Pendelraum im Phänomenta in Lüdenscheid

Der spektakuläre Stahlturm mit einer innen gespannten Membran ragt 75 m über Lüdenscheid auf. Zusammen mit dem angeschlossenen Altbau bietet die Phänomenta auf rund 3700 m2 Nutzfläche viel Raum für Wissen zum Anfassen.

Schon von weitem ist der Turm der Phänomenta in Lüdenscheid zu sehen. Das filigrane Bauwerk aus aluminiumgrauen Stahlprofilen und einer weißen Membran markiert ein einzigartiges Wissensquartier aus Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Westlich des Bahnhofs gelegen, bildet das Science Center Phänomenta seinen Nukleus. Die „alte“ Phänomenta entstand hier schon im Jahr 2000 in einem gründerzeitlichen Fabrikgebäude. Schon damals war sie als Mitmach-Museum für Naturwissenschaften gedacht. Nun galt es, ihr noch mehr Ausstellungsfläche, neue Attraktionen und einen echten Leuchtturmcharakter zu verleihen.

Die Stiftung Phänomenta beauftragte das Architektur­büro KKW aus Altena mit der Planung und Umsetzung, basierend auf einer Machbarkeitsstudie des Frankfurter Büros schneider+schumacher. „Wir haben den Altbau behutsam überarbeitet und mit kleinen Eingriffen großräumiger strukturiert“, erzählt Linus Wortmann, planungsverantwortlicher Partner bei KKW. Die eigentliche Arbeit war jedoch der zweigeschossige Neubaus mit einem zentralen, prägnanten Turm. Hier sollte ein Foucaultsches Pendel seinen Platz finden, das die Erdrotation erlebbar macht. „Nach der Machbarkeitsstudie sollte das Pendel in der Turmspitze angebracht werden, doch wegen der Eigenschwingung des Stahlturms und der Wind- und Wettereinflüsse hätte es nie störungsfrei pendeln können“, so Wortmann. Die Lösung von KKW: eine Turm-im-Turm-Konstruktion. Während der äußere Turm mit seiner Membran als Wetterhülle fungiert, steht in ihrem Inneren eine komplett abgekoppelte Sekundärkonstruktion, die ebenfalls mit einer Membran abgespannt ist. So konnte das Pendel in einer Höhe von 28 m aufgehängt und vibrationsfrei betrieben werden. Die Besucher erleben das Pendel nun in einem geometrisch spektakulären Raum, der mit Hilfe der Knauf Außen­wand mit Aquapanel Technologie errichtet wurde.

Neubau als Sockel

Ursprünglich war nur ein Turm auf einem Museumsanbau ausgeschrieben, doch Wortmanns Plan war es, beides architektonisch zu verschmelzen – der Neubau als massiver Sockel des Turms. So entstand ein geschlossener Baukörper, der über zwei große Panoramafenster einen Ausblick ermöglicht. Seine Wände und das Dach sind mit Alucobondplatten in dunkelgrau-metallic verkleidet, die Dachkonstruktion aus Stahlbeton besteht aus einem bis zu 23 m freispannenden Faltwerk, das sich mittig leicht erhöht. So entsteht der Eindruck eines Fundaments für den hier aus dem Gebäude ragenden Turm.

Und auch in den Innenräumen wird die zentrale Sockelfunktion erlebbar. In jedem der beiden Geschosse gibt es einen großen, stützenfreien Ausstellungsraum, in dessen Mitte sich ein polygonales Sichtbetonvolumen befindet, das als Tragwerk für den Turm massive Stützen beinhaltet und in seinem Inneren den Pendel­raum beherbergt. „Dieses Volumen in seiner unge­wöhn­lichen Form herzustellen war eine der größeren logistischen Herausforderungen des Projekts“, erklärt Linus Wortmann. So mussten etwa die Schalungen mit Neigungswinkeln von 65° und 88° erst von einem Statiker abgenommen werden, bevor der Beton verarbeitet werden konnte. Insgesamt 13,7 Tonnen Stahl und rund 240 m3 Beton waren allein für diesen Bauabschnitt nötig, der mit genau getakteten LKW-Lieferungen und dem Einsatz eines großformatigen Auslegers bewältigt wurde.

