Kirchendach gefeit gegen Sturm und Regen

Bei einer Dachsanierung der Basilika in Straubing wurden in kleinen Abschnitten die Bibereindeckung entfernt, eine normgerechte Lattung eingebaut und die Ziegel wieder eingesetzt. Bei der Gelegenheit konnte das Dach entsprechend dem Regelwerk des ZVDH windsogsicher gemacht werden.

Vor rund acht Jahre erfolgte eine umfassende Sanierung mit kompletter Neueindeckung des Kirchendaches der Basilika St. Jakob in Straubing. Aufgrund der nicht fachgerecht durchgeführten Sanierung kam es aber im Laufe der Zeit zu Regenschäden im Dachbereich. Diese führten teilweise zu Schäden an der wertvollen Kircheneinrichtung. Zudem lösten sich mehrfach Dachziegel und fielen in den stark befahrenen Straßenbereich neben der Kirche. Im Winter kam es zu Schneeeintrieb, im Sommer trieb der Wind den Regen in das Dach. Anlässlich der geplanten Innenrenovierung wurde das Dach in 2009 gutachterlich untersucht. Daraus ergab sich, dass die komplette Dachfläche von rund 3000 m² nicht regelkonform eingedeckt wurde und deshalb erneut saniert werden musste. Die Sanierung läuft voraussichtlich bis 2013. Dabei wird in kleinen Abschnitten die Bibereindeckung entfernt, eine normgerechte Lattung neu eingebaut und die Ziegel entsprechend der Windsogberechnung mit Biberklammern Typ 415 c von Friedrich Ossenberg Schule + Söhne (FOS) gesichert.


Architektur: im Baustil der Gotik

Die größte Hallenkirche Bayerns wurde um 1395 unter Herzog Albrecht II. im Stil der Gotik durch den Baumeister Hans von Burghausen errichtet. Das rund 77 Meter außen messende Langhaus und der Chor bilden eine einheitliche dreischiffige Halle. Die Turmhöhe beträgt ohne Kreuz 89 Meter und mit Kreuz 95 Meter. An dessen Nordseite gibt es ein kleines Treppentürmchen.

Das ursprüngliche gotische Rippengewölbe wurde durch den Brand von 1780 so stark beschädigt, dass es aufgegeben werden musste und durch ein flaches und teilweise rundbogiges Gewölbe ersetzt wurde. Fünf Fenster enthalten wertvolle spätgotische Glasmalereien. Die Kircheneinrichtung ist wertvoll, dazu zählen unter anderem ein spätgotischer Flügelaltar von 1485 sowie eine reich verzierte Rokokokanzlei von 1752. Derzeit werden in der Kirche Renovierungen durchgeführt.

 

Erneute Dachsanierung

Die ursprünglich nicht geplante Komplettsanierung der mit 52 Grad Dachneigung sehr steilen Dachfläche wurde aufgrund der gutachterlichen Überprüfung notwendig und im Rahmen der laufenden Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Bei der rund 3000 m² messenden Dachfläche mit einer Traufhöhe von rund 23,2 m und einer Firsthöhe von rund 37 m über dem Gelände beträgt die Länge der Dachfläche von Traufe zum First rund 19 m. Imposant ist auch der Dachbereich mit seinem aus dem Wiederaufbau nach 1780 stammenden, unbehandelten Holzdachstuhl mit einer Innenhöhe von etwa 13 m.

 

Dachsanierung schloss die Windsogsicherung mit ein

Das mit der Planung der Innensanierung beauftragte Architekturbüro Nadler & Sperk aus Landshut übernahm auch mit der Dachsanierung. „Aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme ließen wir die Windsogberechnung sowie die neue Lattung berechnen“, sagt Dipl.-Ing. Michael Nadler. Das war vernünftig, denn es zeigte sich, dass die vorhandene Konterlattung mit 75 mm Breite zu gering bemessen war, jetzt werden dafür 120 mm breite Latten eingesetzt. Zudem wird der Lattenabstand jetzt entsprechend der neuen Berechnung kleiner gehalten, die Höhenüberdeckung sowie der seitliche Abstand der Biber fachgerecht ausgeführt. Es zeigte sich auch, dass die notwendigen Leiterhaken zum Teil auf der Lattung und nicht, wie es richtig ist, auf dem Sparren befestigt wurden. Auch das wird bei der Dachsanierung korrigiert. Gemäß den Richtlinien des ZVDH wird eine Unterdeckbahn verlegt.

