Verarbeitung von Kalkputz mit und ohne Aerogel bei der Sanierung der Alten Papierfabrik in Rosenheim
Bei der denkmalgerechten Sanierung der Alten Papierfabrik in Rosenheim kam auf Teilflächen ein dank Aerogel hochdämmender Kalkputz zum Einsatz. Der überwiegende Teil der Fassade erhielt jedoch einen klassischen Kalkputz mit Silikatanstrich.
Nach Plänen des Architekten David Schray errichtete die Firma Niedermayr 1911/12 in Rosenheim ein zweigeschossiges Fabrikgebäude als Eisenbetonkonstruktion. Einem gleichmäßig durchfensterten Hallentrakt mit erhöhtem Untergeschoss für die Fabrikation von Papiertüten wurden zwei quergestellte Kopfbauten mit Satteldach angesetzt. 2002 wurde das Unternehmen verkauft und im selben Jahr die Produktion eingestellt. Seit 2007 steht das Gebäude unter Denkmalschutz und wird aktuell von Wurm Immobilien, Rosenheim, komplettsaniert. Auf knapp 2000 m2 Geschossfläche entstehen neue Büroflächen, Sportstudios sowie Arztpraxen.
Auch denkmalgeschützte Fassaden könn(t)en gedämmt werden
Die Fassade des Gebäudes basiert gestalterisch auf einem leichten Übergewicht der massiven Flächen. Die Fensterformate sind besonders im unteren Geschoss sowie dem Hallentrakt großformatig, dennoch wirkt der Bau durch und durch massiv. Die geputzten Flächen mit ihrem waagrecht gesetzten Besenstrich lassen nicht unbedingt eine Produktionsstätte für Papiertüten hinter der Fassade vermuten. Wie damals üblich brachte man auf dem Mauerwerk einen mehrlagigen Kalk- und Kalkzementputz auf. Örtliche Sande wurden mit Kalk und Trasskalk vor Ort händisch gemischt. Dieses Erscheinungsbild der Putzfassade sollte unter Beachtung der Belange des Denkmalschutzes trotz energetischer Ertüchtigung erhalten bleiben. Mit der Beratung und Ausführungsbetreuung der Putzarbeiten innen und außen wurde dem Unternehmen Hasit eine bautechnische Gratwanderung übertragen. Denkmalschutz, der Münchener Architekt Markus Eck sowie Brian Frost, ein langjährig geschulter Mitarbeiter des Unternehmens, waren ständig im Dialog. Dabei musste für den vorgenannten Zweck gar nicht erst ein neues Produkt entwickelt werden, denn ein moderner Hochleistungsdämmputz ist bei Hasit vorhanden. In der Regel sind hierfür höhere Schichtdicken erforderlich, in Optik und Oberflächenhaptik jedoch wird ein ähnliches Ergebnis erzielt. Hochleistungsdämmputze führen die meisten renommierten Putzhersteller in ihrem Sortiment – bei Hasit ist dies der „Fixit 222 Aerogel“. Dessen Besonderheit: Als weltweit erster Dämmputz kombiniert er die positiven Eigenschaften von mineralischen Kalkputzen mit den Vorteilen eines leistungsstarken Dämmputzes. Hiermit erfüllt er eine unumstößliche Vorgabe des Denkmalschutzes für die Sanierung der Alten Papierfabrik: Sämtliche verwendete Putzsysteme mussten auf Kalkbasis aufgebaut sein. Dennoch finden wir den Hochleistungswärmedämmputz nur auf Teilbereichen der Fassade.
