Hamburgs schönste Baustelle

Die protestantische Hauptkirche Sankt Michaelis, von den Hamburgern kurz und liebevoll „Michel“ genannt, gilt als eine der schönsten Barockkirchen Norddeutschlands. Derzeit erlebt der Michel die größte Sanierung seit dem Wiederaufbau der Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg.

Sankt Michaelis ist für die Hamburger mehr als nur eine Kirche – mit ihrem 130 m hohen Turm ist sie das Wahrzeichen der Hansestadt. Das Gotteshaus ist dem Erzengel Michael geweiht, der als große Bronzestatue über dem Hauptportal angebracht ist. Für zehn Millionen Euro ist das Kirchenschiff in den vergangenen Jahren renoviert worden. Ende Oktober feiert die Gemeinde nach rund fünfjähriger Bauzeit und einem Jahr Schließung mit einem festlichen Gottesdienst den Wiedereinzug.

Der heutige „Michel“ ist die dritte große Sankt-Michaelis-Kirche. Die beiden ersten Kirchen wurden 1750 und 1906 durch Feuer zerstört. Anfang des 20. Jahrhunderts ist Sankt Michaelis ein drittes Mal errichtet worden, basierend auf den barocken Plänen aus dem 18. Jahrhundert, ausgeführt jedoch in Beton und Stahl. Den Fliegerbomben des Zweiten Weltkrieges hielt allerdings auch die Betonkonstruktion nicht stand, das Hauptschiff wurde stark beschädigt, der Wiederaufbau erfolgte in den 1950er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

 

Spezialist für Kirchensanierungen

Mit der Restaurierung des Turms begann im Jahr 1996 die dringend notwendig gewordene Generalsanierung. 2004 folgte die Erneuerung und Modernisierung der gesamten Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallation. Seit März 2008 arbeitet der Malereibetrieb John Lewien mit zeitweise 50 Mitarbeitern gleichzeitig an der Restaurierung der Innenräume mit neuen Anstrichen, Überarbeitung der aufwendigen Stuckverzierungen und deren Teilvergoldung. Das in der dritten Generation geführte Unternehmen setzte sich in der Ausschreibung gegen 16 Mitbewerber durch. Das lag zum einen an den zahlreichen Referenzen die der Malerbetrieb aufzuweisen hat, und zum anderen an einem Konzept, das die Fertigstellung zum veranschlagten Termin garantierte.

 

Zweiter Sanierungsabschnitt läuft

Noch laufen die Sanierungsarbeiten in der Hauptkirche auf Hochtouren. Im ersten Bauabschnitt von März bis Oktober 2008 wurde das nördliche Querhaus des Michels renoviert. Im zweiten, noch laufenden Bauabschnitt, stehen das große Mittelschiff, der Altar, der gesamte Orgelbereich sowie das südliche Querhaus auf dem Programm. Zunächst musste der alte Leimfarbenanstrich mit einem speziellen Wasserstrahlverfahren komplett entfernt werden. Im Anschluss daran setzten die Handwerker den Putz instand, sperrten Durchfeuchtungen ab und modellierten beschädigte Stuckverzierungen nach.

Eine Besonderheit des 27 m hohen Kirchenraums ist die abgehängte Decke. In frühen Bauepochen waren Kirchendecken gemauerte Gewölbekonstruktionen, in barocken Konstruktionen wie Sankt Michaelis hingegen besteht der Deckenaufbau aus Metallbindern, Latten und Reet mit Streckmetall und entsprechendem Putzüberzug. In den vergangenen Monaten wurde das Innengerüst in der Kirche Stockwerk für Stockwerk zurück gebaut und damit der Blick auf die Renovierungen freigegeben: Spiegelfenster, gereinigte und über den Fenstern zart vergoldeten Stuckverzierungen sowie ein Schallloch für die Klänge des neuen Fernwerks der Orgel. Letzteres besteht aus einem „Korb“ aus Weißbuchenholz, der mit vergoldeten Rosetten geschmückt und in einen ovalen Stuckrahmen gesetzt ist. Durch diese reich verzierte Deckenöffnung wird der Schall des Fernwerks in das Kirchenschiff geleitet. Der zurückzulegende Weg ist dabei so weit, dass der Ton 1/6 Sekunde später beim Hörer ankommt, als ein Ton der großen Orgel. Das sorgt für einen vollen und sphärischen Klang.

 

Silikatische Renovierung

Der ausführende Malerbetrieb verarbeitete größtenteils mineralische Produkte aus dem Hause Keim. Nach der Grundierung mit Keim Solipren entschieden sich die Verantwortlichen für einen Anstrich in altweiß mit Keim Optil, einer hochwertigen Sol-Silikatfarbe, die besonders geeignet ist für anspruchsvolle Innenraumgestaltungen. Optil ist dampf- und diffusionsoffen und besticht durch ihre brillante Leuchtkraft und ein samtmattes Finish.

Das Ergebnis der Generalsanierung wird nicht nur die Hamburger und die vielen Touristen begeistern. „Eine prächtigere Kirche als den Michel kann man sich kaum vorstellen“, schwärmt auch Maler-Polier Heino Owczarzewicz. „Es ist das schönste Bauwerk, an dem ich in meinen 40 Berufsjahren gearbeitet habe.“


Zehn-Millionen-Euro-Projekt:

Sanierung des Hamburger Michels

endet im Oktober 2010

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