Anwendungen und Grenzen von Bitumendickbeschichtungen

Vor der Verarbeitung einer Bitumendickbeschichtung muss zwischen den zur Auswahl stehenden Materialien unterschieden und die Beschaffenheit an der Baustelle richtig beurteilt werden. Denn nur eine qualifizierte und fachgerechte Verarbeitung stellt eine dauerhafte Abdichtungsqualität sicher.

Es gibt zwei Arten von Bitumen, die anionischen und die kationischen Bitumen. Ein  signifikantes Unterscheidungsmerkmal ist die richtige Untergrundvorbereitung vor dem Auftragen des Materials. Kationische Bitumen benötigen keinen Voranstrich, der wiederum bei anionischen Bitumen zur Untergrundvorbereitung dazu gehört. Da kationisches Bitumen nicht so verbreitet ist wie anionisches, gehen wir in diesem Artikel vordergründig auf das anionische Bitumen ein.

Im Wesentlichen wird bei anionischen Bitumen zwischen einkomponentigen und zweikomponentigen Varianten unterschieden. Das 1K-Bitumen ist einkomponentig und gebrauchsfertig. Nach dem Öffnen des Eimers kann das Material direkt verarbeitet werden. Die Trocknung erfolgt physikalisch durch Wasserabgabe an die Umgebungsluft. 2K-Bitumen sind zweikomponentig und müssen vor der Verarbeitung angerührt werden. Sie bestehen aus einem Bitumen und einer Härterkomponente, die ihrerseits aus Zement und weiteren Zuschlägen, die die Produkteigenschaften beeinflussen, besteht. Beide Komponenten müssen immer in dem vom Hersteller vorgegebenen Mischungsverhältnis angerührt werden. Dieser Vorgang stellt sicher, dass die angegebenen Produkteigenschaften erreicht werden. Die Trocknung eines 2K-Bitumen erfolgt chemisch und physikalisch. Im Regelfall benötigt eine schnelle zweikomponentige Bitumendickbeschichtung mindestens 48 Stunden um zu trocknen. Einzelne Produkte, wie das „Combidic-2K-Premium“ von Schomburg, sind mit einer Trocknungszeit von nur 24 Stunden beschrieben. In diesem Fall wird zusätzlich von einer reaktiven Trocknung gesprochen.

Der markanteste Unterschied einer 2K- gegenüber einer 1K-Bitumendickbeschichtung ist also die schnellere Trocknung. Darüber hinaus werden grundsätzlich ausschließlich 2K-Bitumen zur Verklebung von Dämmplatten eingesetzt, 1K-Bitumen kommen dagegen zur Verklebung von Schutz- und Drainplatten zum Einsatz.

Eine besondere Eigenschaft von Bitumendickbeschichtungen gegenüber mineralischen Dichtungsschlämmen ist die hohe Rissüberbrückungsfähigkeit. Bitumen überbrücken Rissbreitenänderungen von ≤ 1,0 mm in Beton oder Mauerwerk. Rissüberbrückende mineralische Dichtungsschlämmen können, im Vergleich, Rissbreitenänderungen von ≤ 0,2 mm aufnehmen.

Regelwerke und Ausbildung

Seit dem 1. August 2014 werden die Anforderungen an eine Bitumendickbeschichtung durch eine europäisch harmonisierte Produktnorm (DIN EN 15 814) geregelt. Jede Bitumendickbeschichtung trägt demnach eine CE-Kennzeichnung. Mit Einführung der Norm ist auch die Produktbezeichnung PMBC (Polymer modified bituminous thick coating) eingeführt und hat die Bezeichnung KMB (Kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtung) abgelöst. Die Anwendung einer PMBC wird in der am 1. Juli 2017 erschienenen „DIN 18 533-3 Abdichtung erdberührter Bauteile“, der im Dezember 2018 erschienen „Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen mit polymermodifizierten Bitumendickbeschichtungen (PMBC)“, kurz PMBC-Richtlinie und auch im „WTA-Merkblatt 4-6 – Nachträgliches Abdichten erdberührter Bauteile“ beschrieben. Die Anwendung im Neubau und im Bestand ist damit vollumfänglich definiert.

Doch jede Abdichtung kann nur so gut sein, wie sie verarbeitet wird. Die Qualifizierung, eine PMBC zu verarbeiten, kann beispielsweise durch einen fachspezifischen Lehrgang nachgewiesen werden, bei dem man, nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung, den so genannten PMBC-Schein (ehemals KMB-Schein) erhält. Die Teilnehmer des Lehrgangs werden in den grundlegenden Regelwerken, der Ausführung sowie Baustellenvoraussetzungen geschult. Informationen zum Lehrgang können über das Weiterbildungsportal des DHBV Deutscher Holz- und Bautenschutzverband eingeholt werden (www.dhbv.de).

Untergründe und deren Vorbereitung

Um das Bitumen zu verarbeiten, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Beispielsweise kann das Material von Hand mit einer Kelle (Zahnkelle, Glättkelle) oder mit einem Quast aufgetragen werden. Bei größeren Flächen von mehr als 100 m2 bietet es sich an, das Bitumen mit geeigneter Maschinentechnik zu verarbeiten. Dies kann entweder luftunterstütz mit einer Förderschnecke oder ohne Luftunterstützung (Airless) erfolgen.

