Kombinierte Fassade

Vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF) haben in der heu­ti­gen Alltagsarchitektur eher Seltenheitswert.
Dabei bie­ten sie im Gegensatz zu den üblichen Wärmedämmverbundsystem-Fassaden (WDVS) ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit und Ma­te­rial­vielfalt.

VHF-Fassaden sind zudem aus bau­physikalischer Sicht die interessantere Lösung. Eine vorgehängte hinterlüftete Fassade lässt sich nämlich auch in Kombination mit einem WDV-System problemlos ausführen, wie das nachfolgende Beispiel zeigt.

 

Optisch und energetisch passend

Bei einem Büroneubau in Salem (Bodenseekreis) soll­te die Fassade komplett verkleidet und gemäß den geltenden Anforderungen der EnEV wärme­ge­dämmt werden. Hierzu beauftragte der Bau­herr die Zimmerei Gruber GbR aus Frickingen, die sich unter anderem auch auf Energieberatung bei Neu- und Erweiterungsbauten oder bei anstehenden Sa­nie­rungen spe­zia­lisiert hat.

Der dreigeschossige Verwaltungsbau war direkt an eine Ge­werbehalle angebaut worden. Konstruktiv handelt es sich um eine Mischbauweise aus Betonwänden und Mauerwerk, kombiniert mit einer Stahl-Glasfassade. Das Erdgeschoss sollte in herkömmlicher Form mit einem WDV-System und Putzfassade verkleidet werden. Bei den beiden Obergeschossen war eine vorgehängte hin­ter­lüftete Fassade mit großformatigen Holzwerkstoff­plat­ten, die das Gebäude besonders akzentuieren, ge­wünscht.

Markus Gruber, Zimmermann und Inhaber der Zimmerei Gruber, empfahl dem Bauherrn eine strukturierte Fassa­den­bekleidung aus duromeren Hochdrucklaminaten mit zusätzlicher Dekorbeschichtung. Aufgrund ihres Formats eignen sich diese Platten für eine markante und optisch ansprechende Ausgestaltung der Fassade. Doppelt gehärtete Acryl-Polyurethan-Harze sorgen bei diesem Werkstoff für den dauer­haften Witterungsschutz. Die größten verbauten Formate haben eine Abmessung von 4100 x 1500 mm.

 

Thermisch entkoppelt

Zunächst musste jedoch neben der notwendigen Däm­mung der Betonaußenwände auch eine ent­spre­chende Un­terkonstruktion montiert werden. Hierzu befestigten die Fachhandwerker spezielle Basiswinkel an den Be­ton­wänden. Ein Schenkel des Winkels verfügt über ein Langloch zur Fixierung an der Wand, der andere über eine mittige Feder, in die das Schwert anschließend eingebracht und nach dem Ausrichten verschraubt wer­den kann. Zur thermischen Entkopplung und Ver­mei­dung von Wärmebrücken wurden zwischen Basiswinkel und Betonwand zusätzlich elastische Lager verbaut. Nach der Fixierung aller Basiswinkel – natürlich in einem durch die Plattenformate und die berechneten Traglasten vorgegebenen Raster – konnte die Dämmung der Wände in Angriff genommen werden.

Hierzu nutzten die Zimmerer die Fas­sa­den­dämm­platte Ursa FDP 2/Vs in 140 mm Dicke, mit einem Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,035 W/mK. Diese durchgehend wasserabweisend aus­ge­rüstete Dämmplatte aus Glaswolle ist speziell für die Fas­sa­de einseitig mit einem schwarzen Glasvlies kaschiert. Nach DIN 4108-10 ist sie sowohl bei vor­ge­hängten hin­ter­lüfteten Fassaden – WAB – als auch als Kern­dämmung bei zweischaligen Wänden mit und ohne Luftschicht – WZ – einsetzbar. Die Fassadendämmplatte ist nichtbrennbar (Euroklasse A1 nach DIN EN 13501-1) und ohne Begrenzung der Gebäudehöhe verwendbar.

 

Weitgehend wärmebrückenfrei

An allen zu dämmenden Wänden der beiden Ober­ge­schos­se verlegten die Handwerker die Dämmplatten so, dass diese die vorher montierten Basiswinkel um­schließen. Hierdurch wurde die Bildung von Wärmebrücken nachhaltig unterbunden. Die Platten wurden teilweise eingeschnitten um sie anschließend entsprechend passgenau um die Basiswinkel verlegen zu können.

Nach Abschluss der Dämmarbeiten begannen die Handwerker mit der Montage der senk­rechten Schwerter, die sie zunächst in die Federn der Basiswinkel einschoben. Erst nach der exakten Ausrichtung, sowohl in der Höhe als auch in der Tiefe schraubten die Handwerker sie an den Basis­winkeln fest. Mit der richtigen Positionierung wird auch die notwendige Hinterlüftung der Bekleidung er­mög­licht – so muss der Abstand zwischen Wärme­dämmung und Fassadenplatten mindestens 20 mm betragen, um einen ausreichenden Hinterlüftungs­raum zu bieten. Aufgrund der großen Formate galt es bei der Montage und Justierung der Schwerter sehr genau zu arbeiten, da die 4100 x 1500 mm großen Bekleidungsplatten kaum Spielraum zulassen.

 

Schattenfugen

Damit durch die 8 mm breiten vertikalen Fugen zwi­schen den Platten nicht die Schwerter aus Aluminium hin­durch scheinen, wurden sie zusätzlich mit einem schwar­zen Band abgeklebt. Sowohl am oberen als auch am unteren Abschluss der Fassade sorgen Schutzgitter dafür, dass weder Insekten noch Nager hinter die Fassadenplatten in die Konstruktion vordringen und dort Schäden anrichten können.

 

Passend fixiert

Vor der Montage der Fassadenbekleidung mussten diese zunächst passend auf Maß gesägt werden. Angeliefert wurden die HPL-Platten nämlich in einem Format von 4100 x 1850 mm. Nach dem Zuschnitt erfolgte die Montage an der Unterkonstruktion. Die Größe der Platte erforderte den Einsatz von zwei Handwerkern. Zur endgültigen Befestigung wurden die Platten zwar genietet, jedoch mussten zuvor die Löcher vorgebohrt werden. Um die Platten und das Oberflächendekor nicht zu beschädigen, hatte sich Markus Gruber eigens eine geeignete Bohrhilfe angeschafft.

Nachhaltiger Tauwasser- und Regenschutz

Die vorgehängte hinterlüftete Fassade ermöglicht durch die konstruktive Trennung von Fas­sa­den­be­kleidung und Wärmedämmung einen nachhaltigen Tau­wasser- und Regenschutz. Ihre Scha­dens­anfälligkeit ist sehr gering , außerdem ist sie langlebig und war­tungs­frei. In Kom­bi­nation mit den Ursa Fassaden­dämm­platten FDP 2/Vs konnte eine Au­ßen­wandbekleidung er­stellt werden, die höchsten ener­ge­tischen und optischen An­for­derungen stand hält.

 

Autor

Sven-Erik Tornow betreibt die PR-Agentur Flüstertüte in Köln. Er ist als Baufachjournalist unter anderem für die Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau tätig.

Bürohaus-Neubau mit WDVS und vorgehängter, hinterlüfteter Fassadenbekleidung

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