Erfolgsfaktoren für das Bauen im Denkmalschutz

Wer im Denkmalschutz sanieren will, dem drohen hohe Kosten und mitunter Ärger mit Behörden und hohe Regulatorik. Dabei verschlingen weder Fachwerk- noch andere Bestandsimmobilien, die dem Denkmalschutz unterliegen, per se enorme Gelder. Schlüssel sind eine genaue Bestandsanalyse im Vorfeld und die richtigen Maßnahmen und Verfahren zur Sanierung durch kompetente Partner.

Auf was genau zu achten ist und wie das Zusammenspiel zwischen Investor, Handwerker, Architekt, Amt und Mieter gelingt, beschreiben zwei Experten. „Die Immobilie auf ihre Nutzungsmöglichkeiten hin zu prüfen, die dann auf Jahrzehnte die Erträge erwirtschaftet, ist der zentralste Punkt,“ sagt Daniel Mudroh, Geschäftsführer der Palm KG, die aktuell an bundesweit 13 Standorten 30 Gewerbeimmobilien verwaltet, von denen ein Teil denkmalgeschützt sind.

Daniel Mudroh, Geschäftsführer der Palm KG, sagt: „Denkmal braucht nun mal Zeit und Geduld.“
Foto: Palm KG

Daniel Mudroh, Geschäftsführer der Palm KG, sagt: „Denkmal braucht nun mal Zeit und Geduld.“
Foto: Palm KG
Letzteres ist die Spezialität der Schorndorfer Quartiersentwickler, die im Gegensatz zu etlichen anderen Projektentwicklern ihre Objekte nach Sanierung und Vitalisierung nicht abstoßen, sondern als Vermieter über Jahrzehnte hinweg betreiben. Denkmalschutz war auch Anstoß für die Gründung der Unternehmensgruppe Palm. Mit dem Erhalt des Stammhauses, der Apotheke des Gründerehepaars Palm, am historischen Marktplatz in Schorndorf, sickerte der Erhalt ehrwürdiger Häuser sozusagen in die Firmen-DNA.

Der Immobilienwirt und Bautechniker: „Die Nutzung finanziert und erhält Gebäude.“ Deshalb sei das schönste Haus, an dessen 1,7 m Deckenhöhe aus statischen Gründen nichts verändert werden könne, betriebswirtschaftlich uninteressant. Um hier nicht zu scheitern, arbeitet der 40-Jährige nur mit Architekten zusammen, die neben ihrem Handwerk kaufmännisch denken können und Ideen haben, welcher Nutzung man solche Gebäude in meist stadtmarkanter Lage zuführen kann. 

Welche Nutzung haben Sakralbauten?

„Nicht machbare Barrierefreiheit, fehlende Stellplätze oder schlechte Erreichbarkeit abseits des ÖPNV sind Kriterien, welche die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigen und die uns der Bauherr vorgibt“, sagt Georg Weinreich, der seine Masterthesis als Architekt 2014 über die Revitalisierung des denkmalgeschützten, brachliegenden Areals der Weingärtnergenossenschaft seiner Heimatstadt geschrieben hatte.

Jüngst stieg er in das Büro seines Vaters Hans-Peter ein, der seit 30 Jahren einen Schwerpunkt auf der Sanierung von Kirchen und deren Pfarr- und Gemeindehäusern hat. In jüngster Zeit mehren sich auch hier die Überlegungen, welcher Nutzung man denkmalgeschützte Sakralbauten zuführen kann, die die Kirchengemeinden abstoßen wollen. Die Geschäfte laufen so gut, dass das sechsköpfige Büro aktuell erwägt, seinen Sitz in eine derzeit im Ortskern verfallende Scheuer zu verlegen und dort mehr Fläche zu haben und eventuell unterzuvermieten.

