Wie man Farbe und Lack mit der HVLP-Technik mit wenig Luftdruck aufsprüht

In Industrie und Handwerk werden Farben und Lacke oft im Spritzverfahren aufgetragen. Mit dem ­Niederdruckspritzverfahren (HVLP-Technik) lässt sich das Material mit wenig Luftdruck aufsprühen. ­Dabei entsteht kaum Sprühnebel. Besonders gut geeignet ist die Technik für kleine Flächen.

Die HVLP-Technik kommt zum Einsatz, wenn kleinere Bauteile wie Türen und Zargen oder Flächen bis etwa 50 m² beschichtet werden sollen. HVLP steht dabei für „High Volume – Low Pressure“ (hohes Volumen, geringer Luftdruck) und be­zeich­net eine Spritzgerättechnik, bei der das Material mit einem Luftvolumen von etwa 600 bis 2000 l/min, aber mit einem nie­drigen Druck von 0,2 bis 1,0 bar aufgetragen wird. Bei dieser Technik entsteht wenig Sprüh­nebel, außerdem ist der Handwerker schneller als mit dem Pinsel oder mit der Rolle. Mit dem Verfahren lässt sich eine Materialübertragungsrate von bis zu 80 Prozent erreichen. Eine höhere Über­tragungs­rate bietet nur das elektrostatische Spritzen, das auf Baustellen allerdings nur selten eingesetzt wird.

Ohne Widerstand durch die Pistole

HVLP-Lacke müssen sich schnell verarbeiten lassen. Die Lackhersteller stellen für diese Tech­nik Lacke zur Verfügung, die nicht erst durch Verdünnen oder mit Additiven ein­gestellt werden müssen. Es reicht dabei nicht aus, Standard-Rezepturen im Herstellungsprozess nur durch Verdünnen in der Visko­sität zu reduzieren. La­cke, die man überwiegend mit dem Pinsel oder mit der Rolle aufträgt, besitzen einen ent­spre­chenden Streich­widerstand, damit das Material auf der Fläche angenehm und homogen verteilt wird. Spritz­lacke hingegen dürfen genau dieses Verhalten nicht haben. Hier muss das Material so eingestellt sein, dass es ohne Widerstand durch die Pistole gefördert und zerstäubt wird. Gleichzeitig muss die Korn­größe der Lack­be­standteile, also die Größe einzelner Partikel im Gemenge, so angepasst sein, dass sie blockie­rungsfrei durch die Spritzpistole auf den Unter­grund ge­lan­gen.

Keine „Gardinen“ an der Wand

Neben der schnellen Verarbeitung im Vergleich zur Rollen- und Pinselapplikation erwartet der Handwerker von der Spritztechnik ein Top-Oberflächenfinish. Bei niedrig­viskosen (dünnen) Lacken ist es aber besonders schwierig, die optimale Balance zwischen hoher Stand­festigkeit auf vertikalen Flächen und einem glatten Verlauf in der Oberfläche zu halten. Der Lack soll natürlich nicht in so genannten „Gardinen“ von der Fläche ablaufen. Mit speziell entwickelten Additiven und Hilfsstoff-Kombi­nationen wird der Lack so formu­liert, dass das Auftragen ohne Verlaufen möglich wird.

Auf Maschinen und Pistolen abgestimmt

Im Markt wird eine Fülle von Produkten für das Nieder­druckspritzen angeboten. Die Lacke sind dabei meist auf die Maschinentechnik und Pistolenkonfiguration abge­stimmt. Das bestimmt dann auch die Spritz­geschwindigkeit und die Intensität des Oversprays (Sprühnebel), aber auch die Oberflächengüte. Daneben gibt es geräteun­spezifische Lacke und Farben. Diese sind nicht auf eine bestimmte Ma­schi­nen­­technik oder Pistolenkonfiguration zugeschnitten. Sie können universell mit nahezu allen Maschinen- und Pistolentypen verarbeitet werden, ohne dass diese erst eingestellt werden müssten. Besonders attraktiv für den Handwerker sind so genannte Eintopfsysteme wie „Lucite HVLP 2in1 Satin“, die auf verschiedenen Unter­grün­den zum Einsatz kommen. Dabei kann man aufgrund der Direkthaftung sogar auf eine separate Grun­dierung verzichten, was ein einfaches Auftragen ohne Materialwechsel bietet.

Autor

Benedikt Müller-Wortmann ist Leiter der Anwendungstechnik bei der CD-Color GmbH & Co. KG in Herdecke.

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