Das Tonnendach des Märchenkönigs
Umbau der Pension Alpenrose zum Museum der bayerischen Könige

Vom Dorf-Brauhaus zum Königsmuseum – das ist, verkürzt gesagt, die wechselvolle Geschichte der ehemaligen Pension Alpenrose. Das neue Museum der bayerischen Könige in Hohenschwangau wurde letzten Herbst nach aufwendigen Sanierungsarbeiten eröffnet. Das Tonnendach ist dabei ein besonderes Schmankerl.

Im Vordergrund ruht der Alpsee, dahinter das Schloss Hohenschwangau und rechts davon liegt Neuschwanstein, das Märchenschloss von König Ludwig II. Inmitten dieser Kulisse, in dem ehemaligen Hotel Alpenrose direkt am Alpsee, entstand in dreijähriger Planungs- und Bauzeit ein neues Museum, das die Geschichte des Wittelsbacher Königshauses um König Ludwig II dokumentiert.

 

Wechselvolle Geschichte der Gebäude

Eigentlich war das Dorf-Brauhaus (Altes Brauhaus Jägerhof, Baujahr 1790) nicht für die Allgemeinheit bestimmt, zumindest hatte sich das Ludwig II verbeten. 1886, nur wenige Jahre nach dem Tod des Königs, wird der Jägerhof allerdings zum Hotel umgestaltet. Das Königliche Hofhotel und Pension zur Alpenrose galt lange Zeit als das „erste Haus am Platz“, wurde nach dem 2. Weltkrieg gar als Flüchtlingsunterkunft und Schule genutzt. Bis 1996 war es ein Hotelbetrieb mit unterschiedlichen Pächtern.

Die Sanierung und Umgestaltung des ehemaligen Hotels zum Museum wird nach außen vor allem über die neue Dachkonstruktion im Mittelbau (zwischen dem Jägerhaus und dem Gästehaus) sichtbar. Das Tonnendach überspannt mit einem Stahltragwerk den eingeschossigen Verbindungsbau – den ehemaligen Speisesaal – des historischen Altbaus und bildet im Inneren das eigentliche Herz des Museums. Die Außenhülle wurde mit farbigen Aluminiumschindeln belegt und wirkt wie ein verspielter Farbtupfer in der lieblichen Allgäuer Berglandschaft.

Die beiden äußeren Tonnengewölbe sind seitlich offen und mit einer Glasfassade versehen. Sie geben den Blick in die Landschaft frei. Der mittlere Teil des Tonnendachs dient als zentraler großer Ausstellungsraum, dem „Saal der Könige“. Die Ausstellung wird im angrenzenden Jägerhaus fortgesetzt, sie umfasst insgesamt rund 1000 Quadratmeter.

 

Umfangreiche Sanierungsarbeiten

Die umfangreichen Sanierungsarbeiten begannen 2009. Im Gästehaus-Trakt wurde die kleinräumige Struktur der Räume aufgehoben. Zudem wurde – alle Arbeiten erfolgten in Absprache mit dem Denkmalamt – die Statik verändert und Brandabschnitte eingezogen. Sowohl das Gästehaus als auch das Jägerhaus wurden vollständig außen und innen saniert.

Die Dachkonstruktion wurde in insgesamt sieben Teilen per Schwerlasttransport nachts angeliefert und per Kran auf die vorbereiteten Stahlstützen gestellt. Die beiden äußeren Schalen waren als Ganzes vorgefertigt, die mittlere Schale in fünf Einzelsegmente zerlegt. Verantwortlich für den Stahlbau war das Unternehmen Prebeck. Die einzelnen Elemente des Tonnendachs waren nach außen schon bei der Anlieferung mit Stahl-Trapezblechen bekleidet.

 

Die eigentlichen Dacharbeiten beginnen

Mitten im Winter, im Januar 2011, kam dann das Unternehmen Wittenauer auf der Baustelle ins Spiel. Möglich waren die Arbeiten allerdings nur, weil ein Überdach die Baustelle vor Witterungseinflüssen schützte.

Auf die Stahltrapezunterschale wurde zunächst eine selbstklebende Dampfsperre (Hersteller Sita) aufgebracht, die die Luftdichtheit des Gebäudes gewährleistet. Danach folgte die Montage der Rinnenbohle (für die Entwässerung) sowie die Verlegung einer weiteren Bohle am First zur Ausbildung des Festpunktes. Von Rinnenbohle zur nächsten Rinnenbohle wurde aus Sicherheitsgründen, als sogenannte Notwasserführung, eine Folie eingebaut. Eine darauffolgende Noppenbahn hat die Aufgabe, eventuelle Feuchtigkeit in die Rinne abzuführen. Auf die Rinnenbohlen wurde eine trittfeste Mineralfaserdämmung zur späteren Aufnahme der Aluminiumrinne aufgebracht.