Die folgenden Untergründe sind grundsätzlich zur Aufnahme einer Bitumendickbeschichtung geeignet:

Mauerwerke (Ziegel, Kalksandstein, Schalungssteine, Mischmauerwerk)

Beton/Stahlbeton

Putze der Mörtelgruppe P III, CS III, CS IV

Mineralische Dichtungsschlämmen

Die verschiedenen Untergründe haben unterschiedliche Besonderheiten. Ziegel mit Putzrillen müssen beispielsweise vorab mit einer 1K-Dichtungsschlämme, wie zum Beispiel „Aquafin-1K“ oder einem Mörtel wie „Asocret-M30“ egalisiert werden. Wird ein Bitumen für die Egalisierung verwendet, überträgt sich die Struktur der Putzrillen auf Grund des natürlichen Schwundprozesses in die Oberfläche der PMBC. Dieses „Wellenprofil“ stellt einen Mangel dar und es kann nicht mehr von einer einheitlichen Schichtdicke gesprochen werden. Das Auffüllen von Fehlstellen muss ebenfalls mit einem mineralischen Mörtel durchgeführt werden.

Bei Betonoberflächen muss man darauf achten, dass Rückstände von Schalölen oder Nachbehandlungsmitteln oder feiner Staub die Haftung beeinträchtigen. Festsitzende Verunreinigungen oder Sinterschichten (Zementleim) müssen vor dem Auftragen des Bitumens mechanisch entfernt werden. Gerade eine Sinterschicht im Übergangsbereich von aufgehendem Mauerwerk auf die Bodenplatte kann zu gravierenden Schäden führen. Die Sinterschicht muss bis auf das Korn des Betons entfernt werden, um einen optimalen Haftverbund sicherzustellen und ein Hinterwandern der Abdichtungsschicht durch Wasser und daraus resultierende Schäden zu verhindern.

Ebenfalls nicht geeignet zum Aufnehmen einer Bitumendickbeschichtung ist ein nasser Untergrund. Hierbei kommt es zu Haftungsproblemen oder auch zu einer nachträglichen Blasenbildung, wenn die Sonneneinstrahlung auf die Bitumendickbeschichtung zunimmt. Für solche Anwendungen muss der Handwerker im Vorfeld Vordichtungen aus starren Dichtungsschlämmen auftragen.

Beim Herstellen einer Dichtungskehle aus Bitumen muss man beachten, dass dies vor dem Auftragen der Abdichtungslagen erfolgt und sie vor den Abdichtungsarbeiten komplett durchgetrocknet sein muss.

Darüber hinaus ist im Herbst eine Taupunktunterschreitung zu beachten. Bei vielen Baustellen schlägt sich am frühen Abend, wenn die Temperaturen sinken, Tauwasser nieder. Unter diesen Voraussetzungen verlängert sich die Trocknungszeit einer PMBC.

Verarbeitung und Einsatzgebiete

Sobald alle Arbeiten zur Untergrundvorbereitung erfolgt sind, kann die Bitumendickbeschichtung aufgetragen werden. Die notwendige Schichtdicke ist von der Wasserbeanspruchung abhängig. Unterschieden wird dabei zwischen drückendem oder nicht drückendem Wasser. Bei nicht drückendem Wasser ist eine Trockenschichtdicke von 3,0 mm ausreichend. Das Material wird in zwei Arbeitsgängen aufgetragen, wobei der zweite Auftrag bereits erfolgen kann, bevor der erste Auftrag vollständig getrocknet ist. Bei drückendem Wasser muss die Trockenschichtdicke mindestens 4,0 mm betragen. In der ersten Lage der Abdichtung wird dabei eine Verstärkungseinlage aus einem engmaschigen Glasfasergewebe eingelegt. Die zweite Lage darf erst nach vollständiger Durchtrocknung der ersten Lage aufgebracht werden. Zu beachten ist, dass die Verstärkungseinlage vom Produkthersteller vorgegeben wird. Das Bitumen und die Verstärkungseinlage sind in der Regel als ein System geprüft und eine Abweichung davon stellt einen Mangel dar. Werden keine im System geprüften Komponenten verwendet, kann ein Produkthersteller auch keine Gewährleistung für die Dichtigkeit der Abdichtung übernehmen.

Die Abdichtungsschicht muss immer durch eine entsprechende Schutzschicht vor Beschädigungen geschützt werden. Als Schutzschicht können beispielsweise PVC-Schutzbahnen, Noppenbahnen mit integrierter Gleit-, Schutz- und Lastverteilungsschicht oder auch Drainplatten verwendet werden.

Fazit

So gut eine PMBC das Bauwerk auch vor Wasser schützt, bei der Verarbeitung sollte Wasser möglichst ferngehalten werden. Eine erfolgreiche erdberührte Bauwerksabdichtung mit einer Bitumendickbeschich­tung besteht immer aus der Qualifizierung des Handwerkers, einer entsprechenden Untergrundvorbe-
reitung und der Einhaltung von Verarbeitungsrichtlinien sowie den Herstellervorgaben.

Autor

Matthias Strohte arbeitet als Produktmanager Bauwerksabdichtung/ -instandsetzung bei der Schomburg GmbH in Detmold.

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