„Fleckerlteppich“ verhindert eine umfassende energetische Lösung
Die Zeiten, in denen nur das geschützt wurde, was man sieht, sind im Denkmalschutz längst vorbei. Unter Schutz steht auch die Bausubstanz generell, auch wenn sie nach der Sanierung nicht mehr gesehen wird. In Rosenheim wurde somit um jeden verbliebenen Quadratzentimeter Bestandsputz gekämpft. Nach dem Entfernen des losen Altputzes und Reinigen des Mauerwerks war die Fassade übersät mit kleinen Altputzflächen. Es waren nicht viele. In Summe verblieben auf dem Außenmauerwerk knapp 20 Prozent anhaftbare Putzfläche, dennoch hatte deren Erhalt für die Behörde oberste Priorität. In der Praxis bedeutete dies: Da der Wärmedämmputz eine höhere Schichtdicke als der Bestandsputz hat, kann dieser nicht angeputzt werden, sondern müsste über den Bestandsputz entsprechend dünner übergezogen werden. Der darunterliegende „Fleckerlteppich“ würde sich so jedoch später auf der Putzfläche deutlich abzeichnen. Obwohl der Bauherr im Sinne einer energetischen Verbesserung die Mehrkosten für einen Hochleistungsdämmputz getragen hätte, musste man deshalb von dieser hochwärmedämmenden Lösung Abstand nehmen. Man entschied sich für den „Hasit 250 Renoplus“, einen klassisch aufgebauten mineralischen Kalkputz. Mit einer Auftragsdicke von 3 bis 30 mm entspricht er den historischen Schichtdicken. Energetisch bleibt er weit unter den Möglichkeiten des Aerogelputzes. Vergleicht man dessen Wärmeleitfähigkeit von 0,45 W/mK (Tabellenwert) mit dem Wert 0,028 W/mK des Aerogelputzes, so sieht man, welch mögliches energetisches Potential hier auf der Strecke geblieben ist. Ein wenig gedämmt hat man dennoch: Alle Fensterlaibungen erhielten innen und außen den „840 Kalkdämmputz“. Hierbei geht es jedoch nicht mehr um Energieeinsparungen, sondern um eine wirkungsvolle Entschärfung der bauphysikalischen Schwachstelle Fensteranschluss. Mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,074 W/mK und einer Schichtdicke von 40 mm stellt der Kalkdämmputz sicher, dass die für die Wasserdampfkondensation so kritische Wandisotherme von 10° Celsius in der Laibung außerhalb der Fenster- und Türelemente austritt. Wasserbildungen durch Kondensation werden so zuverlässig ausgeschlossen.
Denkmalschutz zeigt sich kooperativ
Zahlreiche Umbau, die besonders dem Brandschutz geschuldet waren, irritierten in der Fassade die über ein Jahrhundert in sich gefestigte Statik, so dass Hasit das Einlegen einer Gewebearmierung in die zweite Putzschicht empfahl. Dass dieser Vorschlag beim Denkmalschutz auf heftigen Widerstand stoßen würde war allen an der Planung Beteiligten klar. Doch letztendlich hatte man dort für diese Bedenken Verständnis und gab hierfür die Zustimmung. Es erfolgte somit der klassisch bewährte Putzaufbau: Ausgleichsputz mit „Hasit 250“, in einer Gesamtdicke von 10 bis 15 mm, wobei die Handwerker die verbliebenen Originalputzflächen mit einer Dicke von etwa 5 mm überdeckten. Nach der üblichen Trocknungszeit erfolgte das Aufbringen der zweiten Lage mit eingearbeiteter Gewebeeinlage. Den Abschluss bildet der „Oberputz 252“, in einer Schichtdicke von 3 mm, mit einem waagrechten Besenstrich versehen sowie eine Silikatfarbe von Keim als Schlussanstrich.
