Auswege 
Teil 3: Die fünf wichtigsten Gründe für einen Strukturwandel

Die Unternehmensstruktur im mittelständisch geprägten Bauhandwerk ist gekennzeichnet durch sinkende Umsätze und Erträge, schrumpfende Mitarbeiterzahlen, fehlende Strategien und tradierte Unternehmensführung. Zukunftsorientierte bauhandwerkliche Unternehmen brauchen einen neuen allgemeinen Orientierungs- und Handlungsrahmen. In diesem löst sich der einzelne Handwerksbetrieb in vielen Bereichen von alten Handlungsmustern und Strukturen. Studien und Forschungsarbeiten weisen immer wieder auf die typischen Mankos im Bauhandwerk hin und offenbaren diese als wirtschaftliches Gefahrenpotenzial für die Betriebe. Um das eigene Unternehmen nachhaltig und zukunftsfähig auf dem Markt zu positionieren, ist ein aus eigener Überzeugung und Einsicht abgeleiteter Strukturwandel notwendig.

Klaus M. (55) leidenschaftlicher Tischlermeister, führt einen Betrieb in dritter Generation in einem Vorort von Hamburg mit einem Meister, drei Gesellen, zwei Azubis und einer unbezahlten Bürokauffrau, die gleichzeitig seine Ehefrau ist. Voller Stolz stellt er das Tischlerhandwerk und die erfolgreiche Familiengeschichte vor. Doch die wirtschaftliche Realität macht ihm zu schaffen: Vor 15 Jahren hatte er noch die doppelte Anzahl von Mitarbeitern und Aufträgen. In einem schleichenden Prozess ist der eigene Betrieb geschrumpft. Klaus M. ist schon froh, dass sein Betrieb noch halbwegs auf den Beinen steht. Seine Eigenkapitalquote hat sich seitdem mehr als halbiert und de facto ist er nicht mehr investitionsfähig. Seine Azubis wird er nach der Ausbildung nicht übernehmen können, soviel weiß er. Wie lange sein Unternehmen überhaupt noch auf dem Markt bestehen kann, weiß er hingegen nicht.

 

Marktwirtschaftliche

Gefahren

 

Klaus M. hat verschiedene Erklärungen für sich gefunden, wie es zu diesem verhängnisvollen Schwund kommen konnte. Preiskampf und verstärkter Konkurrenzdruck, steigende Kosten und Abgaben sowie gedämpfte Nachfrage. Jetzt, zu Zeiten der Finanzkrise, sieht er erst recht kaum noch Möglichkeiten, seinen Betrieb zu stärken. Er ist froh, wenn er sein Unternehmen bis zum Ruhestand führen kann. Wenn die Leidenschaft zum Handwerk nicht wäre, hätte Klaus M. schon längst resigniert und Konkurs angemeldet.

 

Die klassische Unternehmensstruktur im Handwerk

 

Die Geschichte von Klaus M. ist ein Paradebeispiel für die Situation im Bauhandwerk. Sein Unternehmen ist einer von vielen Betrieben, die im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojektes auf ihre Risiken und Chancen untersucht wurden. Über 55 Prozent der Bauhandwerksunternehmen haben einen bis vier Mitarbeiter. Die unternehmerisch gesunde Betriebsgröße von 6 bis 20 Mitarbeitern zählt derzeit noch einen Bestand von etwa 44 000 wirtschaftlich aktiven Betrieben. Diese haben – laut aktueller Trendforschung – eine Überlebensdauer von etwa zwei Generationen. Nach spätestens einer Generation droht den Unternehmen entweder eine Abwärtsentwicklung wie es Klaus M. passiert ist, Marktverdrängung oder eine betriebliche Ablösung durch Großunternehmer. Damit der eigene Betrieb auch in Zukunft nachhaltig und erfolgreich auf dem Markt bestehen kann, ist ein unternehmerischer Strukturwandel die notwendige Bedingung.

 

Strukturwandel ermöglicht nachhaltigen Erfolg

 

Hätte Klaus M. auf ein wirtschaftliches Frühwarnsystem zurückgreifen können, hätte dieses ihm bereits vor 15 Jahren gezeigt, dass er schon damals sein Unternehmen grundlegend modernisieren und eine zukunftsorientierte Struktur einführen hätte müssen. Denn es kommt lange nicht mehr ausschließlich auf die fachlichen Qualitäten und Kompetenzen des Handwerksunternehmers an, sondern vermehrt auf die betriebswirtschaftlichen Details: das Unternehmen professionell, kunden- und gewinnorientiert zu managen und zu führen. Wichtig ist, vor der Einführung neuer betrieblicher Maßnahmen eine zukunftsorientierte Zieldefinition und marktgerechte Strategien festzulegen. Hilfreich ist es häufig schon, die mittel- und langfristigen Unternehmensziele einmal schriftlich festzuhalten. Erst nach sorgfältiger Überlegung und Unternehmensplanung lassen sich neue und notwendige Management-Systeme erfolgreich in die Unternehmen implementieren. Auch die vielerorts vorhandenen „Feierabend-Kooperationen“ zeigen keinen langfristigen Ausweg aus diesem betrieblichen Dilemma. Nur der unternehmerische Strukturwandel, der nach der Zieldefinition und Strategieentwicklung im Betrieb eingesetzt wird, garantiert unternehmerische Sicherung und Stärkung im bauhandwerklichen Mittelstand.

