Kunststoff-Oberflächen renovieren

Bauteile aus Kunststoffen wie Fenster, Fallrohre, Jalousien, Dachuntersichten und Fassadenverkleidungen sind in aller Regel witterungsbeständig und farbstabil. In exponierten Lagen können auch diese Oberflächen ausbleichen oder kreiden. Nach einer fachgerechten Renovierung sehen sie wieder wie neu aus.

Sollen die Kunststoff-Bauteile im Zuge einer Fassadensanierung gleich mit gestrichen werden, stellen sich zunächst einmal zwei Fragen: Um welchen Kunststoff handelt es sich, und kann dieser überhaupt beschichtet werden? Auch die Beanspruchungsgrade und die farbige Gestaltung spielen bei den Vorüberlegungen eine Rolle. Ein matt kreidendes, vormals weißes und nun vergilbtes Kunststofffenster kann man nicht einfach nussbraun streichen – es sei denn, der Hersteller des Bauteils gibt diesen Kunststoff für eine farbige Umgestaltung frei, oder die Fenster haben zum Beispiel einen eingezogenen Metallkern. Darüber sollte sich der Maler rückversichern, denn ein zu dunkel beschichteter Kunststoff  heizt sich enorm auf, was zu Beschädigungen und letztlich zum Gewährleistungsfall führen kann.

Hilfreich bei allen Erst- und Renovierungsbeschichtungen auf Kunststoffoberflächen ist ein Blick in das BFS-Merkblatt Nr. 22 „Beschichtungen auf  Kunststoff im Hochbau“, das eine Übersicht der möglichen zu beschichtenden Kunststoffe mit ihren Kennzeichnungen auflistet. Auch die VOB DIN 18 363, Teil C und deren Kommentare (zum Beispiel 5/16) bieten wichtige Basisinformationen zur Beschichtung dieser Untergründe.

Untergrundvorbehandlung

Ist die Grundsatzfrage der Beschichtbarkeit geklärt, muss der Kunststoffuntergrund fach- und sachgerecht vorbereitet werden. Bei Altanstrichen sind neben einer Haftungsprüfung die gründliche Reinigung und gegebenenfalls ein Anrauen der Oberfläche erforderlich. Dazu haben sich Schleifvliese aus Kunststoff in Kombination mit einem neutralen Reinigungsmittel bewährt. Unbeschichtete Kunststoffe sind produktionsbedingt meist mit Trennmitteln verunreinigt. Diese müssen sorgfältig entfernt werden, damit die Grundbeschichtung haftvermittelnd wirken kann. Dafür können – je nach Kunststoff – die ammoniakalische Netzmittelwäsche, entfettende Universalreiniger oder auch Spiritus eingesetzt werden. In seltenen Fällen ist das Tempern, das Ausschwitzen von Weichmachern, erforderlich. Denn diese können in den Anstrichfilm einwandern und ihn aufweichen.

Materialauswahl

Für die Auswahl des Anstrichstoffs muss – neben der grundsätzlichen Beschichtbarkeit – die Lösemittelbeständigkeit des Kunststoffs geprüft werden. Scharfe Lösemittel wie Nitroverdünnung weichen den Kunststoff auf und lösen diesen an. Von nitrobasierten Anstrichmitteln ist deshalb abzuraten.

Die klassischen einkomponentigen wasser- oder lösemittelbasierten Anstrichstoffe können als Grundanstrich und mit Decklacken als Zwischen- und Schlussbeschichtung eingesetzt werden. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und der Effizienz setzen sich jedoch immer mehr die so genannten Eintopfsysteme durch. Denn diese fungieren sowohl als Grund- als auch als Deckbeschichtung und bieten – bei fach- und sachgerechter Vorbehandlung – mit ihrer hohen Wetter- und UV-Beständigkeit einen sicheren und langlebigen Schutz. Wasserbasierte 2K-Grundierungen und 2K-Lacke zeichnen sich durch eine ausgezeichnete Haftung und eine hohe Beständigkeit gegen chemische und mechanische Belastungen aus. Bei normaler Beanspruchung sind auch wässrige, polyurethanverstärkte Lacke – mit entsprechender Grundierung oder als Eintopfsystem – zum Beispiel für den Innenbereich oder für vom Hersteller dafür freigegebene Untergründe im Außenbereich sehr gut geeignet. Beim Außeneinsatz wässriger Anstrichsysteme müssen grundsätzlich die klimatischen Grundvoraussetzungen für die Verarbeitung genau beachtet werden, denn sowohl pralle Sonne als auch hohe Luftfeuchtigkeit bei kalten Temperaturen können zu Irritationen führen.