An den Gauben war nichts mehr zu retten
Ganz anders lief es bei den Gauben. Deren baulich desolater Zustand war energetisch gesehen ein Glücksfall, denn hier musste der Putz komplett erneuert werden. Eine einheitlich durchgehende Mindestputzdicke war gewährleistet, die Entscheidung für den Dämmputz „Fixit 222 Aerogel“ somit naheliegend. Warum man die Hohllochziegel seinerzeit quer zwischen das Holzständerwerk der Gauben gemauert hatte, ist eine nicht mehr zu beantwortende Frage. Vor Ort zeigte sich jedenfalls eine extrem zerklüftete, unebene Oberfläche, durchtrennt von vor- und rückstehenden Holzständern. Solch eine Oberfläche auf Dauer frei von Rissen zu verputzen erfordert einen erhöhten Aufwand und handwerkliches Geschick. Letztendlich griff man auf das altbewährte „bewehren“ mit Metallgitter zurück. Die Holzbalken wurden mit bis auf das Mauerwerk übergreifenden Gitterstreifen belegt beziehungsweise ummantelt und anschließend der Dämmputz mit einer Glättekelle satt bis auf den Untergrund hindurchgedrückt. Durch die schlechte Putzanhaftung an das Holz werden Schubbewegungen der Holzkonstruktion nur abgeschwächt auf den Putz übertragen und durch dessen „bewehrten Aufbau“ schadensfrei abgefangen. Mit den restlichen Schichten blieb man im vorgegebenen Systemaufbau. Nach dem Auftragen eines Silikatverfestigers („Hasit PP 201“) trugen die Handwerker den mineralischen Einbettmörtel „Fixit 223“ auf. Er ist ähnlich dem darunterliegenden Hochleistungsdämmputz aufgebaut, zeichnet sich jedoch durch eine höhere Oberflächenhärte aus. Diese ist für den abschließenden, 3 mm dicken „Oberputz 252“ erforderlich. Eine Gewebeeinlage beugt auch hier möglichen Rissbildungen vor.
Giebel und Innenputz sind handwerklicher „Standard“
Für die Giebelwände der quer angesetzten Kopfbauten musste man nicht allzu tief in die Trickkiste langen. Weder Mischmauerwerk noch Holzbalken bereiteten Probleme, auch wurden keine in die Statik der Fassade eingreifenden Umbauten vorgenommen. Eigentlich ideale Voraussetzungen für den Aerogel-Hochleistungsdämmputz, doch der Bauherr entschied sich für die kostengünstigere Variante, den bereits in den Laibungen verwendeten „Kalkdämmputz 840“ und nicht für eine optimal mögliche Energieeinsparung. Mit dem darauffolgenden Putz mit eingearbeiteten Gewebe und dem Oberputz folgte man in der Vorgehensweise den anderen Fassadenflächen.
Innen legten die Handwerker das Mauerwerk komplett frei und verputzten es mit Ausnahme der Fensterlaibungen dreilagig mit dem „Kalkputz 666“. Auf Grund der starken Unebenheiten erreichte der Putz dabei eine Schichtdicke von 25 bis zu 40 mm. In einem letzten Arbeitsgang glätteten die Handwerker die gesamte Innenputzfläche mit dem „PF 870 Manteca“ – eine bereits werkseitig gebrauchsfertig eingestellte pastöse Glättspachtelmasse, die im Wesentlichen aus Kalk, Marmormehl und Dispersion besteht.
Autor
Peter Gahr studierte Architektur an der TU München. Er arbeitete als Architekt in verschiedenen Architektur- sowie Ingenieurbüros und verlegte später seinen Schwerpunkt auf den Fachjournalismus. Aufgewachsen in einer Schreinerei konnte er vom Handwerk nie loslassen, womit seine heutigen drei Standbeine beschrieben sind: Architektur, Journalismus und die Anfertigung hochwertiger Inneneinrichtungen. Er lebt und arbeitet in Vaterstetten bei München. http://pg-planwerker.de
Baubeteiligte (Auswahl)
Planung Architekt Markus Eck, München,
Putzarbeiten Fida Bau, Rosenheim,
Beratung Putzarbeiten Brian Frost, Hasit, Freising, www.hasit.de
Herstellerindex (Auswahl)
Kalk- und Kalkdämmputze Hasit, Freising,
Silikatfarbe Keimfarben, Diedorf, www.keim.com