Objekte für die Gesundheitsbranche

Die Palm KG, die bundesweit agiert, hat nach eigenen Angaben den Aspekt Gebäudeerhalt mit dem Thema Gesundheit als Nutzungskonzept kombiniert und dafür allerlei Wissen intern und Netzwerke zu Berufsverbänden bundesweit aufgebaut. In ihren Objekten finanzieren Ärzte, Apotheker, Physiotherapeuten, Pflegestationen, Augenoptiker oder notfalls die Geschäftsstelle einer Krankenkasse als Mieter den Gebäudeerhalt. Geschäftsführer Mudroh: „Lange waren auch Banken mit ihren Filialen oder Zeitungen mit ihren Lokalredaktionen dankbare Mieter in solchen Gebäuden wegen deren zentraler Lage.“ Längst aber seien beide wegen der Digitalisierung auf dem Rückzug.

Das Beispiel ist typisch, wie Entwickler und Eigentümer sanierungswürdiger Gebäude Veränderungen frühzeitig spüren und darauf reagieren müssen. Weinreich nennt ein zweites Beispiel: „Fehlende Stellplätze dürften immer weniger ins Gewicht fallen, wenn kommunale Mobilitätskonzepte mit Rufbus, Radwegenetz, Carsharing und Ausbau des ÖPNV greifen.“ Das gelte vor allem für urbane Quartiere, in kleineren Gemeinden spiele das Auto nach wie vor eine Rolle, ergänzt Mudroh.

Gute förderfähige Projekte in der Gastronomie

Was aber bleibt: Die öffentliche Begehbarkeit liegt immer im Interesse der Landesdenkmalämter und meist auch der Kommunen, was sich positiv auf Zuschüsse auswirkt. Deshalb haben es Kirchen und Museen prinzipiell diesbezüglich leicht. Grundsätzlich markt- und gut förderfähig sind aber auch Konzepte rund um Gastronomie oder Einzelhandel, so Weinreich. Der 34-Jährige: „Behörden sehen gerne, wenn Immobilien von innen erlebbar sind.“ Oft hänge davon ab, ob nur die Fassade, das Tragwerk oder die komplette Innenrenovierung bezuschusst wird.

Auch sei laut Architekten wichtig zu prüfen, was denkmalgeschützt ist: Nur das Quartier, in dem eine Immobilie steht, dann ist in der Regel nur die Fassade förderfähig, das Gebäude selbst oder nur dessen Fassade, Tragwerk oder Nutzung. Fördergelder können wiederum nur private und gewerbliche Bauherren beantragen, meist mit einer Rendite von fünf bis sechs Prozent, kalkuliert auf 20 Jahre. „Bei uns hat der Quartiersgedanke Vorrang“, so Mudroh, der Standorte vor allem nach Potenzialen der gesundheitlichen Versorgung betrachtet und Projekte auf 100 Jahre kalkuliert.  Hinzu kommt: Ohne Fördergelder sinkt die Regulatorik, was Zeit spart und Freiräume ermöglicht, weil keine Zusagen abgewartet werden müssen.

Fördermittel in der Höhe gedeckelt

Zudem geben beide Experten zu bedenken, dass viele Fördermittel in ihrer Höhe gedeckelt sind. Mudroh nennt ein Beispiel: „50 Prozent der denkmalbedingten Mehrkosten einer Fassade werden im Einzelfall erstattet, aber nur bis zu einer Höhe von maximal 200 000 Euro.“ Im konkreten Fall kann das heißen, wenn sich Bauherr und Architekt nicht auskennen, dass sie nur die 50 Prozent erfasst haben, nicht aber deren Limitierung. Der Routinier: „Da ist schon mancher schnell auf 50 000 Euro und mehr Mehrkosten sitzen geblieben.“

Alte Häuser haben Potenzial. Viele Fördermittel für die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude sind jedoch in ihrer Höhe gedeckelt.
Foto: Peter H./Pixabay

Alte Häuser haben Potenzial. Viele Fördermittel für die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude sind jedoch in ihrer Höhe gedeckelt.
Foto: Peter H./Pixabay
Deshalb raten Architekt und Bautechniker: Der Erfolg liegt in der Bestandsaufnahme des Befunds, noch bevor gekauft oder saniert wird. Diese Erhebung könne bis zu 40 Prozent der gesamten Planung ausmachen, mit dem Bauherren oder Kaufinteressenten in Vorleistung gehen. Auch das sind schnell sechsstellige Beträge, an deren Ende immer wieder mal der Entschluss steht, vom Kauf Abstand zu nehmen oder einen Abriss zu begründen, dem das Amt zustimmt.

