Korrekte obere Anschlüsse von WDVS

Ursache für Beanstandungen bei der Ausführung von WDV-Systemen ist häufig eine fehlende oder falsche Planung von Anschlüssen. Der Beitrag zeigt typische Problempunkte von oberen Abschlüssen wie Traufen, Attiken und Balkonunterseiten sowie die jeweils korrekte Ausbildung dieser Details.

Werden Anschlüsse zwischen dem Wärmedämmverbundsystem und anderen Bauteilen nicht korrekt geplant, kommt es bei der Ausführung beinahe zwangsläufig zu Fehlern, die häufig in Bauschäden münden, weil Wasser in oder hinter das WDVS eindringen kann. Besonders kritisch sind die oberen Anschlüsse.

Abdeckung von Balkonaufkantungen

Balkone aus Stahlbeton-Fertigteilen beziehungsweise Sichtbeton und als „Weiße Wanne“ in WU-Beton haben den Vorteil, dass die tragende Balkondecke gleichzeitig die Funktion der Abdichtung und des Bodenbelags erfüllt.

Bei der Verwendung dieser Konstruktionsart bedarf es einer fachgerechten Abdichtung zwischen WDVS-Fassade und Balkonbauteil. Bei einer fehlerhaften Ausführung kommt es sonst zu Undichtigkeiten, und Wasser kann hinter die Dämmschicht laufen. Häufig werden solche „Abdichtungsanschlüsse“ durch elastische Fugenfüllstoffe oder so genannte „Kompribänder“ ausgeführt, die die dauerhafte Dichtigkeit sicherstellen sollen.

Eine elastische Verfugung beziehungsweise ein horizontal liegendes Quellband ist auf Dauer jedoch nicht dicht und stellt aus Sicht des Gutachters keine Abdichtung dar. Auch die entsprechende DIN 55 699:2005-02 – Verarbeitung von Wärmedämm-Verbundsystemen – ist klar: „Horizontalabdeckungen, wie Fensterbänke, Dachabschlüsse, Brüstungsabdeckungen, sollten vor Arbeitsbeginn vorhanden sein und die Ausbildung dichter Anschlüsse ermöglichen. Bei nachträglichem Einbau von Horizontalabdeckungen ist durch zusätzliche geeignete Maßnahmen die notwendige Abdichtung sicherzustellen. Ein WDVS übernimmt keine Abdichtungsfunktion“, heißt es im Absatz 5.3.2.

Bei der Planung von Abdeckblechen zur Überbrückung der Anschlussfuge müssen einige wichtige Grundsätze berücksichtigt werden. Die Bleche sollten:

mit einem Gefälle von mindestens 8 Prozent montiert werden,
mit der hinteren Aufkantung am Rohbau befestigt sein,
und über eine vordere „Tropfkante“ verfügen.

Außerdem muss berücksichtigt werden, dass die Bleche sich „bewegen“ und anschließende Verfugungen sich aufgrund von Materialermüdung lösen können. Sollen die Abdeckbleche begehbar sein, müssen sie in einer trittfesten Materialdicke ausgeführt werden.

Oberer Abschuss Balkondecke

Oft wird bei auskragenden Balkonen keine Wärmedämmung und keine thermische Entkopplung ausgeführt. Da die Unterseite der Stahlträger mit einer abgehängten Decke verkleidet wird, können solche Fehlstellen nach der Fertigstellung nicht mehr eingesehen werden. Dies stellt eine deutliche Wärmebrücke dar. Darüber hinaus besteht die Gefahr des Hinterlaufens aufgrund des nach oben offenen WDV-Systems.

Der obere WDVS-Fassadenabschluss muss vor einer Hinterläufigkeit geschützt werden. Dies ist beispielsweise durch ein „Z“-förmiges Abdeckblech oberhalb der WDVS-Fassade möglich. Die Ausführung erfolgt sinngemäß wie in der Skizze auf dieser Seite  dargestellt.

Darüber muss grundsätzlich eine thermische Entkopplung der Verbindungselemente des Balkons vorgesehen und das WDVS unterbrechungsfrei ausgeführt werden, um Wärmebrücken zu vermeiden.

Oberer Abschuss Steildach (Traufe)

Da kleinformatige Dacheindeckungen wie Ziegel beim Steildach nicht wasserdicht, sondern nur wasserabweisend sind, ist immer eine Unterspannbahn beziehungsweise Unterdeckung erforderlich. Diese wird häufig entweder unter dem Einhangblech der Dachrinne oder auf die Dachrinne geführt.

Bei unserer Ist-Variante läuft das Wasser an und auf der WDVS-Fassade herab. Im schlimmsten Falle, wenn die Unterspannbahn nicht fachgerecht verlegt wurde, kann anfallendes Wasser auch hinter die WDVS-Fassade gelangen und tritt an verschiedensten Durchdringungen, zum Beispiel an einem Kabelauslass oder am Fassadensockel wieder aus.

Um Schäden vermeiden zu können, ist es notwendig, einen kontrollierten Wasserablauf zu gewährleisten. Dies gilt auch für Abdichtungsebenen, in denen, wie unter einer Ziegeleindeckung, scheinbar wenig Wasser anfällt.

Im ungünstigsten Fall kommt es zu einer Durchfeuchtung des WDVS. Etwaige Schäden sind erst nach
langer Zeit erkennbar. Neben der Zerstörung der Bausubstanz durch Feuchte entsteht bei einem durchfeuchteten Dämmsystem sofort eine deutliche Schwächung des Wärmeschutzes.