Gemäß der von FOS durchgeführten Windsogberechnung und dem daraus resultierendem Verlegeplan werden abschnittweise die verlegten Biber entnommen. Die neue Konterlattung wird eingebaut und jeder zweite Biber in der Fläche sowie jeder Dachziegel im Turmbereich und über dem runden Chorbereich mit den Biberklammern Typ 415 c neu eingedeckt. Dazu werden von der ausführenden Zimmerei Franz Seidel GmbH rund 67000 Klammern FOS Typ 415 c mit den alten, vorher gelagerten Ziegel verarbeitet.

Da durch die abschnittweise Entnahme der Alteindeckung offene Flächen entstehen, musste das Deckengewölbe der Hallenkirche besonders vor Regen geschützt werden. Dafür wird bei den laufenden Arbeiten auf dem Dachboden eine Teichfolie mit einer wannenartigen Ausbildung verlegt, falls durch die täglich ausgeführte Folienabdeckung der Dachöffnungen doch einmal Wasser eindringen sollte. Eine aufwendige, aber wegen der Kirchenschätze notwendige Sicherungsmaßnahme. 

 

Fazit – immer zuerst berechnen, dann verlegen

Die aufwendige Dachsanierung wäre noch nicht notwendig geworden, hätte der Dachdecker seinerzeit die normativen und regelgemäßen Vorgaben eingehalten und nach der sachgemäßen Berechnung eine fachgerechte Ausführung vorgenommen. Das ist besonders wichtig wegen der hohen Windbelastung, wie sie bei großen Kirchendächern auftritt.

 

 

Hans Jürgen Krolkiewicz ist Sachverständiger, Buchautor, lebt in Köln und publiziert als freier Journalist Themen aus dem Baubereich.

Zur Windsogsicherung wurden rund 67000 Sturmklammern verarbeitet

Bautafel (Auswahl)


Objekt Innenrenovierung und Dachsanierung der katholischen Stadtpfarrkirche St. Jakob in Straubing.

Bauherr Katholische Kirchenstiftung St. Jakob, Straubing

Planung und Bauleitung Nadler & Sperk, Architektenpartnerschaft BDA, Landshut

Projektsteuerung Kath. Wohnungsbau- und Siedlungswerk, Regensburg

Windsogsicherung FOS-Klammer, Typ 415 c

Wichtige Änderung zur Windsogsicherung seit 1. März 2011

Das neue Regelwerk des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) entspricht dem Status einer „anerkannten Regel der Technik“ und ist deshalb verbindlich.

Die neue Fachinformation des ZVDH „Windlasten auf Dächern mit Dachziegel- und Dachsteineindeckungen“ definiert nicht nur die Berechnung der Windlast neu, sondern teilt auch den Dachbereich neu auf und stellt höhere Anforderungen an die Befestigung.

 

Größere Teilflächen verklammern

Nach der neuen Fachregel müssen wesentlich größere Teilflächen von Steildächern verklammert werden. Zudem muss jetzt in allen vier Windzonen – also auch in den Zonen 1 und 2 – grundsätzlich geklammert werden.

 

Nach der gültigen DIN 1055-4, der DIN EN 14437 und der neuen Windzonenkarte in den Fachregeln werden seit dem Erlass wesentlich höhere Anforderungen an Sturmklammern gestellt. Die bisher gültigen Prüfergebnisse sind damit nicht mehr gültig!


Der Hersteller von Windsogsicherungen, Friedrich Ossenberg-Schule  GmbH + Co KG, möchte den neuen Fachregeln gerecht werden und hat weitere Sturmklammern entwickelt.

Wichtig ist, dass bisher übliche Klammern entsprechend den neuen Fachinformationen nur noch bedingt verarbeitet werden dürfen. Deshalb muss bei Ausschreibung, Einkauf und Verarbeitung unbedingt auf die aktuelle Zuordnung geachtet werden.

 

Planung und Verarbeitung

Aktuell bietet Friedrich Ossenberg-Schule allen Planern und Handwerkern sachgemäß aufbereitete Hilfsmittel:

Das vierfarbige Handbuch für Verarbeiter und Planer, mit Hintergrundinformationen, Beispielen zur Berechnung. Das Handbuch wird im Internet zum Nachschlagen bereitgestellt.

Mit einem Berechnungstool im Internet (www.fos.de) kann mit wenigen Mausklicks eine Einzelfallberechnung durchgeführt werden. Dem Nutzer werden dort die zugeordneten Klammern für die ausgewählte Dachpfanne angezeigt. Zusätzlich erfährt der Nutzer, ob und wie in welchem Dachbereich geklammert werden muss, wie groß die einzelnen Dachbereiche sind und wie viele Klammern für die jeweiligen Dachbereiche benötigt werden.


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