscheinungsbild von Fassaden grundlegend verändert wird. Auch mit einer entsprechenden Innendämmung können bei Altbau-Mauerwerk U-Werte von etwa 0,6 W/m2K erreicht werden. Installationen der Haustechnik lassen sich dabei problemlos in der Dämmputzebene unterbringen. Durch ihre bauphysikalisch optimalen Eigenschaften ist der Einsatz von Dämmputzen als Innendämmung bis zu einer Dicke vom 60 mm ohne bauphysikalischen Nachweis möglich. Bei größeren Dicken sollten in jedem Fall zuvor feuchtetechnische Berechnungen, zum Beispiel mit dem WUFI-Verfahren, vorgenommen werden.

Aber auch im Neubau erfüllen Dämmputze wichtige Funktionen. So eignen sich die diffusionsoffenen Dämmsysteme zum Beispiel optimal als Zusatzdämmung für wärmedämmendes Leichtmauerwerk wie Leichthochlochziegeln, Leichtbeton oder Porenbeton. Aufgrund des niedrigen E-Moduls wird eine hohe Entkopplung vom Putzgrund erreicht und damit das Risiko von untergrundbedingten Putzrissen deutlich verringert. Selbst schwierige Untergründe lassen sich so sicher verputzen. Da mit Dämmputzsystemen Auftragsdicken von 100 mm problemlos möglich sind, eignen sie sich auch zum Ausgleich von großen Unebenheiten im Mauerwerk. Die fugenlosen Dämmschichten passen sich dem Untergrund optimal an.

Sicherheit im System

Als Wärmedämmputz bezeichnet man Kalk- oder Kalk-Zement-Putze mit einem erhöhten Anteil an leichten Zuschlägen – in der Regel Kügelchen aus expandiertem Polystyrol (EPS). In Deutschland werden überwiegend Dämmputze mit einer Wärmeleitfähigkeit von etwa 0,07 W/mK verwendet. Dämmputzsysteme bestehen aus einem mineralischen Dämmputz, gegebenenfalls einer Armierungsschicht und einem Oberputz. Das „weber.therm“ Dämmputzsystem des Herstellers Saint-Gobain Weber beispielsweise basiert auf dem Dämmputz „weber.therm 507“. Optional steht der Vorspritzmörtel „weber.therm 500“ zur Verfügung. Dabei handelt es sich um einen mineralischen Leichtmörtel, der das Saugverhalten des Untergrunds reduziert und in seinen Eigenschaften auf den Dämmputz abgestimmt ist. Je nach gewähltem Oberputz ist zusätzlich die Verwendung eines armierten Ausgleichsputzes und eines Gewebes notwendig. Als Oberflächenfinish empfiehlt sich ein mineralischer Oberputz, beispielsweise ein Edelkratzputz der „AquaBalance“-Reihe. Alternativ können auch Scheibenputze oder freie Strukturen gewählt werden. Generell gilt: Um die Funktionalität und Dauerhaftigkeit des Systems zu gewährleisten, dürfen die vom Hersteller vorgegebenen Systemkomponenten nicht eigenmächtig ausgetauscht werden. Andernfalls erlischt die Gewährleistung.

Vorbereitung des Untergrunds

Das „weber.therm“ Dämmputzsystem kann auf allen verputzbaren Untergründen innen und außen aufgebracht werden. Vor dem Auftrag wird der alte, nicht tragfähige Putz komplett abgeschlagen. Tragfähige Fugen werden ausgekratzt. Erfolgt der Dämmputzauftrag auf Flächen mit Farbanstrichen, müssen diese zu mindestens 70 Prozent vorher entfernt und – wie bei allen nicht ausreichend tragfähigen Untergründen – ein Putzträger spannungsfrei aufgebracht werden.

