Frischbetonschutz als Grundierung für Bodenbeschichtungen

Die Nachbehandlung von Betonoberflächen ist ein wichtiger, wenn auch manchmal vernachlässigter Teil des Betonierens. Dabei hat der Schutz vor vorzeitigem Wasserverlust maßgeblichen Einfluss auf die Qualität der Betonrandzone. Wir erläutern das Grundieren als Frischbetonschutz.

Bearbeiten der Frischbetonoberfläche mit dem Scheibenglätter
Foto: Manfred Schröder

Bearbeiten der Frischbetonoberfläche mit dem Scheibenglätter
Foto: Manfred Schröder
Ist bereits in der Planungsphase von Betonbauteilen eine Beschichtung mit Reaktionskunststoff vorge­sehen, können durch eine Bearbeitung der frischen Betonoberfläche in Verbindung mit einer speziellen Grundierung wesentliche Vorteile für den Bauablauf, die zwischenzeitliche Nutzung, die Qualität des Verbundsystems „Beton/Oberflächenschutz“ und eine Kostenreduzierung erreicht werden. Das hier vorgestellte Verfahren findet vor allem bei Industrieböden, in Werkstätten und auf  Verkehrsflächen Anwendung.

Anforderungen an den Beton

Mit Reaktionskunststoff zu beschichtende Betonbauteile müssen im allgemeinen folgende Eigenschaften aufweisen:

frei von arteigenen und artfremden Trennschichten

trocken

fest (≥ C 20/25)

mindestens 4 Wochen alt

rau

ausreichende Oberflächenzugfestigkeit

Zu den arteigenen Trennschichten gehören Schlämme und Feinmörtel-Anreicherungen an der Oberfläche. Diese werden üblicherweise vor Beginn der Beschichtungsarbeiten durch eine Untergrundvorbereitung, zum Beispiel Kugelstrahlen, entfernt. Hiermit wird das Gesteinskorn freigelegt und die für eine ausreichende Haftung des Oberflächen-Schutzsystems erforderliche Rauheit der Betonoberfläche erzielt.

Verschmutzungen, also artfremde Trennschichten während der weiteren Nutzung, zum Beispiel durch Öl, erfordern gegebenenfalls zusätzliche Reinigungsverfahren oder die Wahl einer anderen Untergrundvorbereitung wie Flammstrahlen. Schäden am Beton müssen vor Beginn einer Beschichtung ausgebessert werden.

Um Beton mit gängigen Reaktionsharzen, vorwiegend  Epoxidharz, beschichten zu können, darf die Rand­zone bis in 2 cm Tiefe eine Feuchte von 4 M% in der Regel nicht überschreiten. Das ist normalerweise frühestens vier Wochen nach Herstellung des Betons der Fall. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Beton auch eine Festigkeit entwickelt, die das Auftreten späterer Schwindrisse weitgehend unterbindet und ausreichende Ober­flächenzugfestigkeiten ermöglicht.

Grundierung als Frischbetonschutz

Mit einem Frischbetonschutz, der gleichermaßen als Grundierung für nachfolgende Beschichtungen dient, können wesentliche Vorteile gegenüber den zuvor aufgezählten Einschränkungen erreicht werden. Hierzu muss der einzubauende Beton allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die produktabhängig sind.

Die angestrebte Betonfestigkeitsklasse soll ≥ C 20/25 entsprechen, um die geforderte Oberflächen-Zug­festigkeit des Betons beziehungsweise Haftzugfestigkeit der späteren Beschichtung sicherzustellen. Da vor Aufbringen des Frischbetonschutzes jedoch eine Prüfung der Abreißfestigkeit nicht möglich ist, empfiehlt es sich, auch entsprechend der häufig zu erwartenden stärkeren Belastung von Industrieböden und Verkehrsflächen, Beton ≥ C 25/30 vorzusehen.

Weitere typische Anforderungen, die jedoch ebenfalls produktabhängig sind, können sich zum Beispiel auf Folgendes beziehen:

Niedriger Wasser-Zementwert.

Hohe Konsistenz des Frischbetons.

Bestimmte Zement-Sorte.

Bestimmte Zusätze sollen vermieden werden.

Bearbeiten der Betonoberfläche

Der frisch eingebrachte und verdichtete Beton wird nicht geglättet, sondern mit dem Reibebrett ­abgerieben. Bei maschineller Bearbeitung wird anstelle eines Flügelglätters ein Scheibenglätter verwendet. Übermäßige Feinmörtel-Anreicherung an der Oberfläche durch zu intensive Bearbeitung ist zu vermeiden.

Abkehren des Frischbetons nach dem Ansteifen mit hartem Besen
Fotos: Manfred Schröder

Abkehren des Frischbetons nach dem Ansteifen mit hartem Besen
Fotos: Manfred Schröder
Sobald der Beton begehbar ist, ohne Abdrücke zu hinterlassen, was nach dem Ansteifen innerhalb der ­Erstarrungsphase der Fall ist, wird mit einem Stahl- oder harten Kunststoffbesen abgekehrt, so dass die Oberfläche leicht aufgerissen wird und eventuelle Feinmörtelanreicherungen entfernt werden. Die hierbei entstehenden Krümel werden anschließend mit einem weichen Besen abgekehrt.

