Weiße Winkel

Eine leuchtend weiße Fassade prägt das Bürogebäude der wmf consumer electric in Jettingen-Scheppach. Schräg zulaufende Fensterlaibungen setzen sich je nach Lichteinfall deutlich von der Fläche ab. Um Farbtonveränderungen zu vermeiden, wählte man einen Oberputz, der das ursprüngliche Weiß langfristig bewahrt.

Das von Ott Architekten aus Augsburg entworfene neue Verwaltungsgebäude zeigt eine klare, rechteckige Form. Die leuchtend weißen Fassadenflächen besitzen allerdings eine Besonderheit: Die Laibungen um die Fensterflächen und Eingänge herum sind auffällig asymmetrisch zugeschnitten und laufen oben und auf beiden Seiten schräg von außen nach innen zu. Abmessungen und Winkel der schrägen Seitenflächen variieren sogar innerhalb der Laibung.

Leise Besonderheiten, spezielle Ausführung

Aus der Entfernung vermitteln die Laibungen der langen Fensterreihen je nach Betrachtungswinkel und Lichteinfall den Anschein, als wären sie im Vergleich zur restlichen Fassade in einem anderen Farbton gestrichen. Je nach dem Wechsel des Lichts, kann ihre ungewöhnliche Form auch unauffällig in den Hintergrund treten, so dass sie zumindest auf die Entfernung gar nicht weiter auffällt.

Beides ist eine Täuschung, wie sich herausstellt, wenn man näher an das Gebäude herantritt: Die ganze Fassade inklusive Laibungen ist rein weiß gestrichen. Erst die ungewöhnlichen Formen verleihen der schnörkellosen Architektur des Gebäudekörpers auf dezente Art ihre Besonderheit. Architekt Wolfgang Ott sieht darin eine Anlehnung an das Design der WMF Produkte. Dass ein solcher Entwurf nicht ohne Folgen für den zugrundeliegenden Wandaufbau bleibt, liegt auf der Hand. Zum einen musste eine Technik gefunden werden, um das WDVS den sich verjüngenden Laibungen anzupassen. Zum anderen war eine Putztechnologie gefragt, die möglichst langfristig Farbtonveränderungen der Fassade entgegenwirkt. Das Spiel von Licht und Schatten darf durch verblasste Farben oder Pilz- und Algenbefall nicht seinen Reiz verlieren.

Verwendet wurde der biozidfreie mineralische Edelputz Hydrocon von quick-mix und ein WDVS desselben Herstellers. Den Zuschlag für diese Produkte erteilten Architekt und der beauftragte Generalunternehmer Geiger Schlüsselfertigbau GmbH & Co. KG aus Augs-
burg nach Begutachtung einer verhältnismäßig gro-
ßen Musterfläche, die die Ausführung eines halben Fensters inklusive der projektkritischen Laibungen mit einschloss.

Feuchtehaushalt unter Kontrolle

Hydrocon verfügt über eine HydroControl genannte Technologie. Sie richtet sich gegen die häufigsten Auslöser von Farbtonveränderungen an Fassaden: Calciumcarbonat-Ausblühungen sowie Algen- und Pilzbefall. Hauptursache dieser Probleme ist Feuchtigkeit, denn sie dient als Transportmittel für lösliche Stoffe aus Mauerwerk und Mörtel. Gelangen diese mit der Feuchtigkeit bis an die Oberfläche, kann das zu Ausblühungen führen. Zudem schafft eine erhöhte Feuchtigkeit eine Lebensgrundlage für Mikroorganismen. Mit sinkenden Temperaturen bildet sich besonders im Frühjahr und Herbst, wenn es starke Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht gibt, zunehmend Taufeuchtigkeit auf der Fassade. Diese sammelt sich in Form von feinen Wassertropfen auf der Putzoberfläche und begünstigt das Algen- und Pilzwachstum.

Der Hydrocon Edelputz kann dieses Tauwasser durch seine teilhydrophobe Einstellung vorübergehend aufnehmen und in der Putzschicht speichern. Regenwasser dagegen perlt aufgrund der Putzstruktur ab. Den Mikroorganismen wird so die lebensnotwendige Feuchtigkeit entzogen und das Befallsrisiko wird deutlich minimiert. Steigen die Außentemperaturen wieder an, wird die gespeicherte Feuchtigkeit aufgrund der hohen Diffusionsfähigkeit des Putzes kontinuierlich durch Verdunstung abgegeben.