Doch auch hier warnt Mudroh, dass die Kulanz von Bundesland zu Bundesland, Regierungspräsidium zu Regierungspräsidium und Landkreis zu Landkreis sehr unterschiedlich sein kann – in allen Belangen, was auch Kompromisse, Nutzung oder Förderhöhe betrifft.

„Deshalb müssen im Vorfeld alle Teilaspekte sorgfältig recherchiert, mit den Zuständigen geklärt und schriftlich festgehalten werden,“ sagt Weinreich, für den ein Abriss nur ein allerletztes Mittel sein darf, dem alle andere Optionen vorausgegangen sein müssen. Auch hier komme es auf den erfahrenen Architekten an, der in sämtlichen Themen versiert ist. Oft sei das richtige Verfahren für einen Prozessschritt zu identifizieren viel wichtiger als beim geschätzten Stundenaufwand eines Gewerks sich um 30 oder mehr Prozent vertan zu haben.

Beteiligte Personen mit einbeziehen

Und Mudroh von der Palm KG wird nicht müde, den emotionalen Aspekt vieler jahrhundertalter Immobilie zu betonen: „Die hat oft Mieter, die man unbedingt einbinden muss; frühere Nutzer, die dort gewohnt oder gearbeitet haben; oder Menschen, die sich hier verliebt haben oder sonstige zentrale Ereignisse mit dem Ort verbinden.“ Ohnehin seien solche Gebäude stadtbildprägend und stünden in zentraler Lage unter ständiger öffentlicher Beobachtung. Der Schorndorfer Sanierer: „Deshalb sprechen da vom Besitzer über den Gemeinderat, den Handels- und Gewerbeverein bis zu Anwohnern und Bürgerinitiativen viele Akteure mit.“

Präzise Bestandserhebung bewahrt vor Überraschungen

Dagegen sind die eigentlichen Handwerkerarbeiten und deren kalkulatorische Risiken das kleinere Problem nach Mudrohs Erfahrung aus bislang rund sieben Projekten. Das bestätigt Weinreich mit der Erfahrung aus rund 30 Kirchenrenovierungen, bei denen sich das Büro seines Vaters bislang bewährt hat. Der Grund: Wie bereits erwähnt, erspart eine präzise und realistische Bestandserhebung im Vorfeld später die meisten bösen Überraschungen. Hinzu kommt, dass das Feld der Trockenbauer, Zimmerleute, Maurer und Stuckateure, die sich im Altbau und Denkmalschutz auskennen, selbst im bundesweiten Maßstab relativ überschaubar ist. Diese Handwerker sind um ihre Reputation bemüht, weshalb sie ihrerseits sehr konservativ kalkulieren und sich keine groben Fehler erlauben.

Das Stammhaus, die Apotheke des Gründerehepaars Palm, am historischen Marktplatz in Schorndorf wurde erhalten.    
Foto: Palm KG

Das Stammhaus, die Apotheke des Gründerehepaars Palm, am historischen Marktplatz in Schorndorf wurde erhalten.    
Foto: Palm KG
Als Fazit rät der 40-Jährige zum entspannten Umgang mit ehrwürdigen Gebäuden. Wer sich gut vorbereite, von kompetenten Experten beraten lasse und achtsam vorgehe, werde kaum böse Überraschungen erleben. Im Gegenzug bekomme er eine hochwertige Immobilie an bewährten Standorten mit Top-Infrastruktur. Und gegenüber einem Neubau, bei dem der Durchlauf von Erschließung und Planung bis zur Übergabe ebenfalls fünf Jahre brauche, dauere eine Sanierung auch nicht länger. Mudroh: „Denkmal braucht nun mal Zeit und Geduld.“ (bhw/ela)

 




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