Innenraum als Außenraum

Eine weitere planerische Aufgabe lag in einer Energiefrage: Das große Innenraumvolumen des membranbespannten Turms wäre niemals auf eine effiziente Art zu beheizen gewesen. „Darum haben wir den Pendelraum wie einen eingeschobenen Außenraum gestaltet, der durch drei Türen aus dem Ausstellungsraum betreten werden kann“, erklärt Wortmann. Dieser Raum ist somit leichten Witterungseinflüssen ausgesetzt. Neben der normalen Luftfeuchtigkeit kann unter anderem Feuchtigkeit über die Spannseile der Membran eindringen, die an neun Punkten gespannt ist. „Und bei ganz widrigen Verhältnissen ist auch das Eindringen von Schlagregen möglich“, so der Architekt. Darum kam hier einer dämmenden und witterungsbeständigen Außenwand eine besondere Bedeutung zu – ein Einsatz für die Knauf Außenwand mit Aquapanel Technologie.

Solide Trockenbaulösung für Außenwände

So behielten die Wände auf der Innenseite ihren rohen Sichtbetoncharakter, während auf der anderen Seite, im Pendelraum, auf eine Lösung aus Trockenbauplatten gesetzt wurde. Hier kamen die widerstandsfähigen Zementbauplatten Aquapanel Cement Board Outdoor zum Einsatz. Ihr Kern besteht aus Portlandzement und Zuschlagstoffen, beidseitig sind die Platten mit einem Glasgittergewebe armiert. Wichtig für die Verwendung im Außenbereich sind ihre bauphysikalischen Eigenschaften: Das Material ist wasser- und feuchtigkeitsbeständig und mit seinem pH-Wert von 12 auch widerstandsfähig gegen Schimmelpilzbefall.

„Anfänglich hatten wir hier auch den Einsatz eines kon­ventionellen WDVS erwogen“, erzählt Projektleiter Wortmann. Doch gerade beim Faktor Robustheit sprach alles für die Knauf Außenwand mit Aquapanel Technologie. Schließlich wird die Phänomenta unter der Woche hauptsächlich von großen Schülergruppen besucht. „Und wenn die sich dann alle im Pendelraum drängen, landet schnell mal ein Ellenbogen oder ein Schuh in der Wand“, so Wortmann.

Die Wand als System

Die Knauf Außenwand mit Aquapanel Technologie ist ein System, zu dem sowohl die Metallprofile, die als Einfach- oder Doppelständerwerke ausgeführt sein können, als auch die passende Dämmung, Dampfsperre, Oberflächen und mehr gehören. Bei den Wänden der Phämomenta reichte eine einlagige Beplankung aus. Die Montage ist einfach: Mit den zum System gehörenden Maxi Schrauben werden die Platten an den werksseitig vormarkierten Stellen mit dem Stän­der­werk verschraubt. „Auch das Arbeiten über Kopf an den nach innen geneigten Wänden war mit den Bauplatten unproblematisch möglich“, so Linus Wortmann. Ebenso einfach wie das Anbringen ist auch der Zuschnitt der Platten. Sie lassen sich einfach durch Ritzen und Brechen in die richtigen Dimensionen bringen, auch Sägen mit einem feingezähnten Fuchsschwanz ist möglich.

Nach der Fugenspachtelung erfolgte ein vollflächiger Auftrag mit Klebe- und Armiermörtel sowie ein Anstrich in Weiß, um so einen hellen, aber nicht klinisch sterilen Look zu erzielen.

So stabil wie stimmungsvoll

Das Ergebnis ist ein spannender Kontrast: Während die Innenräume mit den Exponaten auf fugenlos geschliffenem Gussasphaltestrich und der rohen Optik der Sichtbetonstützen sehr industriell-technisch anmuten, entfaltet der Pendelraum eine ganz andere Wirkung. Seine polygonale Geometrie aus Schrägen, Kanten und Vorsprüngen kommt durch die glatten weißen Wände perfekt zur Geltung. Dennoch lenken die Wände nicht von der eigentlichen Attraktion des Raumes ab: dem Sekundärturm mit dem Foucaultschen Pendel. Dieses erhält durch eine im Inneren der Membran aufgebrachte Spiegelfolie sowie alternierend farbige Beleuchtung einen faszinierenden Kaleidoskop-Effekt. Ganz klar: Hier ist das Exponat der Star – aber die Architektur bietet dafür die makellose Bühne.

Autor
Siegmar Grabowski ist Fertigungstechniker / technischer Betriebswirt WA und arbeitet in der Anwendungstechnik der Firma Knauf Aquapanel in Dortmund.
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