Auf kleinem Grund 
Einfamilienhaus aus Massivholzelementen in Bielefeld

Die Teilfläche auf dem Grundstück der Eltern war klein: Nur 200 m2 standen für den Bau eines Einfamilienhauses mit rund 130 m2 Wohnfläche zur Verfügung. Da zählte jeder Quadratmeter, den man an Konstruktion einsparen konnte. Daher entschieden sich der ortsansässige Architekt Hans Bell und der Bauherr Carsten Boberg für ein Massivholzsystem, mit dem sie dank nur 8,5 cm dicker Elemente fast 5 m2 Fläche im Vergleich zu einem Steinhaus gewannen. Mit der Zimmerei Schneider aus Halle fanden sie einen Betrieb, der die Stahlbeton- und Holzbauarbeiten aus einer Hand erledigte.

Carsten Boberg, selbst bei der Stadt angestellter Architekt, wollte für sich und seine Familie ein neues Haus. Bis dato wohnten sie im elterlichen Altbau. Den verkaufte der Bauherr und behielt vom rund 1000 m2 großen Grundstück nur ein Fünftel. Darauf wollte er bauen. Die Baulast war mit dem Verkauf bereits für das kleine Grundstück eingetragen. Und im Entwurf war Carsten Boberg weitgehend frei, denn einen Bebauungsplan gibt es für diese Ecke in Bielefeld nicht. Gute Voraussetzungen für eine gleichermaßen individuelle wie anspruchsvolle Architektur.

 

Bauen auf kleinem Grund

 

Auf dem 200 m2 kleinen Baugrund sollte nach Wunsch des Bauherrn ein Einfamilienhaus mit rund 130 m2 Wohnfläche entstehen. „Da kam es auf jeden Quadratmeter an“, erinnert sich der mit dem Bauherrn befreundete Architekt Hans Bell, der nach dem Bauantrag, den der Bauherr selbst eingereicht hatte, die Planung und Bauleitung übernahm. Der Entwurf des Bauherrn sah ein kubisches Haus mit zwei Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss mit Flachdach vor. „Für ein Massivholzsystem als Tragwerk haben wir uns entschieden, weil man im Vergleich mit einer massiven Bauweise aus Stein fast 5 m2 Wohnfläche gewinnt“, so der Architekt. Dies beruht auf den vergleichsweise schlanken Elementen aus 8,5 cm dickem Massivholz für die Innen- und Außenwände. Dabei handelt es sich um eine eher im Süden Deutschlands gängige Bauweise. Im Norden und in Mitteldeutschland baut man Holzhäuser eher in Holzrahmen- oder Holzständerbauweise. Trotzdem fand der Architekt mit der Zimmerei Schneider aus Halle in Westfalen nicht nur einen Betrieb, der als Franchisenehmer von Soleno das Leno Massivholzbausystem von Finnforst Merk verarbeitet, sondern sich auch im Stahlbetonbau gut auskennt.

 

Stahlbeton- und Holzbau aus einer Hand

 

„Für die Stahlbeton-Rohbau­arbeiten an den Streifenfun­damenten und an der Bodenplatte haben wir uns auch für die Firma Schneider entschieden. So kommen beide Gewerke aus einer Hand, von einem Betrieb und es gibt dadurch insbesondere beim Aufstellen der Massivholzwandelemente weniger Reibungsverluste auf der Baustelle“, sagt Hans Bell.

Die massiven Holzwände fertigten die Zimmerleute in der Werkstatt in Halle vor. Dort frästen sie auch schon alle Leitungsführungen und Dosen für die Elektroinstallation nach detaillierten Plänen des Architekten in das Massivholz. Nachdem die Zimmerleute die Wandelemente mit dem LKW von Halle nach Bielefeld gebracht und für das Erdgeschoss auf der Bodenplatte montiert hatten, legten sie darauf 13,5 cm dicke Massivholzelemente als Deckenplatte. Darauf stellten sie wieder Wandelemente und so weiter, bis alle drei Geschosse in Massivholzbauweise fertig gestellt waren. „Die Massivholzbauweise bietet neben der schlanken Konstruktion viele Vorteile“, schwärmt Hans Bell. „So ist die Baustelle nicht nur sauber und das Tragwerk schnell montiert, es wir auch viel weniger Feuchte in den Bau eingetragen, als bei der Massivbauweise mit Steinen. Zudem kann man auch kurzfristig auf der Baustelle noch Änderungen mit der Kettensäge vornehmen, was der Bauherr auch tat.“