Aufbringen der Grundierung

Aufziehen der Grundierung mit dem Moosgummischieber
Foto: Manfred Schröder

Aufziehen der Grundierung mit dem Moosgummischieber
Foto: Manfred Schröder
Durch die einsetzende Hydratation des Zementleims beginnt das Schrumpfen, was zu einer Volumen­verringerung innerhalb der Gelphase führt. Der zum Zementstein erstarrende Zementleim kann jetzt zusätzliche Flüssigkeit ansaugen, was den so genannten „Hydratationssog“ zur Folge hat. Zu diesem Zeitpunkt kann sich eine geeignete, spezielle Kunstharz-Grundierung besonders gut am erhärtenden Betonuntergrund verankern.

Auf die jetzt mattfeuchte Betonoberfläche, das heißt bei Normaltemperatur etwa 2  bis 4  Stunden nach Einbau des Betons, wird der Frischbetonschutz in Form eines speziellen, unpigmentierten Zweikomponenten-Epoxid-Flüssigharzes aufgebracht. Das Produkt zeichnet sich durch hohe Kapillaraktivität, Feuchtigkeitsverträglichkeit und Alkalibeständigkeit aus.

Das Material wird vorzugsweise mit einem Moosgummischieber, je nach Untergrundbeschaffenheit mit einem Verbrauch von etwa 400 g/m², satt aufgezogen. Soll der Frischbetonschutz ausschließlich zur Nachbehandlung und zur Reduzierung des Abmehlens ­erfolgen, wird mit einer Nylonrolle zur Vergleich­mäßigung nachgerollt.

Mit Quarzsand abstreuen

Abstreuen der grundierten Fläche mit Quarzsand
Foto: Manfred Schröder

Abstreuen der grundierten Fläche mit Quarzsand
Foto: Manfred Schröder
Zum Zwecke der Grundierung für spätere Beschichtungen wird nach einer Wartezeit von 2 bis 24 Stunden eine weitere Lage mit einem Verbrauch von etwa 300 g/m² aufgebracht und nachgerollt. Unmittelbar danach wird mit gewaschenem und getrocknetem Quarzsand abgestreut. Die hierbei verwendete Korngröße liegt zwischen 0,2 bis 0,8 mm im Durchmesser. Überschüssiges Abstreukorn kann am darauffolgenden Tag entfernt werden.

Die Temperaturen von Luft und Bauteil sollten 8° C während der Applikation und Erhärtung nicht unterschreiten und 30° C nicht überschreiten. Die günstigsten Bedingungen für die Verarbeitung von Reaktionskunststoffen liegen zwischen 15° C und 25° C.

Beschichtung

Die so grundierte Betonoberfläche kann je nach ­klimatischen Gegebenheiten frühestens nach einer Wartezeit von 2 Tagen überschichtet werden. Um die eventuelle Bildung von Frühschwindrissen abklingen zu lassen, sollte jedoch etwa 1 Woche Wartezeit vorgesehen werden. Danach kann praktisch jedes ­gewünschte Oberflächen-Schutzsystem zu jedem ­beliebigen Zeitpunkt aufgebracht werden. Zwischenzeitliche Verschmutzungen müssen selbstverständlich zuvor beseitigt werden. Im Allgemeinen wird jedoch die abschließende Beschichtung erst gegen Ende der Bauzeit kurz vor Inbetriebnahme vorgenommen.

Das hier beschriebene System basiert auf  jahrelangen Erfahrungen an unterschiedlichen Objekten. Letztlich maßgebend für alle anwendungstechnischen Voraussetzungen und Maßnahmen sind die Angaben zur Ausführung des jeweiligen Lieferanten.

Qualitative und wirtschaftliche Vorteile

Die wesentlichen Vorteile des zuvor beschriebenen Verfahrens lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Keine Nachbehandlung des Betons durch Feuchthalten oder Abdecken erforderlich.

Der Frischbetonschutz erhöht den Abriebwiderstand der Betonoberfläche und verhindert somit Abmehlen und Absanden während der Restbauzeit.

Als „Montageschutz“ wird das Eindringen von Flüssigkeiten wie Wasser, Öl und Treibstoff verhindert.

Infolge „Versiegelung“ der Betonoberfläche ­leichtere Reinigung während der Restbauzeit.

Der Frischbetonschutz dient gleichzeitig als Grundierung für eine spätere Beschichtung.

Abschließende Beschichtung unmittelbar vor Inbetriebnahme möglich ohne die sonst erforderliche Untergrundvorbereitung durch Strahlen (lediglich Entfernung zwischenzeitlicher Verschmutzung).

Übergabe einer „jungfräulichen“ Beschichtungsoberfläche ohne zwischenzeitliche Montageschäden.

Bei rechtzeitiger Planung können somit Vorteile erzielt werden, die allen am Bau Beteiligten zugutekommen.

Autor

Dipl.-Ing. Manfred Schröder ist freier Architekt, Sachverständiger und Fachdozent für Betoninstandhaltung. Er lebt und arbeitet in Gaiberg bei Heidelberg.

Literatur

Manfred Schröder und 11 Mitautoren:

Instandhaltung von Stahlbeton.

Anleitung zur sachkundigen Planung und

Ausführung.

9., überarbeitete und erweiterte Auflage,

expert verlag 2024.

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