Wohnen wie Diogenes im Fass: Vom Futtersilo zum Wassertrum

wohnen kann man in fast allem. Der griechische Philosoph Diogenes wohnte angeblich in einer Tonne. Eine beinahe vergleichbare Bedürfnislosigkeit im Anspruch an Wohnraum erprobte Architekt Jan Körbes, indem er über zwei Jahre lang gemeinsam mit seiner Tochter in einem von ihm umgenutzten Futtersilo wohnte. Aktuell ist von ihm in Berlin auf dem Gelände des Bauhaus-Archivs ein kleineres, zum Tee- und Meditationsraum umgebautes Futtersilo zu sehen. Gemäß dem Motto „Platz ist in der kleinsten Hütte“ gibt es dort weitere so genannte Tiny Houses zu sehen, die als Prototypen vergleichbar mit Wohnwagen ein mobiles Leben auf kleinstem Raum ermöglichen sollen.

Körbes beschäftigt sich vor allem mit der Umnutzung landwirtschaftlicher und industrieller Objekte. Dieses Bestreben, für nutzlos gewordenen Raum neue Funk­tionen zu finden, teilt er mit dem Architekten Norman Räffle aus Radolfzell. Der hatte sich schon als Jugendlicher für den bereits in den 1950er Jahren funktionslos gewordenen Wasserturm der nahen Milchwerke im Ort interessiert. Die Suche nach einer passenden Funktion für den alten Turm war wohl auch ein Grund für seine Studienwahl. Gemeinsam mit seinem Vater, dem Unternehmer Jürgen Räffle, und seinem Bruder Thorsten Räffle als Finanzexperte machte er aus dem Wasserturm das im April dieses Jahres darin eröffnete „Hotel aquaTurm“. Wie die Handwerker den Turm zum Hotel mit wohngesunden Zimmern und dank Dämmung, fünfach verglaster Fenster, Photovoltaik-Fassade, Geothermie und Windkraftanlage zum ersten Nullenergiehochhaus der Welt umbauten, zeigen wir hier.

Oft bedarf die Umnutzung historischer Gebäude jedoch eines sensiblen Umgangs mit dem Bestand. Nicht selten wird im Zuge solcher Umbauten auch der ursprüngliche Charakter der Häuser wiederhergestellt. Dies war bei der Umnutzung eines vor über 300 Jahren in Dietfurt im Altmühltal erbauten Gebäudes der Fall: Wie Architekt Michael Kühnlein gemeinsam mit engagierten Handwerkern aus dem ursprünglich als Metzgerei erbauten Gebäude ein Kulturhaus machte, erfahren Sie hier. Eines haben diese recht unterschiedlichen Gebäude allerdings gemein: Dank neuer Funktion ist ihnen eine Zukunft gewiss.

Viel Erfolg bei der Arbeit wünscht,

Ihre bauhandwerk-Redaktion

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 2017-10

Tiny House: Futtersilo als Tee-Raum

Auf dem Parkplatz und im Hof des Berliner Bauhaus-Archivs entsteht zurzeit unter Leitung des Kurators Van Bo Le-Mentzel ein kleines „temporäres Dorf“ aus recht unterschiedlichen selbstgebauten...

mehr
Ausgabe 2011-09

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Sich eine Behausung zu bauen, ist ein menschliches Urbedürfnis. Zunächst standen dafür nur die regional vorhandenen Naturbaustoffe wie Holz, Stein und Lehm zur Verfügung. Aus letzterem formte man...

mehr
Ausgabe 2008-12

Hölzerne Fuge Verbindungsbau zwischen Wohnhaus und Stall in Oberscheinfeld

Dörfer sind anders als Städte. Ich bin in einem Dorf an der Elbe aufgewachsen, bei dem sich die Häuser an den beiden Hauptstraßen entlanghangeln. Dazwischen wuchs ab den 1970er Jahren ein...

mehr
Ausgabe 2011-04

Natürliche, unbedenkliche Werkstoffe

Will der Handwerker dem Wunsch des Kunden nach wohngesunden Baustoffen entsprechen, sollte er nur mit Produkten arbeiten, die aus natürlichen, nachwachsenden Rohstoff bestehen und deren Herstellung...

mehr
Ausgabe 2018-1-2

Umnutzung des Oderberger Stadtbades in Berlin zum Hotel

Der Prenzlauer Berg ist angesagt. Nach und nach wurden die Gründerzeitbauten im Berliner Kiez saniert. Mieten und Immobilienpreise stiegen. Nur das alte Oderberger Stadtbad wurde von dieser Welle der...

mehr