Sanierung und Umnutzung eines ehemaligen Kapuzinerklosters in Neumarkt in der Oberpfalz

Die sensible Sanierung und Umnutzung des ehemaligen Kapuzinerklosters und der dazugehörigen Klosterbrauerei in Neumarkt in der Oberpfalz war nicht nur eine Wohltat für die Gebäude, sondern auch für deren Standort.

„Eine der größten Herausforderungen war für uns eigentlich, die unterschiedlichen Interessen der am Bau Beteiligten zusammenzubringen“, erzählt Roland Feierle, der das Projekt für das Architekturbüro Berschneider+Berschneider geleitet hat. „Dabei ging es nicht nur um Themen wie Denkmalschutz, Brandschutz und Architektur, sondern auch darum, dass wir es mit drei verschiedenen Auftraggebern zu tun hatten.“ Gemeint sind damit zum einen die evangelische Kirchengemeinde, die nun im ehemaligen Kloster ihr Gemeindezentrum und das Dekanat hat, zum anderen die Stadt Neumarkt als Bauherr für die Umnutzung der Brauerei zum Veranstaltungssaal der Stadt und zum dritten ein Investor für 16 Wohneinheiten, die in einem Neubau mit Tiefgarage direkt an die ehemalige Brauerei anschließen. Der Veranstaltungssaal wurde dabei zwar von der Stadt gebaut, Mieter für die nächsten 15 Jahre ist allerdings die Kirchengemeinde, wobei der Raum auch von der Stadt oder anderen Externen genutzt werden kann.

Trotz Umnutzung sollte so viel Bausubstanz wie möglich erhalten bleiben, wobei man sich dabei auf den Zeithorizont der Erbauung, 1674/75, beziehen wollte. Sehr viele nachträglich eingefügte Einbauten wurden daher als weniger wertvoll eingestuft und entsprechend rückgebaut. So legten die Architekten beispielsweise an der Kapuzinerstraße 4 den ehemaligen Kirchenplatz wieder frei, indem die dort zu einem späteren Zeitpunkt ohne großes Einfühlungsvermögen eingebaute Gastronomie komplett entfernt wurde. Auch die Nebengebäude im Klosterinnenhof sowie diverse Trennwände im Dekanatsgebäude, speziell im kleinen Saal und seinem Vorraum, mussten weichen. In diesem Gebäudeteil befinden sich nun das Pfarramt mit Sekretariat, die Büros des Diakons und der Kantorin, der Gemeindejugendtreff, das Arbeitszimmer des Pfarramtsführers sowie diverse Nebenräume.

In der ehemaligen Brauerei konnte der Gemeindesaal mit 145 Plätzen und einem beeindruckenden Blick in den historischen Dachstuhl untergebracht werden.

 

Spurensuche

Insbesondere in den 1970er Jahren hatte der Gebäudekomplex diverse Einbausünden über sich ergehen lassen müssen. Umso spannender war es, die verschiedenen Schichten nun abzutragen und darunter wahre Denkmalschätze zu entdecken. So konnte beispielsweise eine alte Wandmalerei von 1833 im Obergeschoss des Klostergebäudes und eine historische Holzbohlendecke im kleinen Saal, ebenfalls im Klostergebäude, freigelegt und erhalten werden. Auch die Dachstühle der beiden Gebäudeteile wurden nur dort ausgebessert und ergänzt, wo es aus statischen Gründen erforderlich war. Im Saal der ehemaligen Brauerei wurden zwei Ebenen rückgebaut, um den Blick in das historische Gebälk freizulegen: „Das sorgt zum einen natürlich für ein besonderes Raumgefühl, ist aber auch architektonisch sehr spannend, da es sich um eine liegende Dachstuhlkonstruktion handelt, die ganz ohne Stützen auskommt“, erklärt hierzu der Architekt. „Um den Brauereiraum so erleben zu können, wie es jetzt der Fall ist, mussten wir auch den alten Brauereikamin entfernen lassen. An Hand eines großen Detailmodells haben wir mit allen Beteiligten die Wirkung mit und ohne Darreturm durchgespielt und schlussendlich gemeinsam unter Abwägung aller Belange den Verzicht des Turms beschlossen.“

Für ein besonderes Ambiente sorgen auch die Kreuzgewölbe, die sowohl im Foyer des Veranstaltungsraums der ehemaligen Brauerei als auch im Vorraum zum kleinen Saal im Klostergebäude entdeckt wurden. „Nur ein Teilbereich, der bei jüngeren Umbauten entfernt wurde, musste nach bestehendem Vorbild ergänzt werden, alle anderen waren noch komplett“, erzählt Christian Bayer, Inhaber der Firma objektDENKMAL. „Allerdings waren die mit Ziegel gemauerten Fundamente unter den bauzeitlichen Kalksteinsäulen, die das Gewölbe an der Mittelachse trugen, marode und mussten erneuert werden. Der Austausch der Fundamente konnte durch entsprechende Abstützungen so vorgenommen werden, dass die historischen Säulen ,in situ‘ verbleiben konnten. Beeindruckend war es, dass in den Räumen rund 70 Prozent des historischen Putzbestandes erhalten war.“ Die restlichen Flächen wurden in traditioneller handwerklicher Kalkputz-Technik ergänzt. Dafür hat man den Putzbestand untersucht und unter Verwendung ortstypischer Kalke und Sande nachgestellt. Die handwerkliche Kunst lag vor allem darin, den Kalkputz auch in seinem Auftrag an das historische Vorbild anzupassen. Durch langjährige Erfahrung und das Arbeiten von Hand mit Kelle und Holzbrett konnten die Restauratoren diesem Anspruch gerecht werden. „Vor dem Auftrag der zu ergänzenden Putzschichten und des neuen Sumpfkalk-Anstrichs haben wir so lange Farbschichten und Überputzungen abgenommen, bis wir einen mineralischen, saugfähigen Untergrund hatten“, erklärt Restaurator Bayer. „Die alten Putze, die zu erhalten waren, mussten teilweise durch Injektionsschläuche mit Injektionsmörtel hinterfüllt und gefestigt werden, um einen größtmöglichen Substanzerhalt zu gewährleisten.“ Es handelt sich dabei um hydraulisch gebundene Mörtel, die in der Lage sind, auch ohne Sauerstoffzufuhr abzubinden.