Oberer Abschuss Flachdach (Attika)

Wie beim Steildach kann eine fehlerhafte Abdichtungsführung auch im Attikabereich eines Flachdaches zu einer Durchfeuchtung oder Hinterläufigkeit des WDVS führen.

Im dargestellten Fallbeispiel wurde die Folienabdichtung nicht vollständig über die Traufbohle geführt. Hierdurch kam es zu einer stellenweisen Hinterläufigkeit der WDVS-Fassade. Wasser konnte auf der Rohbauebene ablaufen und kam bei einem darunter liegenden Fenster wieder zum Vorschein.

Im speziellen Fall der Flachdach-Attika ist es notwendig, die Abdichtungsebene vollständig über die Traufbohle bis zur Außenkante des WDVS zu führen.

Oberer Abschuss Flachdach (Brüstungsabdeckung)

Eine Attika, die gleichzeitig als Brüstung einer Dachterrasse dienen soll, zum Beispiel bei einem Staffelgeschoss, wird oft mit Platten aus Naturstein, abgedeckt, deren Stoßfugen starr verfugt wurden. Bau-
praktisch reißt jede starre Verfugung früher oder später, so dass über die Fugen Wasser in die Wandkonstruktion eindringen kann. Dies führt wiederum zur Hinterläufigkeit der WDVS-Fassade und den daraus resultierenden Wasserschäden.

Aus gutachterlich Sicht sind starre Verfugungen grundsätzlich als nicht wasserdicht anzusehen. Eine einfache Steinabdeckung genügt nicht, um die notwendige Dichtheit für einen oberen Abschluss eines WDVS herstellen zu können. Es ist immer eine gesonderte, unter der Abdeckung verlegte Abdichtungsebene notwendig. Daher sind bei einer Plattenabdeckung immer zusätzliche Maßnahmen erforderlich:

Platten im Buttering-Floating-Verfahren verlegen, das heißt, im Mörtelbett Hohlräume auf ein Minimum reduzieren,
Abdichtung unterhalb der Platten bis Vorderkante der WDVS-Fassade führen

Attika mit „Rinnenabdeckung“

Nun ein besonders kurioser Fall einer unüblichen Konstruktion – glücklicherweise ein absoluter Einzelfall: Als oberer Dachrandabschluss des WDVS wurde bei einem Flachdach eine Entwässerungsrinne auf die freiliegende Wärmedämmung montiert. Dadurch bestand eine offensichtliche offene Stelle der Dämmebene weiter fort und Niederschlagswasser konnte direkt in die Fassadenkonstruktion eindringen.

In diesem Fall bedarf es keiner detaillierten Stellungnahme eines Gutachters um zu begründen, warum hier ein Baufehler vorliegt. Selbst ein Laie kann die Undichtigkeit der Wandkonstruktion erkennen. Darüber hinaus können weitere Probleme bei einer Undichtigkeit der Rinnenkonstruktion entstehen, die erst spät erkannt und aufgrund der stark eingeschränkten Revisionierbarkeit nur mit erhöhtem baukonstruktivem Aufwand behoben werden können. Die dargestellte Konstruktion erweist sich daher als grundsätzlich falsch.

Fazit

Auch im dicksten Pullover friert man, wenn er durchnässt ist. Um einen dauerhaften Wärmeschutz bei allen Witterungsbedingungen zu gewährleisten, ist daher immer zusätzlich ein Feuchtigkeitsschutz – eine Regenjacke – erforderlich. Dieses Beispiel lässt sich analog auf die Konstruktion eines WDVS übertragen.

Auch wenn Markenprodukte mit Zulassungen und Prädikaten aller Art verbaut wurden, ist dies noch lange kein Garant für eine mangelfreie Bauleistung. Der Planer schuldet eine Erfolgssicherheit. Dazu gehört eine dauerhafte Schadensfreiheit, die nur durch eine fachgerechte Baukonstruktion, also dem bedachten Zusammenfügen von Baumaterialien, erreicht werden kann. Hierzu bedarf es einer eindeutigen Planung. Baufehler als Ursache für eventuelle Bauschäden werden nicht durch DIN-Vorschriften, sondern durch Kenntnis naturbedingter Grundsätzlichkeiten vermieden. Dazu gehört unter anderem die Kenntnis, dass durch Wasser die meisten Bauschäden verursacht werden und eine entsprechende Abdichtung erforderlich ist.

In den im Beitrag gezeigten Beispielen können kostenintensive Bauschäden nur durch eine gezielte Abdichtungsführung vermieden werden.

Der nächste Teil 7 der Serie „Typische Problemzonen von WDVS-Fassaden“ beschäftigt sich in der nächsten Ausgabe der bauhandwerk mit unteren Abschlüssen.

Autor
Dipl.-Ing. Joachim Schulz ist geschäftsführender Gesellschafter der IGS Ingenieur-Gesellschaft Schulz und als Architekt, beratender Ingenieur und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der IHK tätig. Als Lehrbeauftragter unterrichtete er an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin in den Bereichen Baustoffe/Bauchemie und Sichtbeton. Er ist europaweit als Bausachverständiger tätig.
Literaturhinweis von Joachim Schulz: Architektur der Bauschäden, Springer Vieweg.
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