Carbonat-Barriere

Dank der Bindemittelkombination reduziert der Hydrocon Edelputz das Risiko von Calciumcarbonat-Ausblühungen. Feuchtigkeit, die beispielsweise durch bauliche Mängel ins Mauerwerk eingedrungen ist, kann zwar nach außen wandern, aber die Carbonate, die für die Ausblühungen hauptsächlich verantwortlich sind, werden nicht aus dem Untergrund durch die Putzschicht bis an die Oberfläche transportiert.

Ein wichtiger Grund für Architekt und Bauunternehmer sich beim WMF-Gebäude für Hydrocon zu entscheiden, war die umweltfreundliche Technologie: Der rein mineralische Putz enthält keine Biozide, die im Laufe der Jahre ausgewaschen werden und ins Grundwasser gelangen könnten. Die leuchtend weiße Fassade mit dem besonderen Lichtspiel wird durch den Edelputz auf natürliche Weise erhalten.

Der Putz entfaltet seine Wirkung dank des eingebauten HydroControl-Effekts auch ohne einen zusätzlichen Farbanstrich. Wenn allerdings ein Anstrich erfolgen soll, ist dafür eine Kombination mit der Hydrocon Color Fassadenfarbe HC 325 erforderlich. Diese Farbe ist ebenfalls mit der HydroControl-Technologie ausgestattet und passend zum Putz teilhydrophob eingestellt sowie hoch wasserdampfdiffusionsfähig.

Auch in Jettingen-Scheppach wurde die Putzschicht mit diesem Farbanstrich versehen. Dabei wurde hauptsächlich ein leuchtend weißer Farbton verwendet. Nur einen kleinen Bereich im Erdgeschoss auf der Rückseite des Gebäudes führten die Handwerker in einem Anthrazit-Farbton aus.

WDVS mit Glühdrähten in Form gebracht

Die asymmetrischen, schräg zulaufenden Fensterlaibungen stellten das mit den Fassadenarbeiten betreute Münchener Unternehmen SABA trust Fassadentechnik GmbH vor eine nicht alltägliche Aufgabe. Die Mitarbeiter musste das an die Fenster anschließende WDVS diesem ungewöhnlichen Querschnitt entsprechend zuzuschneiden. Die längsten Laibungen erreichten dabei eine Ausdehnung von 157 cm.

Die Wärmedämmung des Mauerwerks erfolgte mit
20 cm dicken Lobatherm EPS Fassadendämmplatten in den Abmessungen 100 x 50 cm. Um die Dämmplatten für Fenster- und Türlaibungen exakt auf die erforderlichen Maße zu bringen, entschieden sich die Fassadentechniker für ein ungewöhnliches Verfahren: Die Schrägen und Innenkanten der Dämmplatten wurden vor Ort grob auf die richtigen Dimensionen gebracht. Den endgültigen Laibungswinkel stellten die Handwerker aber erst fertig, nachdem die Dämmplatten an der Wand angebracht waren. Dazu setzten sie einen Glühdraht ein, mit dem sich die Platten mit entsprechender Planung sehr genau auf das vorgegebene Maß zuschneiden ließen. Sie erzielten damit über die gesamte Fassadenfläche von rund 1600 m² ein überaus gleichmäßiges Ergebnis.

Als Armierung wurde eine so genannte Mittelschicht-Armierung aufgebracht, die mit einer Dicke von 8 mm stoßfester ist als herkömmlich verwendete Armierungen mit 4-5 mm Dicke. Zudem bietet die etwas dickere Schicht eine größere Saugfähigkeit, so dass der Putz einen Teil der auftretenden Feuchtigkeit in die Armierung ableiten kann, die damit praktisch wie eine „Speichererweiterung“ für den Oberputz wirkt.

Auf die Armierung trugen die Handwerker den Edelputz einlagig in 2 mm Dicke als Scheibenputz auf. Zum Abschluss bekam des Gebäude den weißen Anstrich mit der Hydrocon Color Fassadenfarbe. Unverkennbar verdeutlichen auch die Fensterbänke den ungewöhnlichen Ansatz für die Ausformung der Laibungen. Hier sieht man deutlich die unterschiedlichen Schrägen, in denen Laibungen zum Fenster hin zulaufen. Insofern stellten auch die Fensterbänke eine Herausforderung dar, denn sie mussten ebenfalls asymmetrisch geformt werden,um sich den Laibungen anpassen zu können.

Autor

Guido Wollenberg ist als Fachjournalist in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit Schwerpunkt Bauwesen bei der Agentur Wollenberg-Frahm PR in Frechen tätig.

Der Putz reguliert den Feuchtigkeitshaushalt mit HydroControl-Technologie

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