Normal saugende Untergründe wie Leichtlochziegel bedürfen keiner weiteren Vorbehandlung. Bei stark oder ungleichmäßig saugenden Untergründen dagegen sollten – abhängig vom Untergrund – entweder ein Vorspritzmörtel oder eine Rillenspachtelung mit dem systemeigenen Klebe- und Armierungsmörtel auf die tragfähigen Altputzflächen aufgebracht werden. In beiden Fällen darf der Dämmputzauftrag frühestens nach vier Tagen erfolgen.

Richtige Ausführung an der Fassade

Nach Reinigung der Fassade und angemessener Standzeit kann der Wärmedämmputz aufgebracht werden. Bis zu einer Dicke von 50 bis 60 mm genügt eine einschichte Verarbeitung. Bei größeren Dicken bis 100 mm sollte der Putz zweischichtig aufgebracht werden, wobei eine Standzeit der ersten Schicht von drei Tagen nicht überschritten werden darf. Eine Verarbeitung mit marktüblichen Putzmaschinen ist möglich. Zu diesem Zweck bedarf es jedoch einer Zusatzausrüstung, bestehend aus Aufsatzkranz oder -trichter, Wärmedämmputz-Wendel und Nachmischer. Putzprofile ermöglichen eine sichere und dauerhafte Ausführung von Sockel und Gebäude-ecken und werden mit Profildübeln und -ansetzmörtel im Mauerwerk befestigt. Soll ein gedämmter Sockel ausgeführt werden, erfolgt dies mit speziellen Sockel-Dämmplatten.

Die Vorbereitung für den Auftrag des Oberputzes unterscheidet sich je nach gewählter Struktur: Handelt es sich um einen dickschichtigen Oberputz, wird die Dämmputzschicht waagerecht aufgekämmt und nach einer Standzeit von einem Tag pro cm Auftragsdicke – mindestens aber sieben Tagen – direkt der Oberputz aufgebracht. Bei Dünnschichtputzen dagegen ist eine etwa 7 mm dicke Ausgleichsschicht mit eingebettetem Armierungsgewebe notwendig. Der Unterputz wird in diesem Fall vor dem Auftrag der Armierungsschicht rau abgezogen und gegebenenfalls vorgenässt oder grundiert. Nach der Armierung wird schließlich der Oberputz maschinell oder von Hand aufgebracht und die Oberfläche anschließend mit geeignetem Werkzeug strukturiert. Bei Kratzputz kann auf die Armierungsschicht verzichtet werden.

Dämmputz innen verarbeiten

Im Gebäude erfolgt der Dämmputzauftrag entweder einlagig zweischichtig (2/3-1/3) oder zweilagig. Anschließend wird der Putz vollflächig rabbotiert und – nach entsprechender Standzeit – die Armierungsschicht aufgebracht. Als Oberbeschichtung empfiehlt sich ein mineralischer Kalkputz, beispielsweise der Kalk-Strukturspachtel „weber.cal 286“ oder der Kalk-Filzputz „weber.cal 288“. Der Oberputz wird in einer Dicke von 2 bis 3 mm aufgetragen und je nach gewünschter Struktur mit feinem oder grobem Schwammbrett gefilzt.

Fazit und Ausblick

Bei korrekter Ausführung lassen sich mit einem Dämmputzsystem denkmalgeschützte Gebäude ebenso energetisch aufwerten wie Neubauten mit hochwärmedämmendem Leichtmauerwerk. Es gibt zudem am Markt erste Produktentwicklungen, die die Vorzüge von Dämmputzen mit denen von Leichtunterputzen verbinden und deren Wärmeleitfähigkeit den Wert von 0,07 W/mK deutlich unterschreitet. Da der Entwicklung immer leichterer Mauersteine technische Grenzen gesetzt sind, können entsprechend optimierte Unterputze in Zukunft einen wichtigen Beitrag zum Erreichen energetischer Ziele erbringen.

Autor

Dipl.-Ing. Georg J. Kolbe studierte Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Bochum. Er ist Leiter des Produktmanagements Fassade/Wand bei der Saint-Gobain Weber GmbH in Düsseldorf.

Web-Service

Tabelle wichtiger Kennzahlen von Putzen.

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