 

Die fünf wichtigsten Gründe

 

1. Ohne eine professionelle und kontinuierliche Markt- und Trendforschung kann sich kein Unternehmen erfolgreich auf dem Markt positionieren. Die Markt- und Trendforschung zeigt, dass der unternehmerische Strukturwandel gerade im Bauhandwerk unabdingbar ist.

2. Die Implementierung von modernen Marketingmix-Tools ist ein im Bauhandwerk häufig übergangener und unterschätzter Unternehmensfaktor, dabei spielt modernes und professionelles Marketing eine entscheidende Rolle für den betrieblichen Erfolg. Gerade die Einführung von modernem Marketing geht nicht an einem wesentlichen Strukturwandel im Unternehmen vorbei. Äußerliches Kennzeichen des Strukturwandels ist die einheitliche Wiedererkennung im Marktautritt – von A wie Arbeitskleidung bis Z wie Zielkundendefinition.

3. Professionelles Qualitätsmanagement, in dem Projekt- und Kundenmanagement zusammengefasst sind, ist vor allem in der gewerkeübergreifenden Ausführung von Aufträgen in modernen und erfolgreichen Unternehmen unentbehrlich.

4. Auch die Einführung und Nutzung von IT-Systemen sind von wesentlicher Bedeutung für die fortschrittliche Unternehmensführung. Betriebe, die keine ausreichende IT-Grundausstattung besitzen, werden es schwer haben, sich nachhaltig und erfolgreich auf dem Markt zu positionieren. Ein professioneller Auf­tritt im Internet ist heute noch immer keine Selbstverständlichkeit in vielen mittelständisch geprägten Handwerksbetrieben.

5. Zu guter Letzt ist moderne Mitarbeiterführung von grundlegender Bedeutung. Nichts ist für einen Betrieb so erfolgversprechend, als wenn qualifizierte, motivierte, zuverlässige und loyale Mitarbeiter für ihn arbeiten. Hier sind vorausschauende Unternehmer gefragt, Verantwortung an die eigenen Mitarbeiter zu übertragen und deren Weiterbildung und Weiterentwicklung zu fördern.

 

Beispiel: Erfolgreiche

Mitarbeiterführung

 

Vielen Unternehmern bereitet es Schwierigkeiten, projekt-orientierte oder gar unternehmerische Verantwortung an die eigenen Mitarbeiter zu übertragen. Dies führt dazu, dass die Unternehmer ständig mit allen möglichen betrieblichen Aufgaben überlastet sind und sich nicht um die wesentlichen Arbeitsziele des Betriebes kümmern können. Mitarbeiterführung ist daher ein wesentlicher Kern für die erfolgreiche Unternehmensführung. Jeder einzelne Mitarbeiter repräsentiert den Betrieb. Freundlichkeit, Kundenorientierung, fachliche und kommunikative Kompetenzen und viele weitere, eigentlich selbstverständliche Eigenschaften fehlen vielen Mitarbeitern in bauhandwerklichen Betrieben. Dadurch kann die Außenwirkung und das Image des Unternehmens in Mitleidenschaft gezogen werden. Unternehmer haben die Aufgabe, ihren Mitarbeitern eine klare Orientierung auf die Unternehmens- und Arbeitsziele zu geben, sowie sie auf dem Weg dorthin zu unterstützen und zu ermutigen. Hilfreich ist hierbei ein regelmäßiges und konstruktives Feedback. Denn nur mit motivierten und kompetenten Mitarbeitern kann das Unternehmen zum Erfolg geführt werden. Nur eine moderne Unternehmenskultur, die von Vertrauen und Offenheit geprägt ist, ermöglicht Höchstleistungen der Mitarbeiter.

 

Strukturwandel

mit zentraler Unterstützung

 

Eine zielorientierte und systematische Umstrukturierung des eigenen Unternehmens ist ein aufwendiger und langwieriger Prozess. Im mittelständisch geprägten Bauhandwerk ist die Umstrukturierung eine große, zum Erfolg führende Herausforderung, die ein einzelner Unternehmer aber kaum bewältigen kann. Hierbei bietet eine gewerbliche Verbundgruppe zentrale und aktive Unterstützung, wobei die eigene unternehmerische Identität und Freiheit jedoch erhalten und gefördert wird.

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