 

Systembefestiger sorgen für thermische Trennung

Der nächste Schritt war die Montage von 140 mm hohen Systembefestigern zur Aufnahme der Klemmfalzprofile. Die sogenannten Klipps (Hersteller Kalzip) werden diagonal, in der Baubreite der Profiltafeln, auf dem Obergurt des Stahltrapezprofils mit speziellen Befestigern verschraubt. Diese Klipps bestehen aus einem kunststoffummantelten Stahlkern und reduzieren die Wärmebrücken deutlich. So wird ein Dachaufbau ermöglicht, dessen Wärmedurchgang ausschließlich von der Wärmedämmung bestimmt wird und der den aktuellen Vorgaben der EnEV entspricht. Danach erfolgte das Auslegen eines Mineralfaserfilz (WLG 035). Dieser wurde in zwei Lagen von je 80 mm Dicke aufgebracht wodurch eine Dämmdicke von insgesamt 160 mm erreicht wurde. Durch die Montage der Klemmfalzprofile wird die Dämmdicke auf 140 mm komprimiert.

 

Montage der Profiltafeln

Bei der Montage der Profiltafeln, die aus einem großen und kleinen Bördel bestehen, rastet der kleine Bördel in den Klippkopf ein und wird bei der Montage des nächsten Profils (mit dem größeren Bördel) überdeckt. Eine mechanisches Verschließen dieser Bördel sorgt für eine sichere und kraftschlüssige Verbindung. „Durch diese Art der Aluminium-Dachdeckung entstehen keine Durchdringungen, was dem Bauherrn ein Höchstmaß an Sicherheit bietet“, sagt Roman Wittenauer. Ein weiterer Vorteil dieses System ist, dass die thermische Längenänderung über die Klipps geführt werden. Produziert wurden die Profiltafeln in Radien von zwei und fünf Metern, die in dem Poyester-Sonderfarbton 350 M beschichtet waren. Der Grund hierfür war, dass im Bereich der Aufstiegsleiter die wasserführende Kalzip Dachhaut später einsehbar ist.

 

Befestigung der Unterkonstruktion

Zur Auflage des sichtbaren bunten Daches (ausgeführt mit Aluminium-Schindeln) musste von den Handwerkern zuerst auf den Falzen des Kalzip-Systems eine Unterkonstruktion montiert werden, auf der die vorgelochten und gerundeten Alucobond Komposit-Verbundplatten befestigt wurden. Hierzu verwendete man spezielle Klemmen, die direkt auf den Falzen befestigt wurden. „Diese Klemmen sind so konstruiert, dass die Dachhaut dabei nicht verletzt wird und dass die Profiltafeln ungehindert schieben können“, erklärt Roman Wittenauer. Darauf montierten die Dachhandwerker zur besseren Auflage der Verbundplatten ein gekantetes, umgekehrtes Hutprofil.

 

Kernkompetenz CNC-Bearbeitung

Die farbliche Dacheindeckung – der Hingucker des Tonnendaches beim Blick von oben auf das Museum – mit den im Sandalorverfahren eloxierten Aluminiumschindeln, war dann die eigentliche Herausforderung für die Wittenauer GmbH. Und da liegt auch die Kompetenz des Unternehmens. Die rautenförmigen Aluminiumschindeln (Diagonalmaße 420 mm x 320 mm) wurden werkseitig CNC gefräst und gebohrt und so auf die Baustelle geliefert. Die exakte Bohrung wurde auch bei den Komposittafeln vorgenommen. Damit war die Endmontage für die Arbeiter relativ einfach. Nach Vorgabe eines Plans wurden die Schindeln in fünf verschiedenen Farben geliefert. Nun mussten die 1 mm starken Rauten nach der exakten Vorgabe des Architekten nur noch an zwei Stellen mit der Unterkonstruktion vernietet werden. Durch die Überlappung von 5 cm wurde die Vernietung überdeckt. „Ohne die werkseitige Bohrung wäre die Umsetzung des farbigen Fleckendaches nicht so exakt möglich gewesen“, sagt Roman Wittenauer im Rückblick. Mit Hilfe der Vorfertigung aber konnte diese Arbeit von den insgesamt vier Monteuren sehr sauber und zügig ausgeführt werden.

Verspielte Präzesion

Mit der Einweihung im September 2011 konnte der Architekt ein Museum übergeben, das auch die Verbindung zwischen historischer Bausubstanz und Moderne beinhaltet. Erfassbar wird das mit dem komplett neu gestalteten „Saal der Könige“ mit buntem Tonnendach, das sowohl von innen als auch von außen dem Bau zugleich Verspieltheit und auf der anderen Seite höchste Präzision verleiht.

Das Tonnendach zeigt sich farbenfroh

der Landschaft

Pläne: Grundrisse und Schnitte

Hier finden Sie die Grundrisse und Schnitte zum Museum der bayerischen Könige als PDF zum Download.

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