Viel Licht durch

große Fenster

 

„Aufgestellt war der Holzrohbau in einer Woche. Es war das erste mal für die Zimmerei, dass sie ein Objekt dieser Größenordnung mit Massivholzelementen aufstellte. Deshalb hat es etwas länger gedauert. Sonst waren es eher Anbauten und Aufstockungen, welche die Zimmerei Schneider in Massivholzbauweise realisiert hat“, so Hans Bell. Nach Abschluss der Holzrohbauarbeiten setzte der Tischler die in der Werkstatt aus Meranti gefertigten Holzfenster ein. Dabei handelt es sich um recht unterschiedliche Fensterformate – sowohl als Flügelfenster als auch als Festverglasung. „Für die Positionierung des jeweiligen Fenstertyps war entscheidend, ob das Glas von außen gut zu reinigen ist“, sagt der Architekt. Eine Besonderheit ist die aus drei Elementen bestehende mit 7,20 m haushohe Treppenhausverglasung. Der Tischler fertigte drei Elemente ebenfalls aus Meranti mit aufgedoppeltem Blendrahmen. Für die äußere Scheibe verwendete er ein 8 mm dickes Einscheibensicherheitsglas, während er für die innere Scheibe ein 10 mm dickes Verbundsicherheitsglas wählte. Daher ergibt sich ein Gesamtgewicht der drei Elemente von fast einer halben Tonne, weshalb diese Fenster mit Hilfe eines Krans montiert werden mussten. Damit man im Schadensfall auch mal eine Scheibe auswechseln kann, befinden sich die Glasfalze außen.

 

Putz und Holz

elegant verbunden

 

Im Erdgeschoss und im zweiten Obergeschoss befestigten die Maler außen an den Massivholzwandelementen ein 14 cm dickes Polystyrol-WDVS, das anschließend verputzt und weiß gestrichen wurde. Das Obergeschoss erhielt hingegen zwischen der Lattung auf den Massivholzwandelementen eine Mineralfaserdämmung, auf der die Zimmerleute eine schwarze UV-beständige Fassadenbahn mit niedrigem sD-Wert verlegten. Darauf befestigten sie mit Edelstahlnägeln horizontal Lärchenholzlamellen mit dem Pressluftnagler.

Da die ebenfalls aus Massivholzelementen gebaute Garage keine Wärmedämmung benötigte, befestigten die Handwerker hier auf einer Lattung zementgebundene Bauplatten, welche die Maler anschließend mit Gewebe und Spachtelung versahen. Die Maler trugen auch hier weiße Farbe auf, so dass sich die hinterlüftete Fassade aus Zementbauplatten vom Wärmedämmverbundsystem am Haus äußerlich nicht unterscheidet. Man hört den Unterschied nur, wenn man mit dem Fingerknöchel dagegen schlägt.

 

Dachterrasse und Innenausbau

 

Die Massivholzplatte für den Flachdachabschluss des zweiten Obergeschosses ist nur 8,5 cm dick, da sie lediglich die Dachdämmung aus Polystyrolplatten und die zweilagige Bitumenbahnabdichtung tragen muss. Die Dämmung bildeten die Dachdecker mit Gefälle so aus, dass das Regenwasser sich in der umlaufenden Rinne sammelt. Auch die hinter der Attika mit umlaufender Sitzbank großzügig dimensionierte Dachterrasse erhielt eine Polystyroldämmung mit Bitumenbahnabdichtung. Darauf verlegten die Zimmerleute den Terrassenbelag aus Lärchenholzbohlen. Innen verwendeten die Handwerker 8 mm dickes geöltes Industrieparkett. Nur das Bad und der Flur erhielten einen Fliesenbelag mit darunter verlegter Fußbodenheizung. Nachdem der Elektriker in den bereits in der Zimmerei in die Massivholzelemente gefrästen Leitungsführungen und Dosen die Installation untergebracht hatte, konnten die Trockenbauer die Wände und Decken direkt mit Gipskartonplatten beplanken. Nach Spachtelung und Anstrich waren damit auch die Innenausbauarbeiten abgeschlossen.

 

Fazit

 

Das Einfamilienhaus in Bielefeld beweist, dass man auch in Nord- und Mitteldeutschland mit Massivholzelementen anspruchsvolle Architektur umsetzen kann. Insbesondere dann, wenn es darum geht, auf kleinem Baugrund ein Haus zu errichten, bietet sich diese ökologische und ökonomische Bauweise an.

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