 

Auswahl der Materialien

Die Verwendung historischer Kalkputze kommt dabei nicht nur dem Denkmalschutz entgegen, sondern auch dem Raumklima zu Gute. Die Auswahl der eingesetzten Materialien spielte für die Architekten im gesamten Projekt eine große Rolle! Es sollten „zum Denkmal passende, ehrliche Materialien eingesetzt werden, die mit dem Gebäude altern dürfen, ohne dabei Optik und Qualität zu verlieren“, erklärt Johannes Berschneider. „Es geht um den Versuch, die Identität des Gebäudes wiederherzustellen und es zu dem Haus zu machen, das es einmal war.“

Gemeint sind damit allerdings nicht nur alte, historisch belegte Materialien. Im umgebauten Kapuzinerkloster findet man auch sehr moderne Details und Materialien, die sich dennoch perfekt in das Ambiente einpassen. Das Nanotech-Material „Fenix“ ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie sich diese in eine sensible Denkmalsanierung integrieren lassen. Die Platten wurden beim Innenausbau hier sowohl als Trennwandbeplankung als auch für den Bau von Thekenelementen und Schränken eingesetzt. „Die ausgesprochen strapazierfähige Mehrschichtplatte hat eine sehr matte Oberfläche und weiche Haptik, auf der sich Dank Anti-Fingerprint-Technologie keine störenden Fingerabdrücke abzeichnen“, erklärt hierzu Michael Walter, Schreinermeister in der Firma Werthammer, die diese Einbauten vorgenommen hat. „Besonders edel wirkt das Material in Kombination mit dem leicht brünierten Messing in den Waschbeckentischen und der Thekenplatte im Foyer des großen Veranstaltungssaals.“

 

Brandschutz im Denkmal

„Im Denkmalschutz sind eigentlich immer kreative Brandschutzlösungen gefragt“, so Bernd Steinhofer, Geschäftsführer des Büros Steinhofer Ingenieure, die im Projekt als Brandschutz-Experten tätig waren. „So mussten beispielsweise eine ganze Reihe erforderlicher Medien brandschutztechnisch einwandfrei untergebracht werden. Wir haben uns dafür entschieden, diese in den Hohlräumen oberhalb der Gewölbe zu verlegen und mit einer nicht brennbaren Schüttung zu versehen.“

Eine weitere brandschutztechnische Besonderheit findet man im Brauereigebäude in Bezug auf die Sicherheit von Menschen mit Bewegungseinschränkungen: Da die Galerie im Obergeschoss des Brauereigebäudes über den Aufzug auch für Rollstuhlfahrer zu erreichen ist, musste auch deren Rettung im Brandfall, also ohne Aufzug, sichergestellt werden. „Letztendlich haben wir die Mittelzone im Obergeschoss gekapselt, also einen sicheren Schutzraum mit entsprechend höheren Brandschutzanforderungen geschaffen, an den von außen angeleitert werden kann“, so Steinhofer. „Der Denkmalschutz kam uns bei den Umsetzungsdetails entgegen, so dass wir beispielsweise in den Anschlussbereichen Feuerschutzplatten anbringen durften.“

Insgesamt ist die Umnutzung des ehemaligen Kapuzinerklosters in Neumarkt in der Oberpfalz nach Plänen des Büros Berschneider+Berschneider ein gelungenes Projekt, bei dem nicht nur sehr gekonnt mit dem Bestand umgegangen wurde, sondern auch die unterschiedlichsten Belange berücksichtigt wurden und dennoch alles so wirkt, wie aus einem Guss.

 

Autorin

Dipl.-Ing. Nina Greve studierte Architektur in Braunschweig und Kassel. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Lübeck (www.abteilung12.de) und ist unter anderem für die Zeitschriften DBZ, bauhandwerk und dach+holzbau tätig.

Baubeteiligte (Auswahl)

 

Bauherren

Evangelisch Lutherische Kirchengemeinde

Neumarkt

Stadt Neumarkt

Bauträger Siebentritt & Donauer, Neumarkt,

www.siebentritt-donauer.de

Architekten

Berschneider+Berschneider, Pilsach,

www.berschneider.com

Statik Ingenieurbüro Braun Haas Lerzer,

Neumarkt, www.bhp-statik.de

Brandschutzplanung

Steinhofer Ingenieure, Regensburg,

www.steinhofer-ingenieure.de

Restauratorische Arbeiten und Befund

objektDENKMAL, Christian Bayer, Neumarkt

Rohbauarbeiten

Alois Scharpf Bauunternehmen, Berching

Schreinerarbeiten (Einbaumöbel)

Schreinerei Werthammer, Neumarkt,

www.werthammer.de

Schreinerarbeiten (Innentüren)

Karl Streb Schreinerei, Berching,

www.schreinerei-streb.de

Mehrschichtplatte Fenix

Arpa Industriale, www.fenixforinteriors.com

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