Generalsanierung des Landgerichts Magdeburg

Dass sich die Anforderungen an eine moderne Daten- und Sicherheitstechnik auch im Rahmen der Restaurierung eines denkmalgeschützten Gebäudes erfüllen lassen, beweist das Büro Tchoban Voss Architekten mit der Generalsanierung des Landgerichts Magdeburg.

Vor sechs Jahren gewannen das Büro Tchoban Voss Architekten das ausgelobte VOF-Verfahren für die Generalsanierung des Landgerichts Magdeburg. Für die Planung galt es nicht nur das zwischen 1900 und 1906 nach einem Entwurf des Regierungsbaurats Hermann Angelroth (1853-1901) und des Geheimen Oberbaurats Paul Thoemer (1852-1918) aus dem Preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Berlin entstandene Gebäude zu sanieren und zu restaurieren, sondern es auch an die Anforderungen eines modernen Gerichtsgebäudes hinsichtlich der Daten- und Sicherheitstechnik anzupassen.

Substanzerhaltung für den ehemaligen Justizpalast

In enger Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde – Landeshauptstadt Magdeburg und dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt erfolgten bis 2020 die umfangreichen, substanzerhaltenden Arbeiten zur Wiederherstellung des historischen Erscheinungsbildes des im Stil des Historismus gehaltenen, ehemaligen Justizpalasts. Die Sanierungs- und Bauarbeiten betrafen die denkmalgeschützten Gebäudeflügel inklusive der Büroräume, Verhandlungssäle, Verwaltungsbereiche, Flure und Sozialbereiche, sowie die Fassaden und die Neugestaltung der Außenanlagen.

Restauratorische und sicherheits-technische Anforderungen

Erfolgreich konnten bei der rund 37 Millionen Euro teuren Generalsanierung die hohen denkmalpflegerischen und restauratorischen Anforderungen mit den aktuellen Anforderungen an eine moderne Daten-, Kommunikations- und Sicherheitstechnik, Schallschutz und Raumakustik sowie an einen zeitgemäßen energetischen Ausbau in Einklang gebracht werden. Anbindungs- und Schnittstellenbereiche, vorwiegend für die technische Medienversorgung zwischen Altbau und Neubau, wurden angepasst, Lüftungsanlagen modernisiert.

Denkmalgerechte Sanierung der Fassaden

Einen bedeutenden Teil der Bauarbeiten nahm die denkmalgerechte Sanierung der Fassaden ein. Die Hauptfassaden sind teilweise oder vollständig mit Granit und Sandstein verblendet, an Nebenfassaden wurde Klinker als Sockelausbildung oder Fenstergewände eingesetzt. Nach der Schadens- und Maßnahmenkartierung wurde ein detaillierter Maßnahmenplan zum Erhalt des Materials, wie Einsatz von Vierungen und von Steinersatz erarbeitet: Grundsätzlich konnte auf einen Austausch von Natursteinelementen, wie Gewänden verzichtet werden. Für den Teilersatz der Klinker wurden passende Steine bemustert. Der Außenputz wurde dem Bestandsputz nachgestellt und erhielt eine neue Fassung. Die Dächer wurden nach historischem Vorbild mit auf offenem Feuer gebrannten Biberschwanzziegeln gedeckt.

Erhaltung der historischen Decken

Die bauzeitlichen Massivdecken sind, außer über den großen Sälen, als Koenensche Voutenplatte ausgeführt. In den Sälen wurden Kleinesche Ziegeldecken eingesetzt. Diese zur damaligen Zeit moderne Konstruktion gewährleistet auch heute noch die statischen Anforderungen, entspricht aber nicht mehr den aktuellen Brandschutzanforderungen. Mit Untersuchungen und Kompensationsmaßnahmen konnte auch hier die Decken erhalten und mit geringem Aufwand ertüchtig werden.

Sanierung der Fenster und Türen

Die teilweise gut erhaltenen Kastenfenster wurden behutsam restauriert, die Innentüren der Hauptflügel denkmalgerecht aufgearbeitet. Die Türöffnungen in den Nebenbereichen wurden in den letzten Jahrzeiten häufig verändert, so dass keine bauzeitlichen Türen mehr vorhanden waren. Hier kamen Nachbauten zum Einsatz. Eine Besonderheit stellten die Betontürgewände dar. Bei Türöffnungen, die neu hergestellt werden mussten, bauten die Handwerker die Betontürgewände nach.

Energetische Sanierung

Durch eine Modernisierung der Kastenfenster mittels Isolierverglasung und der Umsetzung von weiteren Dämmmaßnahmen, wie der Ertüchtigung der Außenwände mit Dämmputz, konnte eine wesentliche Verbesserung der Energieeffizienz erzielt werden, ohne die Bausubstanz aufzugeben oder das äußere Bild zu beeinträchtigen.

Autor

Carsten Schneider ist für die Presse und Kommunikation im Büro Tchoban Voss Architekten in Berlin zuständig.

Baubeteiligte (Auswahl)

Architekten Tchoban Voss Architekten, Hamburg, Berlin, Dresden, https://tchobanvoss.de

Projektleitung Bettina Kempe-Gebert und Jörg Rudloff

Team Susanne Bahr, Tobias Frisch, Hubert Jäger, Norbert Lehmann, Jörg Rathmann, Stefan Schönefuss 

Statik R&P Ruffert Ingenieurgesellschaft, Halle, www.ruffert-ingenieure.de

Restaurierungsarbeiten Nüthen Restaurierungen, Erfurt, www.nuethen.de

Rohbauarbeiten Busse Bau GmbH, Magdeburg, www.busse-bau.de

Holzbauarbeiten Pampelbau Dachtechnik Holzbau, Zwickau, www.pampelbau.de

Natursteinarbeiten Paul Schuster LB Bau- und Natursteinbetrieb, Magdeburg, www.paul-schuster.de

Steinrestauration Steinrestaurierung Ellwart, Berlin, www.ellwart-steinrestaurierung.de

Innenausbauarbeiten Raumausstattung Mewes, Havelberg, www.raum-mewes.de

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