Praxisbeispiel

Ein vergilbtes Kunststofffenster, das sich nicht mehr tiefenrein reinigen lässt, soll beschichtet werden. Denn nach der Fassadenrenovierung erscheinen die Fenster schmutziger denn je, und sie sollen außerdem farblich an die neue Farbgestaltung angepasst werden. Der Auftraggeber hat sich für ein mittleres Grau entschieden, weil es verschiedene Bauelemente am Haus harmonisch verbindet, einen interessanten Kontrast zur kieselgrauen Fassadenfläche bietet und zudem länger seine saubere Optik behält.

Zum Einsatz kommt „Lucite 2K PUR Xtrem satin“, ein 2K Polyurethan Buntlack, der für die Überarbeitung von Kunststoffen im Außenbereich ausdrücklich empfohlen wird. Tragfähige Bauteile können damit direkt – also ohne spezielle Grundierung – beschichtet werden. Grund- und Schlussbeschichtung erfolgen mit demselben Decklack, weshalb man hier auch von einem Eintopfsystem spricht. Die Vorteile: Man hat es nur mit einem Material zu tun und man spart – je nach Farbton – einen dritten Arbeitsgang und damit Zeit und Kosten.

Nachdem der Grundanstrich über Nacht getrocknet ist, folgt am nächsten Tag beziehungsweise spätestens nach 24 Stunden die Schlusslackierung mit demselben Material. Der zweikomponentige PUR Buntlack ist dabei extrem resistent gegen mechanische und chemische Belastungen und zeichnet sich zudem durch seine hohe UV-Beständigkeit aus. Die Kunststoffflächen sind damit langfristig sicher geschützt und können mit üblichen Haushaltsreinigern gesäubert werden. Die Grauabstufung zwischen Fenster und Fassade verleihen dem Gebäude einen modernen Look.

Autor

Horst Kufahl arbeitet in der Anwendungstechnik Baufarben bei der Dörken Coatings GmbH & Co. KG in Herdecke.

Praxistipp

Für ein profigerechtes Finish bei der Verarbeitung von wasserverdünnbaren Grundierungen, Vorlacken und Lacksystemen bieten die Werkzeughersteller eine Reihe von Innovationen an – vor allem bei Pinseln und Rollen. Denn die Pinsel- und Rollenlackierung ist noch immer die am häufigsten angewandte Lackiermethode. Neben dem Fingerspitzengefühl und der Materialkenntnis des Handwerkers ist die Auswahl der Werkzeuge dabei von entscheidender Bedeutung. Auch wenn jeder Maler sein Lieblingswerkzeug hat: Jeder Handwerker sollte sich mit den Innovationen und Weiterentwicklungen in diesem Bereich beschäftigen. Vor allem die Maler, die aufgrund der vermeintlich schlechteren Performance Vorbehalte gegenüber wasserbasierenden Systemen haben, werden erstaunt sein, was ein auf das Material abgestimmter Pinsel und die richtige Handhabung bewirken können. Ein gemeinsamer Workshop in der Malerwerkstatt mit Meister, Gesellen und Auszubildenden bringt alle schnell auf den neuesten Stand. Denn grundsätzlich ist die Pinsellackierung ein von Grund auf erlerntes Stück Handwerk und nicht umsonst heißt es: „Übung macht den Meister!“

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