Ukraine-Krieg: Bauindustrie korrigiert Konjunktur-Prognose nach unten

Die Bauindustrie kämpft mit den Auswirkungen des Ukraine-Krieges: Vor diesem Hintergrund und angesichts der hohen Unsicherheit über die weitere Entwicklung der geopolitischen Rahmenbedingungen korrigiert der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie zum „Tag der Bauindustrie“ am 19. Mai 2022 die Konjunktur-Prognose für das laufende Jahr nach unten. 

Die Branche erwartet für das laufende Jahr für die realen baugewerblichen Umsätze im Bauhauptgewerbe eine Entwicklung zwischen Null und minus zwei Prozent (Prognose Ende 2021: +1,5 Prozent). Darin ist schon das – vor allem witterungsbedingte – hohe reale Umsatzplus von 9 Prozent im Januar und Februar „eingepreist“. Die Prognose steht zudem unter dem Vorbehalt, dass sich im weiteren Jahresverlauf keine weiteren Verschär­fungen bei Energiepreisen und dem Bezug von Baumaterial ergeben. Sie ist von daher vor allem ein Abbild der aktuellen Situation. 

Peter Hübner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie: „Vor fünf Monaten ist der Bau noch mit einem historisch hohen Auftragsbestand in das neue Jahr gestartet. Mit dem Angriffskrieg Putins wurde er zu einem konjunkturellen Fragezeichen. Preissteigerungen und Baumateriallieferanten, die oftmals nur noch Tagespreise abgeben – davon sind über 80 Prozent unserer Mitglieder betroffen. Fakt ist: Wir haben ein Problem. Fehlendes Bitumen für den Straßenbau, fehlende Investitionen durch Preissteigerungen und in letzter Konsequenz eine Konjunktur im Minus, Sie können sicher sein: Das Problem der Bauindustrie betrifft uns alle.“

Ukraine-Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen:

Der Hauptverband hat in den vergangenen Tagen seine dritte Umfrage unter seinen Mitgliedern erhoben. Die Ergebnisse: 

Neun von zehn Firmen beklagen direkte oder indirekte Auswirkungen des Krieges auf ihr Unternehmen. 

Die Probleme liegen hauptsächlich bei der mangelnden Verfügbarkeit beziehungsweise den starken Preissteigerungen bei diversen Baumaterialien sowie beim Bruch von Logistikketten.

80 Prozent der Unternehmen bezeichnen diese Probleme als stark beziehungsweise sehr stark.

74 Prozent der Firmen beklagen Verzögerungen bei laufenden Bauprojekten. 

35 Prozent sind von Auftragskündigungen betroffen, nochmal 6 Prozent mehr als vor 4 Wochen, und 10 Prozent mehr als Anfang März.

Mittlerweile 45 Prozent der Antwortenden gaben an, sich mit dem Auftraggeber auf eine Preisgleitung zu einigen (Vorumfrage: 33 Prozent).

Hübner: „Der Krieg legt die engen Lieferketten und Abhängigkeiten brutal und schonungslos offen. Wir müssen uns künftig Gedanken darüber machen, welche Rohstoffstrategie wir sowohl in Deutschland als auch in Europa verfolgen wollen. Wichtig ist, dass der Produktionsstandort Deutschland gesichert wird: durch attraktive Energiepreise, Transformationsinvestitionen auch am Bau oder der Vereinfachung des Abbaus von heimischen Rohstoffen. Zum Thema Rohstoffstrategie gehört auch das Thema Recycling. Bei ungefährlichen mineralischen Bauabfällen erreichen wir bereits eine Verwertungsquote von fast 90 Prozent. Wir müssen hier allerdings die Qualität des Recyclings noch erhöhen.“  

Image-Umfrage Bauindustrie:

Weil die Branche nach vorn kommen müsse, so Hübner, brauche sie einen dringenden Innovationsantrieb, einen Schub in die Zukunft. „Denn wir sind die Schlüsselbranche für die großen gesellschaftlichen Themen in diesem Land. Und trotzdem haben wir beispielsweise ein Fachkräfteproblem. Wie werden wir also da draußen gesehen? Wie können wir besser werden?“

Um eine Antwort auf diese Fragen zu erhalten, hat der Verband eine Studie in Auftrag gegeben (Institut für Demoskopie Allensbach). Die wichtigsten Ergebnisse: 

64 Prozent der Befragten gaben an, dass die Bauwirtschaft (BW) für Deutschland besonders wichtig sei, 2015 haben dies 54 Prozent gesagt.

49 Prozent gaben an, dass sie der Meinung sind, die BW hätte gute Zukunftsaussichten. 2015 gaben dies nur 26 Prozent an. 

60 Prozent gaben an, dass die BW auch in Zukunft sichere Arbeitsplätze bietet. 

67 Prozent der Bürger halten die BW für einen attraktiven Arbeitgeber, nur 14 Prozent als unattraktiv. Hier ist die junge Generation aber skeptischer. 

40 Prozent sind der Meinung, dass die BW für junge Leute, die eine Lehre abgeschlossen haben, interessante und vielseitige berufliche Möglichkeiten bieten, 2007 gaben dies aber noch 56 Prozent an. Bei den unter 30-Jährigen geben dies 2022 nur 34 Prozent an. 

Nur 26 Prozent sind der Meinung, dass die BW für junge Leute, die ein Studium abgeschlossen haben, interessante und vielseitige berufliche Möglichkeiten bieten (2007: 20 Prozent). Bei den unter 30-Jährigen geben dies nur 17 Prozent an.  (bhw/ela)

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