Sanierung der Zisterzienserinnenabei Waldsassen nach 300 Jahren

Die barocke Klosteranlage der Zisterzienserinnen in Waldsassen bedurfte nach über 300 Jahren dringend einer Generalsanierung. Mit der Sanierung der insgesamt 8500 m2 großen Fassaden wurden die in vier Bauabschnitte unterteilten Arbeiten zu Beginn dieses Jahres abgeschlossen.

Im März dieses Jahres feierten die Zisterzienserinnen der Abtei Waldsassen den Abschluss der Generalsanierung ihres Klosters. Begonnen hatten die in vier Bauabschnitte unterteilten Arbeiten bereits im Juli 1993. Nacheinander wurden die einzelnen Klosterflügel instand gesetzt, Bauteile abgebrochen, umgebaut und modernisiert. Allein an der Bauzeit lässt sich ablesen, wie umfangreich die Arbeiten waren, handelte es sich doch um die erste Generalsanierung des Klosters seit der Barockzeit.

Unweit der Grenze zu Böhmen wurde die Abtei Waldsassen in der Oberpfalz 1133 als eines der frühesten Klöster des Zisterzienserordens gestiftet. 1681 begann der Neubau der Kirche und des südlich anschließenden Klosters auf den mittelalterlichen Grundmauern. 1704 war die aus drei Flügeln um einen quadratischen Kreuzhof bestehende Klosteranlage fertig. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich die Abtei Waldsassen zum geistigen und kulturellen Zentrum der Region. Die in den Jahren 1724 bis 1726 ausgestattete Bibliothek zählt dabei zu den bedeutendsten Räumen des deutschen Barock. Nach der Säkularisation wurde die Anlage im 19. Jahrhundert erneut von den Zisterzienserinnen erworben, womit die staatliche Auflage verbunden war, eine Mädchenschule mit Internat einzurichten.

Bis heute beherbergt das Kloster eine Mädchenrealschule, die sich jeweils über eines oder mehrere Geschosse der Klosterflügel erstreckt. Während der Sanierungsarbeiten ging der Schulbetrieb mit den rund 450 Schülerinnen weiter und auch die nicht öffentlichen Teile des Klosters wurden von den Nonnen, soweit möglich, genutzt.

 

Der vierte Bauabschnitt

Ab dem dritten Bauabschnitt (2001-2005) oblag die Planung und Bauleitung der Generalsanierung den Architekten Brückner & Brückner aus Tirschenreuth. Schwerpunkt der Arbeiten des vierten und letzten Bauabschnitts, der sich von 2004 bis 2010 erstreckte, war die Sanierung des Nordflügels sowie des westlich daran anschließenden Apothekerflügels und der Klosterkirche mit den angrenzenden Kreuzgängen des Bibliotheksflügels, die Neugestaltung der Außenanlagen im Bibliotheks- und Klosterinnenhof sowie die gesamten Fassadenarbeiten im Innenhof (2009) und an den Außenseiten der Klosterflügel (2010).

Zur Erhaltung der Standsicherheit der Gebäude waren umfangreiche statische Sicherungsmaßnahmen notwendig. Daneben galt es, die technische Infrastruktur und den Brandschutz unter Berücksichtigung der historischen Bausubstanz den aktuellen Anforderungen anzupassen. Es folgte eine weitgehende Modernisierung der veralteten haustechnischen Anlagen sowie einige Umbauten für eine bessere Nutzung durch Kloster und Schule. Die Fassadensanierung bildete schließlich den Abschluss der Generalsanierung.

 

Sanierung der Klosterkirche

Die erst 1924 erbaute Kirche im Klosterinnenhof erhielt um die Apsis herum einen eingeschossigen, ringförmigen Anbau mit bodentiefen Fenstern und einem flachgeneigten Metalldach aus Kupfer, der nun die vorher viel zu kleine Sakristei beherbergt. Etwa 4 m hohe bogenförmige Rosenrankgitter führen vom Kreuzgang im Nord- und Südflügel zu den ebenfalls neuen seitlichen Eingängen der Sakristei. Im Kirchenraum reduzierten die Handwerker die sehr hohe Altar-Treppenanlage auf zwei Stufen, so dass in der Apsis nun das Chorgestühl der Zisterzienserinnen Platz findet. „Putz und Stuck besserten die Handwerker nur an den schadhaften Stellen aus“, erläutert Objektleiter Stefan Dostler vom Architekturbüro Brückner & Brückner und ergänzt: „Vor allem Bewegungen im Holzgewölbe über dem Kirchenraum haben im Laufe der Zeit zu Rissen im Putz geführt.“ Anschließend erhielt die Kirche einen Anstrich in den ursprünglichen Farben.

 

Arbeiten am Putz und Stuck in den Klosterflügeln

Die beschädigten Gewölbe im Kreuzgang setzten die Handwerker durch den Einbau von Zugankerkonstruktionen und eine anschließende Risssanierung instand. Durch den Rückbau des Chores wurden die damals beim Bau der Kirche abgebrochenen Kreuzgewölbe wieder hergestellt, um hier den Kreuzgang im Bibliotheksflügel wieder in den Ursprungszustand zu versetzten. Nachträgliche Einbauten, wie zum Beispiel Noviziatsräume und provisorische Lehrmittelräume wurden abgebrochen, so dass der umlaufende Kreuzgang auch hier wieder als Ganzes erlebbar ist.

„Fast alle Räume in den Klosterflügeln haben Gewölbedecken, rund die Hälfte davon sind mit Stuck ausgestattet. Somit reichten die Sanierungsarbeiten von der Restaurierung einzelner Stuckelemente über Ausbesserungen und Ergänzungen bis hin zur Neustuckierung eines ganzen Gewölbes“, erinnert sich Stefan Dostler.

Zum Verputzen verwendeten die Handwerker handelsübliche Kalkputze der Firmen Hasit und Colfirmit Rajasil. „Der Kalkputz nimmt die Spannungen und Bewegungen im Mauerwerk besser auf. Darüber hinaus entspricht er annähernd den ursprünglich verwendeten Materialien und ist daher auch ganz im Sinne der Denkmalpflege“, so der Objektleiter vom Büro Brückner & Brückner Architekten.

Im Kreuzgang öffneten die Handwerker auch die dreifarbigen Ziegelplattenbeläge. Die vorhandene Gewölbeschüttung wurde ausgebaut. Nach der Gewölbesanierung und der statischen Sicherung im Kreuzgang erfolgte die Gewölbeaufschüttung mit einer zementgebundenen Leichtschüttung (Liapor). Diese dient als Rohfußboden für den aus neuen und alten Ziegelplatten wieder hergestellten Fußbodenbelag.

Im Untergeschoss wurde der bislang als Lager genutzte Kreuzgewölberaum zum Aufenthaltsraum für die Schülerinnen ausgebaut. „Der vorhandene Spritzputz an den gemauerten Gewölben war noch gut erhalten. Statt einer glatten Putzschicht wurde auf die Stützen und Gewölbe nur ein neuer Schlämmputz aufgetragen und anschließend alles gestrichen. Auf diese Weise bleibt der Oberflächencharakter der großen Steinquader mit ihren Fugen erhalten“, erklärt Objektleiter Dostler.

 

Fassadensanierung

Im Gegensatz zu den Innenräumen gestaltete sich die Fassadensanierung wesentlich problematischer. Voruntersuchungen an den historisch reich gegliederten Fassaden hatten ergeben, dass der Außenputz an vielen Stellen durch unsachgemäße Ausbesserungen, unter anderem mit hartem Zementputz, stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Der 300 Jahre alte Putz, von dem man soviel wie möglich erhalten wollte, war jedoch zum überwiegenden Teil noch vorhanden. Eine Schadenskartierung zeigte viele Putzflächen, die hohl beziehungsweise mürbe und schadhaft waren. Größtenteils wurde zunächst gefestigt und hinterspritzt und die Putzfehlstellen ausgebessert, so dass sich die erhaltenen Fassadenabschnitte kaum von den neu verputzten unterscheiden lassen. Stefan Dostler: „In enger Zusammenarbeit mit dem Putzhersteller Colfirmit Rajasil, der ausführenden Firma und dem Denkmalamt entschieden wir uns für einen Kalkputz.“ Anschließend trugen die Maler auf die Fassaden einen nicht deckenden Anstrich in lasierender Technik auf, der selbst den grauen Pilastern der 20 m hohen Fassade des Südflügels eine gewisse Leichtigkeit verleiht. „Die Handwerker der Firma Nüthen haben hier sehr gute Arbeit geleistet. Mit ihrer großen Erfahrung in der Sanierung wissen sie genau, was zu tun ist und wo welcher Putz zum Einsatz kommen muss“, erinnert sich der Objektleiter.

Unterstützt wurden die Arbeiten auch von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die die Sanierung in den Jahren 2006 und 2009 mit insgesamt 160 000 Euro förderte.

 

Autorin

Dipl.-Ing. (FH) Gonni Engel studierte Architektur und arbeitet seit 2001 in der Öffentlichkeitsarbeit großer Architekturbüros in Hamburg und Dortmund. Sie lebt in Bielefeld und schreibt als freie Autorin unter anderem für die Zeitschrift bauhandwerk.

Pläne und Baubeteiligte

Hier finden Sie die Pläne (Grundriss und Schnitt) zur Zisterzienserinnenabtei Waldsassen sowie eine vollständige Liste aller Baubeteiligten.

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